Eines der wichtigsten Bauteile eines Gebäudes ist das Dach. In diesem Schwerpunkt widmen wir uns ausführlich allen wichtigen Themen rund um das Oberstübchen des Hauses.
In Deutschland gibt es mehr als 19 Millionen Wohngebäude und rund drei Millionen Zweckbauten mit mehreren tausend Quadratkilometern Dachfläche. Jährlich werden nach Erhebungen des Zentralverbands des deutschen Dachdeckerhandwerks im Gebäudebestand etwa 60 Millionen Quadratmeter Dachfläche saniert –Tendenz steigend.
Bauphysikalisch gibt es beim Dach zwei verschiedene Bauweisen: das Kaltdach und das Warmdach. Das Kaltdach ist als Prinzip seit Jahrtausenden bekannt und wird heute in der zweischaligen Dachkonstruktion gebaut. Warmdächer werden überwiegend im (unbelüfteten) Flachdachbereich gebaut. Bei dieser Dachart wird die Dachhaut direkt auf die Dämmschicht aufgebracht.
|Die Dachformen
Unter dem Sammelbegriff Steildach findensich die unterschiedlichsten Dachformen:Satteldach, Walmdach, Krüppelwalmdach,Mansardendach, Tonnendach, Schleppdach, Kreuzdach, Scheddach, Zwerchdach, Grabendach und viele weitere Variantenmehr. Allen gemeinsam ist, dass einige oder alle ihrer Flächen über 20 Grad geneigt sind und sie einen mehr oder weniger gutbrauchbaren Dachraum unter sich einschließen. Sie werden in der Regel mit hölzernen Stabkonstruktionen errichtet. Man unterscheidet generell zwischen Sparren- und Pfettendächern, doch Mischkonstruktionensind häufig zu finden und weit verbreitet.Sparrendächer haben den Vorteil, einen stützenfreien Dachraum zu bilden, der frei beplant werden kann. Bei Pfettendächern gliedern Stützen, auf denen die Pfetten ruhen, den Raum.
Das Satteldach ist die am häufigsten anzutreffende Dachform in kalten und gemäßigten Klimazonen. Mehr als 90 Prozent aller Gebäude in Deutschland haben diese Dachform. Wegen seiner Vielseitigkeit wird das Satteldach in verschiedenen Regionen eingesetzt. In Gebieten mit starkem Wind und Regen werden Satteldächer mit steilem Neigungsgrad errichtet, um zum Beispiel eindringendem Wasser vorzubeugen. In Berg-und Alpenregionen sind Satteldächer deutlich flacher, weil sie so Schneemassen besser auffangen und halten können.
Das Walmdach gilt als Urform des Dachs. Bei dieser Bauweise fällt das Dach, anders als beim Satteldach mit seinen zwei Flächen, an allen vier Seiten des Hauses ab. Der Vorteil liegt im besonders guten Wetterschutz: Durch die Neigung nach allen Seiten gelangtweniger Niederschlag an die Außenflächen.Nässe wird rundum per Rinnen abgeleitet,und die Fassade bleibt länger in gutem Zustand. Walmdächer sind daher meistens inRegionen zu finden, in denen eine erhöhte Belastung durch Wetterbedingungen zu erwarten ist.
Das Pultdach besitzt nur eine einzige geneigte Dachfläche und wird meist im Wohnungsneubau verwendet. Auf der nicht geneigten Seite fällt maximale Helligkeit ein, die niedrigere andere Seite schützt gegen Wind und Wetter. Pultdächer lassen viel Spielraum für individuelle Lösungen, zum Beispiel bei zwei übereinander versetzten Wohnebenen innerhalb des Hauses.
Ein Flachdach besitzt keine oder nur eine geringe Dachneigung von bis zu 10 Grad. Das Flachdach gibt es seit den 1920er-Jahren. Es ist unter Konstruktionsaspekten eine schlichte und praktische Lösung, weist allerdings einige Nachteile auf. Flachdächermüssen besonders sorgfältig abgedichtet werden, weil sich sonst Nässe auf dem Dach stauen und Feuchtschäden verursachen kann. Bei den beliebten Bungalows der 50er- und 60er-Jahre waren Nässeschäden so häufig, dass dem Flachdach bis heute ein Negativ-Image als reparaturanfällige Lösung anhaftet. Zu Unrecht, denn heute gilt das Flachdach als einfach, sicher, wirtschaftlich und zuverlässig. Technisch gesehen ist die Dichtigkeit bei Flachdächern kein Problem, wenn die Arbeit fachgerecht ausgeführt wird und ein Gefälle von mindestens 2 Prozent eingehalten wird. Wie die Statistiken zeigen, gehen Schäden an Flachdächern fast immer auf Fehler in der Planung, mangelhaftes Material oder Fehler in der Ausführung zurück. Gut gefertigte Flachdächer sind genauso zuverlässig wie geneigte Dächer.
|Dachbegrünung
Eine ökologisch und finanziell interessante Variante kann die Dachbegrünung sein. Der europäischen Green Roof Association zufolge gab es 2017 etwa 110 Millionen Quadratmeter grüne Dachfläche in Deutschland. Diese Zahl wächst jährlich um weitere 8 Millionen Quadratmeter. Grüne Dächer unterscheiden sich durch Struktur und verwendete Pflanzenarten in intensive und extensive Dachbegrünung. Der Aufbau ist für beide Arten sehr ähnlich: Auf die Dachhaut werden mehrere Schichten hinzufügt.
Für die intensive Dachbegrünung werden viele Pflanzenarten einschließlich Bäumen, Sträuchern und Stauden genutzt, die intensive Wartung erfordern. Für diese Art von Pflanzen sind tiefe Substratschichten notwendig. Daher werden intensive Gründächer normalerweise nur auf sehr großen Flachdächern errichtet. Neben den Vorteilen der Verbesserung der Luftqualität trägt diese Form der Dachbegrünung als „Park mitten in der Stadt“ auch zur Erholung bei. Extensive Dachbegrünung kommt vorwiegend bei nicht benutzbaren Dachflächen zum Einsatz. Das sind Flachdächer, Fabrikhallen, flachere Schrägdächer, aber auch Garagen und Carports. Die verwendeten Pflanzen für diese Art der Dachbegrünung sind vor allem Kräuter, Gräser und Moose. Sie haben flache Wurzeln, erfordern kaum Wartung und wachsen gut auf flachen Substratschichten.
Viele, aber nicht alle Dachkonstruktionen eignen sich für eine Dachbegrünung. Beton bietet die stabilste Struktur und wird deshalb am häufigsten verwendet. Aber auch Holz-, Metall-, Kunststoff-, Gips- und Verbundkonstruktionen sind geeignet. Flachdächer sind in der Regel leichter in begrünte Dächer zuverwandeln. Andere Flächen stellen Architekten in Bezug auf die Gewichtsverteilung vor eine größere Herausforderung.
Die Investition in ein begrüntes Dach lohnt sich neben den ökologischen Aspekten auch in finanzieller Hinsicht. Eine Begrünung kann die Lebensdauer des Dachs erhöhen und führt zu niedrigeren Betriebskosten. Finanzielle Vorteile ergeben sich durch die Reduktion der Kosten für Heizung und Klimatisierung. Viele Gemeinden in Deutschland unterstützen Dachbegrünung durch Zuschüsse und Darlehen. Allerdings gibt es regionale Unterschiede und viele verschiedene Programme. In München werden zum Beispiel grüne Dächer mit 15 Euro pro Quadratmeter – das sind etwa 50 Prozent der Gesamtherstellungskosten – und einer Reduzierung der Entwässerungsgebühren von bis zu 70 Prozent unterstützt.
Jörg Bleyhl