Fünf Antworten auf die häufigsten Fragen zum Energieausweis
Fast jeder denkt bei einem Energieausweis an eine Farbskala von grün bis rot. Derzeit liegt die Energieeffizienz von Deutschlands Wohngebäuden im Schnitt bei Effizienzklasse D – in Farben: bei gelb-orange. Vor dem Hintergrund, dass der deutsche Gebäudebestand bis 2045 klimaneutral sein soll, ist hier noch Luft nach oben. An dieser Stelle kommt der Energieausweis ins Spiel, der bei Eigentümern, Käufern und Mietern oft grundsätzliche Fragen aufwirft. Thomas Billmann, Modernisierungsberater von Schwäbisch Hall, kennt die Antworten darauf.
Was ist ein Energieausweis und welche Daten enthält er?
Der Energieausweis soll den Energiebedarf und -verbrauch von Gebäuden vergleichbar machen, indem ihre Gesamtenergieeffizienz einheitlich berechnet wird. Zwei wichtige Kennzahlen im Energieausweis sind die Endenergie und die Primärenergie. Sie geben den jährlichen Energiebedarf des Gebäudes in Kilowattstunden pro Quadratmeter Nutzfläche an. Die Endenergie ist die Energie, die das Gebäude pro Jahr benötigt. Die Primärenergie berücksichtigt neben der Endenergie auch die Energie, die vor dem Verbrauch aufgewendet wurde, beispielsweise für die Gewinnung. Die Energieeffizienz eines Gebäudes wird auf einer Farbskala von A+ (sehr energiesparend) bis H (nicht energiesparend) dargestellt. Gut zu wissen: Ein Energieausweis wird immer für das gesamte Gebäude ausgestellt, auch bei Mehrfamilienhäusern. „Neben Angaben zu den CO2-Emissionen einer Immobilie und – seit 2024 – auch zum Einsatz erneuerbarer Energien, enthält der Ausweis Hinweise zu energetischen Schwachstellen und gibt konkrete Empfehlungen, mit welchen Maßnahmen die Energiebilanz des Objekts optimiert werden kann“, so der Experte.
Verbrauchs- oder Bedarfsausweis: Was ist der Unterschied?
Je nach Berechnungsmethode unterscheidet man zwischen dem Bedarfsausweis und dem Verbrauchsausweis. Beim bedarfsorientierten Energieausweis wird der Energiebedarf anhand von Plänen, dem Alter und der Art des Gebäudes, Baubeschreibungen sowie Daten zur Gebäudehülle und zur Anlagentechnik für Heizung und Warmwasser berechnet. Der verbrauchsorientierte Energieausweis wird auf der Grundlage der Heizkosten- und Verbrauchsabrechnungen von drei aufeinanderfolgenden Jahren erstellt. Diese Daten sind stark vom individuellen Verhalten der aktuellen Bewohner abhängig. „Ein Beispiel: Verbringt man den Winter in einem anderen Land, verbraucht man deutlich weniger Energie als bei einer ganzjährigen Nutzung. Deshalb muss zwingend ein Bedarfsausweis erstellt werden, wenn eine Immobilie mehr als 30 Prozent eines Jahres leer steht“, erklärt Billmann. „Auch die Corona-Pandemie und die Energiekrise haben die Aussagekraft der Verbrauchsausweise, die in den letzten Jahren erstellt wurden, beeinflusst – zunächst durch den Lockdown, dann durch das aktive Energiesparen.“ Für den Vergleich des energetischen Standards von Gebäuden ist der Verbrauchsausweis daher weniger aussagekräftig als der Bedarfsausweis.
Wann ist ein Energieausweis erforderlich?
Der Energieausweis wurde 2002 zunächst für Neubauten eingeführt und schrittweise weiterentwickelt. Seit dem 1. Juli 2009 ist er für alle Gebäude in Deutschland Pflicht. Welcher Energieausweis benötigt wird, hängt vom Baujahr und der Anzahl der Wohnungen im Gebäude ab: Unsanierte Gebäude mit ein bis vier Wohneinheiten, für die der Bauantrag vor dem 1. November 1977 gestellt wurde und die die Anforderungen der ersten Wärmeschutzverordnung nicht erfüllen, benötigen einen Bedarfsausweis. Dies gilt auch für Neubauten, da für diese noch keine Verbrauchsdaten vorliegen. Bei allen anderen Wohngebäuden hat der Eigentümer die Wahl.
Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) regelt, wann ein Energieausweis vorgelegt werden muss. In folgenden Fällen ist der Energieausweis zwingend erforderlich: wenn man neu baut, wenn man die eigene Immobilie saniert oder Erweiterungen vornimmt und dabei den Energiebedarf neu berechnet, wenn man seine Immobilie verkauft oder wenn in einem Gebäude ein Mieterwechsel ansteht. Liegt der Ausweis bereits vor, wenn die Immobilie inseriert wird, muss die Anzeige wichtige Angaben aus dem Ausweis enthalten. Spätestens bei der Besichtigung haben Interessenten das Recht, das vollständige Dokument einzusehen. Auch für eine Baufinanzierung wird in der Regel ein Energieausweis benötigt. Denn: Zu einer Baufinanzierung gehört immer auch die Ermittlung des Immobilienwertes. Die Energiekennwerte fließen in diese Bewertung ein. Es gibt aber auch Ausnahmen: Denkmalgeschützte Gebäude, Ferienhäuser, die nicht regelmäßig geheizt oder gekühlt werden, und Gebäude mit weniger als 50 Quadratmetern Nutzfläche sind von der Pflicht befreit. Auch wer selbst in seinem Haus wohnt, braucht keinen Energieausweis.
Wer stellt den Energieausweis aus und was kostet er?
Energieausweise dürfen nur von zertifizierten Fachleuten ausgestellt werden, z. B. von Energieberatern, Schornsteinfegern, Bauingenieuren, Architekten oder speziellen Portalen. Eine gute Adresse, um einen qualifizierten Energieberater zu finden, ist die Energieeffizienz-Expertenliste der Deutschen-Energie-Agentur.
Die Kosten für den Energieausweis sind nicht festgelegt und werden je nach Aufwand vereinbart. Wichtig ist, dass der Betrag vorab schriftlich festgelegt wird. In der Regel fallen für einen Verbrauchsausweis zwischen 50 und 100 Euro an. Ein online bestellter Bedarfsausweis kostet etwa 100 Euro, mit Datenaufnahme vor Ort liegen die Kosten zwischen 300 und 500 Euro. Nach der Ausstellung ist der Energieausweis zehn Jahre lang gültig. Verbessert sich der Energiebedarf im Zuge einer Sanierung, muss der Ausweis erneuert werden. „Tipp: Für Gebäude mit bis zu vier Wohneinheiten, die 1977 oder später errichtet wurden, wurde beim Bauantrag bereits ein Wärmeschutznachweis erstellt und geprüft. Dieser kann von einem Sachverständigen ‚umgeschrieben‘ werden. Ein neuer Bedarfsausweis muss also nicht berechnet werden. Das spart Kosten“, ergänzt der Modernisierungsberater.
Was ist sonst noch zu beachten?
Eigentümer, die bei Vermietung oder Verkauf keinen Energieausweis vorlegen können, begehen eine Ordnungswidrigkeit. Diese kann mit einem Bußgeld von bis zu 10.000 Euro geahndet werden. Das Gleiche gilt, wenn die Angaben des vorgelegten Energieausweises unvollständig oder fehlerhaft sind. Abschließend betont Thomas Billmann: „Ein korrekt ausgestellter und interpretierter Energieausweis ist unerlässlich, um fundierte Entscheidungen zu treffen und die Energieeffizienz der Gebäude hierzulande zu verbessern.“
Weitere Informationen zum Energieausweis gibt es auf www.wohnglueck.de