Es ist ein Trauerspiel mit der Ampel: „Alles auf grün, wir zünden die Bazooka im Wohnungsbau! Ach nee, lieber rot, weil geht doch nicht. Oder doch lieber gelb und einfach mal abwarten?“ Als nur mäßig beteiligter Zuschauer fragt man sich, ob das einfach nur schlechte Arbeit ist, oder ob es System hat.
Bei der Recherche zu diesem Beitrag bin ich auf meinen Meinungs-Artikel von 2022 gestoßen. Denn auch im Januar 2022 verkündete die Bundesregierung aus heiterem Himmel einen Antrags- und Zusagestopp in den BEG-Programmen. Als die Neubauförderung kurze Zeit später mit verschlechterten Konditionen wieder aufgenommen wurde, war die eingeplante Fördermilliarde bereits am ersten Tag ausgeschöpft. In einer Panik-Aktion wurden unmittelbar nach der Wiederaufnahme 600.000 Anträge auf Einzelmaßnahmen gestellt, weil zum 15. August 2022 die Konditionen deutlich schlechter wurden. Damals schrieb ich: „Was Not tut, liegt auf der Hand: Eine Regierung, die Sanierungen im Bestand vorantreiben möchte und zudem erklärt, jährlich 400.000 (!) neue Wohneinheiten bauen zu wollen, sollte weder die BEG-Reform als Streichprogramm konzipieren noch die Pläne von Bau- und Sanierungswilligen durch ständige Änderungen sabotieren. Mit Blick auf die Klimaschutzziele wäre es vielmehr angesagt, finanziell in die Vollen zu gehen, für eine längerfristig konstante Förderlandschaft zu sorgen und die zugrunde liegenden Prozesse zu beschleunigen.“
Und hat die Ampel daraus gelernt? Der Haushalts-Streit hat uns die Antwort gegeben.
Noch mehr Beispiele gefällig? Betroffen war auch das KfW-Programm zum Ausbau der Elektromobilitäts-Ladeinfrastruktur oder jüngst die Halbierung der Förderung für den individuellen Sanierungsfahrplan (iSFP). Daneben sorgen auch verzögerte Förderstarts und unterschiedliche Antragsfristen, wie bei der BEG-EM-Förderung zum Heizungstausch, für Unsicherheit bei Eigentümern und Wohnungsunternehmen.
Nachdem das Bundesamt für Ausfuhrkontrolle (Bafa) Anfang August 2024 auf seiner Webseite massive Kürzungen der Energieberatungsförderungen veröffentlicht und kurze Zeit später wieder zurückgenommen hatte, bestätigte eine Woche später das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) auf Anfrage des Energieberatendenverbands GIH die Änderungen. Der Bundesvorsitzende des GIH, Stefan Bolln, sagt dazu: „Die ständigen Ad-hoc-Handlungen der Behörden schüren weiterhin starke Verunsicherung. Sowohl Energieberatende als auch Bauherren können nicht planen, mit welcher Förderung sie bis Ende des Jahres rechnen können. Die Verunsicherung und Verärgerung sind überall spürbar. Bei uns Laufen die Drähte heiß.
Dem GIH sei durchaus bewusst, dass die Fördermittel stark nachgefragt werden und er begrüße zudem die positive Wahrnehmung in der Bevölkerung, die Energieeffizienz und den Klimaschutz durch Sanierungsmaßnahmen voranzubringen. Eine transparente, planbare Kommunikation mit den fachlichen Akteuren komme aber wieder mal zu kurz. Die laut BMWK gestellten 80.000 Anträge für Energieberatungen in Wohngebäuden zeigten, dass der Bedarf und der Wille in der Bevölkerung hoch seien. Die Sanierungsquote mit derzeit 0,7 Prozent ist aktuell noch weit von den erforderlichen zwei Prozent zur Erreichung der Klimaziele entfernt. Eine abrupte Förderkürzung sei schlichtweg das falsche Signal und lasse die Zielerreichung in weite Ferne rücken. Der GIH fordert daher eine schrittweise Umsetzung der Änderungen und keine Nacht- und Nebelaktion.
Dazu erklärte das BMWK: „Die Anzahl der Anträge für Energieberatungen in Wohngebäuden hatte bis Juli 2024 mit 80.000 einen neuen Höchststand erreicht. Angesichts der haushaltspolitischen Gesamtlage und der anhaltend hohen Nachfrage nach geförderten Energieberatungen ist daher eine Anpassung der Fördersätze und der Zuschusshöhen unerlässlich. Deshalb ist vorgesehen, die Fördersätze ab dem 7. August von bisher 80 Prozent auf 50 Prozent des förderfähigen Beratungshonorars zu reduzieren und die maximalen Zuschussbeträge pro geförderte Beratung, um 50 Prozent gegenüber den bisherigen maximalen Zuschusshöhen abzusenken. Durch die Absenkung können auch in Zukunft möglichst viele Interessierte eine geförderte Energieberatung erhalten und die Programme auf einem guten Niveau weitergeführt werden.“
Also nur mal zum Verständnis: Wir als Staat wollen, dass möglichst viele Menschen energetische Maßnahmen ergreifen und vorher einen Fachmann hinzuziehen. Aber wenn plötzlich zu viele Menschen auf diese Idee kommen, ist das schlecht, weil dann im angezapften Topf kein Geld mehr ist. Dieses Vorgehen ist viel schlimmer als mit angezogener Handbremse zu fahren, denn so gibt es nur Vollgas und Vollbremsung im stetigen Wechsel. Wer so agiert – egal aus welchen (Koalitions-) zwängen heraus – handelt weder nachhaltig noch klug. Branchen, in denen viel Geld investiert wird, reagieren relativ stark allergisch auf nicht verlässliche Rahmenbedingungen. Die Folge ist Stillstand. Und den können wir uns gerade in der heutigen Lage nicht leisten.
In den letzten zwei Jahren sind die Baugenehmigungen um mehr als 42 Prozent gesunken. Die Hoffnung, die Talsohle im Wohnungsbau sei 2024 erreicht, ist geplatzt wie eine Seifenblase. Der GDW nennt die Zahlen „mehr als alarmierend“. Gleichzeitig wachse die Bevölkerung in Deutschland und in immer mehr Regionen sei für Wohnungssuchende einfach gar nichts mehr da. Die Regierung müsse erkennen, dass sich hier ein immer größeres Frustpotential quer durch alle Bevölkerungsschichten aufbaut, und endlich gegensteuern. In einer aktuellen Umfrage berichten zwei Drittel der GDW-Mitglieder, dass sie in diesem Jahr gar keine neuen Wohnungen bauen können. 2025 werden es sogar 70 Prozent sein. Ein derart fragiler Markt braucht vor allem eines: Stabilität, und das bitte nachhaltig. Was nützt es denn, immer mehr Geld in den Wohnungsbau und die energetische Sanierung zu pumpen, wenn das Vertrauen derer, die investieren sollen immer wieder enttäuscht wird.
Und wieder der Rotstift
Eine weitere Enttäuschung ist der Bundeshaushalt 2025, denn er sorgt für noch mehr Unsicherheit im Markt und bei den Bürgern. Die Bundesregierung kürzt wegen der angespannten Haushaltslage die finanziellen Mittel für die Förderung energieeffizienter Gebäude im Klima- und Transformationsfonds (KTF). Die Zuschüsse für energiesparende Maßnahmen im Gebäudebereich sollen drastisch reduziert werden. Im Jahr 2025 sollen aus dem KTF 2,4 Milliarden Euro weniger zur Verfügung stehen als in diesem Jahr. Diese Kürzungen betreffen die BEG. Dem BMWK zufolge soll diese Förderung trotz der Kürzungen „ohne Abstriche“ fortgeführt werden. Doch Branchenkenner bezweifeln, ob die Mittel tatsächlich ausreichen, um alle geforderten Maßnahmen zu finanzieren.
Haushaltspolitiker der Koalition argumentieren zwar, dass nicht alle Fördertöpfe des KTF vollständig ausgeschöpft würden und eine Umschichtung der Mittel möglich sei. Dennoch bleibt unklar, ob diese Umverteilungen ausreichen, um alle Förderprogramme offen zu halten.
Martin Kaßler, Geschäftsführer des VDIV-Deutschland, bringt es auf den Punkt: „Die […] erneut verknappten Mittel fügen sich nahtlos in die andauernde Unsicherheit hinsichtlich der Förderung für energetische Sanierungsmaßnahmen ein. Das monatelange Hin und Her bei der Förderung für Einzelmaßnahmen nach der BEG, die kurzfristigen Antrags- und Auszahlungsstopps in diversen Programmen […] – all das führt zu großer Verunsicherung […] und letztendlich zum Aufschieben von Sanierungsentscheidungen”. Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.
Jörg Bleyhl