Als Botschafter des nachhaltig bewirtschafteten Waldes tut man sich manchmal schwer. Denn am Wald scheiden sich heutzutage die Geister. Wir sprachen mit dem Diplom-Forstwirt Martin Bentele, Geschäftsführer des Deutschen Pelletinstituts, über die Bedeutung des Waldes und die Frage, ob man ihn nicht besser ganz stilllegen sollte.
Herr Bentele, das Gebäudeenergiegesetz (GEG) ist nach großem Hin und Her in trockenen Tüchern. Wie bewertet Ihre Branche die Neuregelungen?
Das GEG ist die rechtliche Voraussetzung zur Installation von klimafreundlichen Heizungen. Wir konnten in der Holzenergiebranche mit gebündelten Kräften erreichen, dass die Technologieoffenheit für die erneuerbaren Wärmeerzeuger erhalten bleibt. Das heißt, dass moderne Holz- und Pelletfeuerungen sowohl im Neubau als auch im Bestand als vollwertige Erfüllungsoption für die 65-Prozent-Regel gelten. Eine teure Kombinationspflicht mit Wärmepumpe und Solar sowie einige andere technische Vorgaben wurden im finalen Gesetz wieder gestrichen.
Ist damit die Voraussetzung für weiteres Marktwachstum geschaffen?
Prinzipiell ja, aber erneuerbare Heizungen wie Wärmepumpen oder Pelletheizungen sind als Hightech-Anlagen teuer in der Anschaffung. Was nach dem GEG jetzt noch fehlt, ist ein vernünftiges Konzept zur Förderung dieser Anlagen. Hierfür haben die in der Regierung beteiligten Fraktionen Stand Anfang Oktober 2023 noch keinen Kompromiss gefunden.
Wie nachhaltig ist der Brennstoff Pellets?
In Deutschland und in Mittel- und Nordeuropa wird Forstwirtschaft weitgehend nachhaltig betrieben. Das heißt, dass nicht mehr Holz aus dem Wald entnommen werden darf, als nachwächst. Auf dieser Basis ist Holznutzung eine gute Sache. Bei uns wird nicht einmal der jährliche Holzzuwachs forstwirtschaftlich genutzt. Das heißt, der Holzvorrat im Wald nimmt regelmäßig zu, was gut klingt, aber gar nicht positiv ist.
Stellen Sie sich vor, Sie fahren mit der U-Bahn, und an jeder Station steigen mehr Fahrgäste ein als aus. Beim Start ist das noch nicht so schlimm, aber es dauert nicht lange, bis für alle Passagiere Platz und Luft knapp werden. Man fühlt sich irgendwann bedrängt und unwohl. Genauso geht es dem Wald, wenn er nicht regelmäßig durchforstet wird. Das bedeutet, dass zu eng stehende oder geschädigte Bäume verarbeitet werden, zum Beispiel zu Bauholz. Aus den Resten können im Sägewerk Pellets gepresst werden. Die verbleibenden Bäume haben nun mehr Platz, Licht und Wasser – sie wachsen schneller und können mehr CO2 speichern.
Woher kommen denn die Pellets, die in Deutschland angeboten werden?
Sie kommen aus Deutschland, da wir in Mitteleuropa die meisten Sägewerke haben, wo beim Einschneiden der Stämme riesige Mengen Holzspäne in einer Größenordnung von rund 7 Millionen Tonnen anfallen. Nur rund zwei Drittel des Stamms können zu langlebigen Produkten wie Bauholz oder Möbeln weiterverarbeitet werden, ein Drittel sind sogenannte „Sägenebenprodukte“. Diese bilden die Grundlage der heimischen Pelletproduktion, die gerade einmal die Hälfte davon verwendet. Das Rohstoffpotential wird also noch lange nicht voll ausgeschöpft.
Wie steht es denn generell um die Verfügbarkeit von Holzpellets?
Sie ist sehr hoch, da mittlerweile fast jedes große Sägewerk in Deutschland über eine Pelletproduktion verfügt. Die hierzulande produzierte Pelletmenge kann gar nicht komplett im Inland verbraucht werden. Deutschland ist beim Produkt Holzpellets seit vielen Jahren Nettoexporteur.
Was würde mit dem Restholz geschehen, wenn man daraus keine Pellets produzieren würde?
Das Restholz steht auch der Plattenindustrie oder zur Papierherstellung zur Verfügung. Diese Industrien befinden sich hierzulande jedoch nicht in einer Wachstumsphase. Im Gegenteil, sie schrumpfen. Deshalb setzen die Sägewerke auch auf die Pelletproduktion, um vor Ort Wertschöpfung zu generieren.
Manche Umweltverbände fordern, auf die forstwirtschaftliche Nutzung des Waldes gänzlich zu verzichten. Warum ist das keine gute Idee?
Die Stilllegung von Waldflächen ist wirklich keine gute Idee. Die heute schon zu dicht bewachsenen Wälder mit ihrem zu hohen Holzvorrat würden dann immer noch weiter ,zuwachsen‘ und damit im Klimawandel noch anfälliger für Trockenheit, Sturm und Borkenkäfer werden. Es drohen großflächige Totalausfälle, bei denen eine Aufforstung dann schwierig bis unmöglich wird. Das ist aus forstlicher Sicht, aber auch unter Klimaschutzaspekten, der falsche Weg.
Kann der deutsche Wald ohne Umbau und nachhaltige Forstwirtschaft die nächsten Jahrzehnte überstehen?
Nein, eben nicht. Zur Steigerung seiner Widerstandskräfte gegen den Klimawandel muss ein Umbau von Monokulturen hin zu Mischwäldern und eine Verjüngung der Bestände erfolgen. Das hätte zwei positive Ergebnisse zur Folge: Erstens wäre der Wald auch in Zukunft als Naturraum gesichert. Zweitens wäre er in der verjüngten Form wesentlich wuchskräftiger als heute. Das bedeutet, der Wald könnte mehr Kohlendioxid einlagern und damit seine wichtige CO2-Senkenfunktion deutlich besser erfüllen als bei einer Stilllegung.
Im letzten Jahr hatte der Preis für den Brennstoff Holzpellets bis zum Juli eine ähnliche Preiskurve wie fossile Brennstoffe. Warum ist das so?
Der Ukrainekrieg und das exzessive Einlagerungsverhalten der Menschen hat auch den Pelletmarkt getroffen. Die hierdurch ausgelöste riesige Nachfrage war nicht vorherzusehen. Dazu kamen die Kostensteigerung bei der Produktion durch teuren Strom und beim Transport durch die hohen Spritpreise. Pellets waren aber dann immer noch der günstigste Energieträger. Ihr Preis wird sich nach meiner Einschätzung mittelfristig zwischen 6 und 8 Cent pro Kilowattstunde einpendeln. Das sieht auch das Wirtschaftsministerium in seinem Energiepreisszenario bis 2035 so. Denn Pellets werden künftig anders als die fossilen Energieträger nicht mit einer jährlich steigenden CO2-Abgabe belastet.
Wenn Sie bei der Politik einen Wunsch frei hätten, welcher wäre das?
Ich würde mir wünschen, dass die verantwortlichen Politiker das Ökosystem Wald in Deutschland realistisch betrachten, wissenschaftlichen Konsens anerkennen und dann die nachhaltige Nutzung von Holz als sinnvolle Wirtschaftsweise fördern. Dazu gehört auch die energetische Nutzung von Resthölzern, die beim Einsägen und der Durchforstung anfallen. Auch wenn man das Holz im Wald beließe, würde es relativ schnell verrotten und sein CO2 in die Atmosphäre abgeben. Da ist es doch besser, damit einen modernen Energieträger wie Pellets zu erzeugen, der dazu noch Öl oder Gas ersetzt. Wenn die Politik das erkennen würde, gäbe es zu diesem Thema keine weltfremden und wirtschaftsfernen Entscheidungen mehr.
Info:
Der Diplom-Forstwirt Martin Bentele ist seit 2007 Geschäftsführer beim Deutschen Energieholz- und Pellet-Verband (DEPV). Seit 2008 ist er ebenfalls Geschäftsführer des Deutschen Pelletinstituts (DEPI). Von März 2017 bis Juli 2018 war er Vorsitzender des Kuratoriums von proHolz Bayern.
Als langjähriger Geschäftsführer der Forstkammer Baden-Württemberg (1997-2007) ist er ein erfahrener Verbandskenner mit Spezialwissen in der Forst- und Holzbranche. Vorher übte Bentele Tätigkeiten als parlamentarischer Berater der CDU-Landtagsfraktion unter dem Fraktionsvorsitzenden Günther H. Oettinger und in der Pressestelle des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum Baden-Württemberg unter Minister Gerhard Weiser aus. Im Ehrenamt war er Vize-Präsident der Deutschen Triathlon Union mit der Zuständigkeit für Medien und politische Kommunikation.
Mit seiner politischen Erfahrung, einem breiten Netzwerk und medialen Fähigkeiten hat Martin Bentele den DEPV nicht nur im Bundestag, sondern auch in der Öffentlichkeit ins Gespräch gebracht und als Meinungsbildner bei Verantwortlichen und Entscheidungsträgern verankert.