Laut einer Studie im Auftrag der Hamburger Behörde für Umwelt und Energie kostet energieeffizientes Bauen genauso wenig wie normales Bauen. In der empirischen Untersuchung hat das Büro F+B Forschung und Beratung für Wohnen, Immobilien und Umwelt die Baukosten von 4780 Wohneinheiten im öffentlich geförderten Wohnungsbau in Hamburg aus vier Jahren verglichen.
Jens Kerstan, der Senator für Umwelt und Energie (Bündnis 90/Die Grünen), sagt dazu: „Wir brauchen in Hamburg bezahlbare Wohnungen und eine Diskussion über preiswerte Baukosten. Mit den Ergebnissen dieser Studie wissen wir jetzt, dass der Vorwurf an die energetischen Vorgaben falsch ist: Energiesparende Häuser sind nicht zwangsläufig teurer. Das bedeutet, dass unsere Klimaschutzziele und preiswertes Wohnen keinen Widerspruch darstellen.“
Klimaschutz und preiswertes Bauen kein Widerspruch
Peter-M. Friemert, Geschäftsführer der Zentrum für Energie, Bauen, Architektur und Umwelt GmbH, erklärt: „Die Untersuchung belegt, dass sich ein unmittelbarer Zusammenhang von energieeffizientem Bauen und Kostensteigerungen im geförderten Wohnungsbau Hamburgs aus den vergangenen Jahren nicht herleiten lässt. Das ist für alle eine sehr positive Nachricht, die mit den Irrtümern, dass energieeffizientes Bauen stets mit Mehrkosten verbunden sei, nun aufräumt.“
Die Umweltstandards und Vorgaben zur Energieeffizienz seien zuletzt immer wieder für Kostensteigerungen im Wohnungsbau verantwortlich gemacht worden. Es sei der Eindruck erweckt worden, dass höhere energetische Standards ein zentraler Hemmnisfaktor für bezahlbare Wohnungen seien. Mit der nun vorliegenden wissenschaftlichen Untersuchung ist dieses Argument nicht haltbar. Es wird deutlich, dass es sehr verschiedene Faktoren sind, die das Bauen in Hamburg teuer machen.
Ergebnisse im Überblick
- Es gibt keinen signifikanten statistischen Zusammenhang zwischen Baukosten und energetischen Kenngrößen. Die Mittelwerte (Mediane) der Baukosten der verschiedenen Effizienzhausstandards unterscheiden sich nicht signifikant.
- Die Streuung der Baukosten innerhalb jeder Effizienzhausgruppe ist sehr groß. Die Streuung ist beim gesetzlichen Standard sogar am größten.
- Sowohl bei den energetisch besten als auch bei den energetisch schlechtesten Gebäuden gibt es teure und günstige Projekte. Ein wesentlicher Anteil der Niedrigenergiehäuser hat sogar Bauwerkskosten (bereinigt ohne Tiefgaragen, Kostengruppen 300 und 400) von weniger als 1800 Euro pro Quadratmeter.
Für die Untersuchung wurden 120 der rund 200 von der Hamburgische Investitions- und Förderbank (IFB) in den Jahren von 2011 bis 2014 bewilligten und anschließend realisierten Wohnungsbauprojekte eingehend erfasst und statistisch ausgewertet. Die Auswertung umfasste damit 4780 Wohneinheiten. Datengrundlage waren die vorliegenden Bau- und Förderakten der IFB. Damit ist dies bundesweit die breiteste Datenbasis für eine vergleichende empirische Baukostenanalyse.
Erläuterung zur Grafik
Die Baukosten der ausgewerteten Vorhaben sind in jeder Effizienzhaus-Gruppe gereiht von kleinen zu großen Werten dargestellt. Die erste Gruppe entspricht dem damaligem gesetzlichem Standard (Energieeinsparverordnung 2009 in Verbindung mit der Hamburger Klimaschutz-Verordnung) Der heutige gesetzliche Standard entspricht fast (nicht ganz) dem Effizienzhaus 70. Die angegebenen Mittelwerte sind als Median für die Kostengruppen 300 bis 700 dargestellt. Dies sind die Baukosten inklusive Planungs- und Nebenkosten, aber ohne Grundstückskosten und grundstücksbezogene Mehrkosten. In vielen Gutachten und Veröffentlichungen werden auch nur die reinen Bauwerkskosten (Kostengruppen 300 und 400) dargestellt, die entsprechend niedriger liegen; dies ist beim Vergleich zu beachten. Die Streuung der Baukosten innerhalb jeder Gruppe ist allerdings groß, weshalb der Unterschied der Medianwerte nicht signifikant ist.