Deutschland braucht mehr Wohnraum: Immer mehr Menschen zieht es in die Ballungszentren, Mittelstädte mit hoher Lebensqualität gewinnen an Anziehungskraft. Gleichzeitig stehen wir vor der Herausforderung, knapp eine Million Zuwanderer mit Wohnraum zu versorgen.
Kurzum: Bis zu 400.000 neue Wohnungen jährlich braucht unser Land bis 2020, um wenigstens die größten Nachfragespitzen aufzufangen. Trotz aller Anstrengungen werden Bau- und Wohnungswirtschaft aber auch 2017 nur rund 320.000 Wohneinheiten an den Markt bringen. Für 2018 erwartet der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB) einen Anstieg auf 350.000 Wohneinheiten. Was ist also zu tun, um gerade die so dringend benötigte Produktion an kostengünstigem Wohnraum anzukurbeln?
HDB-Vizepräsident Marcus Becker erklärt die Verbandssicht: „Der Handlungsdruck ist enorm hoch. Genau deshalb gilt es alle Möglichkeiten auszuloten, wie Wohnungen in großer Stückzahl und in angemessener architektonischer Qualität in kurzer Zeit und zu bezahlbaren Mieten errichtet werden können. Dazu gehört aus unserer Sicht zwingend auch die Forcierung des seriellen Wohnungsbaus. Statt teure Unikate zu fertigen müssen künftig wieder stärker Prototypen geplant und deutschlandweit in Serie umgesetzt werden. Nur so lassen sich die Beschleunigungs- und Kostensenkungseffekte erzielen, die Politik und Mieter von uns erwarten.
Mittlerweile gibt es in Deutschland ein breites Angebot im Bereich industrieller Fertigungsweisen. Es reicht vom verstärkten Einsatz von Fertigteilen über die Rückbesinnung auf die Wandtafelbauweise bis zur Vorproduktion von ganzen Wohnmodulen. All diese Ansätze machen vor allem eines deutlich: Schnell und kostengünstig lebenswerten Wohnraum zu schaffen stellt heute baulich und auch architektonisch keine unüberwindbare Hürde dar.
Bauen partnerschaftlich organisieren
All dies funktioniert aber nur, wenn die in Deutschland traditionelle strikte Trennung von Planen und Bauen auf den Prüfstand gestellt wird. Gerade wenn schnell und kostengünstig gebaut werden soll, ist es wichtig, dass die Baukompetenz direkt in den Planungsprozess eingebracht wird. Für mich steht fest: Das Bauen in Deutschland muss partnerschaftlicher organisiert werden, das gilt nicht nur für eine bessere Abstimmung von Planen und Bauen, das gilt auch für die Zusammenarbeit im Bauprozess selbst, die künftig durch eine Verpflichtung auf gemeinsame Projektziele, ein gemeinsames Projekt-Controlling und gemeinsam vereinbarte außergerichtliche Konfliktlösungsverfahren geprägt sein sollte. Wir brauchen eine neue Konfliktkultur. Damit mehr Wohnraum entstehen kann, müssen aber auch die politischen Rahmenbedingungen richtig gesetzt werden.
Neue Bundesregierung muss Vorschläge in die Tat umsetzen
Insbesondere die Regelungen des Bauordnungs- und des Baunebenrechts, die Bauordnungen der Länder wie auch die kommunalen Satzungen sind auf kostentreibende Standards zu durchforsten. Im Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen sind viele Vorschläge entwickelt worden, die nun von der neuen Bundesregierung in die Tat umgesetzt werden müssen. Dazu zählen die Mobilisierung von günstigem Bauland und erweiterte planerische Gestaltungsspielräume der Kommunen im Bauplanungsrecht genauso wie die Lockerung der Stellplatzpflicht und ein vorsichtigerer Umgang mit den Anforderungen an Energieeffizienz, Lärmschutz und Barrierefreiheit.
Wichtig ist aber auch, dass sich Bund und Länder endlich auf eine bundeseinheitliche Bauordnung verständigen. Das würde die Prozesse erheblich beschleunigen und uns in die Lage versetzen, noch mehr Menschen mit kostengünstigem Wohnraum zu versorgen.“ www.bauindustrie.de