Der Smart-Home-Markt kommt immer mehr in Fahrt, und viele Verbraucher wollen die neuen Möglichkeiten des vernetzten Zuhauses nutzen. In der Praxis gibt es jedoch viele unterschiedliche Systeme und Standards, die nicht miteinander kompatibel sind – dies hemmt den Markt. Eine Alternative bieten herstellerübergreifende Plattformen wie Qivicon.
Im vollautomatischen Heim ist alles vernetzt. Wird ein Fenster geöffnet, schaltet sich die Heizung herunter, klingelt es an der Haustür, blinken die Lampen, und wenn Rauch auftritt, erhalten die Nutzer eine Alarmmeldung auf ihr Smartphone, ihre Smartwatch oder in der Bedienoberfläche ihres Autos angezeigt. Smart Home ist keine Science-Fiction mehr, sondern bereits in einigen Häusern und Wohnungen gelebte Realität. Und das Interesse wächst rasant.
Enormes Wachstumspotential
Laut einer Umfrage der Gesellschaft für Konsumforschung unter Haushalten mit Internet-Anschluss interessieren sich 71 Prozent der Deutschen für die vernetzte Technik. Das Beratungsunternehmen Deloitte schätzt, dass bis zum Jahr 2020 rund eine Million deutsche Haushalte intelligente Geräte einsetzen. Und nach Angaben des Verbands der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik (VDE) wird der Smart-Home-Markt bis 2025 allein in Deutschland rund 19 Milliarden Euro schwer sein. Viele Experten gehen davon aus, dass ein vernetztes Zuhause bald so alltäglich sein wird wie heute die Nutzung von Smartphones.
Viele unterschiedliche Standards
Viele Unternehmen wittern ein riesiges Geschäft und entwickeln eigene Smart-Home-Lösungen. Die Folge: inkompatible Systeme. Kauft ein Nutzer das Smart-Home-System eines Anbieters, kann er in der Regel nur dessen Funktionen und Lösungen nutzen und sie nicht mit Produkten anderer Hersteller kombinieren. Ob Bluetooth Smart Le, Dect Ule, Enocean, Homematic, KNX, WLAN, Zig-Bee oder Z-Wave: Die Liste der Protokolle, die beanspruchen, der Standard im Smart Home zu sein, ist lang. Entsprechend groß ist die Verwirrung bei Verbrauchern, und selbst Experten verlieren in diesem Technik-Chaos langsam den Überblick.
Hinzu kommt, dass auch die globalen IT-Konzerne den Smart-Home-Markt für sich entdeckt haben. So hat Apple beispielsweise ein eigenes Smart-Home-System namens Home-Kit eingeführt. Statt einer eigenen App bietet der Konzern aus Cupertino (USA) ein Software-Paket an, mit dessen Hilfe Entwickler eigene Lösungen programmieren können. Doch die Produktpalette wächst nur langsam, derzeit gibt es nur wenige kompatible Angebote.
Auf der Suche nach dem Standard
Aber auch Google will bei Smart Home mitmischen. Den Markteinstieg hat sich der Suchmaschinen-Gigant viel kosten lassen: Für das Start-up Nest Labs legte Google Anfang 2014 rund 3,2 Milliarden US-Dollar auf den Tisch – die bis dato zweitgrößte Übernahme in der Geschichte des Unternehmens. Nest Labs produziert intelligente Heizkörperthermostate und Rauchmelder, die Google seit Dezember 2014 auch in Deutschland vertreibt.
Aber auch Google will mit einem eigenen Betriebssystem den Markt erobern. Es hört auf den Namen Brillo und basiert auf dem Betriebssystem Android. Aber auch hier ist die Auswahl an Produkten noch recht eingeschränkt. Googles Wettbewerber Amazon verfolgt eine andere Strategie: Das Online-Versandhaus hat einen vernetzten Lautsprecher auf den Markt gebracht, der auf den Namen Echo hört. Per Sprachsteuerung soll er zum Alltagsassistenten werden und Musik abspielen, Witze erzählen oder Einkauflisten anlegen. Kritiker sehen darin im Moment jedoch eher ein Einzelprodukt, denn auch diese Liste von kompatiblen Produkten ist recht kurz.
Die Beispiele zeigen: Im vernetzten Wohnzimmer ist längst ein Kampf darum entbrannt, wer den Standard setzt – für den Branchenverband VDE das größte Hindernis für eine dynamische Marktentwicklung. Das Beratungsunternehmen Deloitte sieht deshalb die Zukunft von Smart Home in Plattformen, bei denen Verbraucher die Lösungen mehrerer Hersteller nutzen können. „Je mehr Partnerunternehmen ihre Angebote auf einer solchen Plattform integrieren, desto eher findet der Kunde eine seinen Anforderungen entsprechende Anwendung“, erläutert Deloitte in der Studie „Licht ins Dunkel – Erfolgsfaktoren für das Smart Home“. Und: „Aus Konsumentensicht sind offene Plattformen daher grundsätzlich vorteilhaft.“
Übergreifende Plattformen als Lösung
Eine solche offene und herstellerübergreifende Plattform ist Qivicon, die die Deutsche Telekom initiiert und mit führenden Industrieunternehmen etabliert hat. Die Smart-Home-Plattform vereint bereits mehr als 35 Partnerunternehmen unter ihrem Dach, darunter EnBW, Vattenfall, Rhein-Energie, Junkers, Huawei, Kärcher, Logitech, Miele, Philips, Osram, Sonos, Assa Abloy oder die Telekom. Die Idee hinter dem Ansatz: Je mehr Unternehmen Produkte auf der Plattform anbieten, desto mehr Anwendungen kann der Verbraucher nutzen. Themenfelder wie Energieeffizienz, Sicherheit und Komfort werden durch die zahlreichen Partner bereits abgedeckt.
Das Ergebnis dieser Lösungsvielfalt ist preiswürdig, und so zeichnete die Unternehmensberatung Frost & Sullivan Qivicon als innovativste Smart-Home-Lösung 2014 mit dem European Visionary Innovation Leadership Award aus. Und auch das Beratungsunternehmen Analysys Mason kam im Juni 2014 zu dem Ergebnis, dass von allen evaluierten Smart-Home-Systemen Qivicon die ausgereifteste Initiative ist.
Ziel der Telekom ist es, alle relevanten Geräte und Standards auf der Smart-Home-Plattform zu integrieren und somit die Vielfalt der kompatiblen Endgeräte auszuweiten. Der Konzern engagiert sich deshalb zusätzlich in dem Open-Source-Projekt Smart Home der Eclipse Foundation, die mit mehr als 10.000 Programmierern eine der weltweit größten unabhängigen Developer Communities ist. Die Telekom leistet zahlreiche Beiträge zu diesem Projekt und wird es als einen Kernbaustein ihrer Smart-Home-Plattform verwenden.
Eine Plattform, viele Angebote
Dreh- und Angelpunkt von Qivicon ist die Home Base. Sie steuert per Funk die elektrischen Geräte im Haus oder in der Wohnung. Einzige Bedingung: ein Internet-Breitbandanschluss, unabhängig vom Telekommunikationsanbieter. Die Home Base arbeitet mit dem bereits integrierten Home-Matic-Funkprotokoll, das System lässt sich aber um zusätzliche Funkstandards wie Zig-Bee erweitern. Dazu steckt der Nutzer entsprechende Funksticks an einen der vier USB-Anschlüsse der Home Base. Die Installation der Geräte erfolgt Schritt für Schritt mit einem intuitiven und leicht zu bedienenden Einrichtungsassistenten.
Welche Geräte zum Einsatz kommen, entscheiden die Anwender selbst. Von A wie Außenkamera über G wie Gefrierschrank oder Geschirrspüler bis W wie Wassermelder oder Weinschrank: Es gibt bereits eine Vielzahl von Geräten verschiedener Marken, die mit Qivicon kompatibel sind. Weiterer Vorteil der Plattform: Sie arbeitet per Funk. Damit sind die Angebote der Qivicon-Partner wesentlich günstiger als kabelgebundene Varianten. Und: Verbraucher können die Komponenten außerdem selbst installieren und modulartig nach Bedarf erweitern.
Heizungsthermostate, Funkzwischenstecker, Tür-/ Fensterkontakte oder Rauch- und Bewegungsmelder lassen sich mit wenigen Handgriffen selbst anbringen. Da weder Kabel verlegt noch Wände aufgerissen werden müssen, lassen sich Qivicon-kompatible Komponenten der Partnerunternehmen auch gut in Altbauten oder Mietwohnungen einsetzen. Steht ein Umzug an, wird das Equipment einfach abgebaut und kommt im neuen Zuhause wieder zum Einsatz.
Angebote vieler Unternehmen
Steuern lässt sich das System mit einer App via Smartphone, Tablet und PC. Einige Partnerunternehmen legen mit ihren Apps Schwerpunkte, wie etwa Vattenfall auf die Heizungssteuerung oder das Verbrauchsmanagement. Mit der App von Miele lassen sich zahlreiche Küchengeräte steuern, die Apps der Energieversorger Rhein-Energie, Entega oder die Smart-Home-App der Telekom ermöglichen eine übergreifende Haussteuerung. Der Nutzer kann die App frei nach seinen Bedürfnissen wählen oder mehrere parallel nutzen.
Die Beispiele zeigen, dass viele Anbieter die Smart-Home-Plattform für ihre Zwecke nutzen, denn sie bietet Unternehmen viele Vorteile: Sie müssen weder in die Technik noch in die Infrastruktur investieren – stattdessen erhalten sie einen direkten und schnellen Einstieg in den Smart- Home-Markt inklusive Bereitstellung, Hosting, Training und Customer Care. Außerdem definieren sie mit einer Komplettlösung ihr eigenes Smart-Home-Produktangebot, besitzen individuelle Anpassungsmöglichkeiten in Bezug auf Design und Markenauftritt und bleiben Herr ihrer Kundenbeziehung. Nicht zuletzt haben sie die Möglichkeit, zusätzliches Umsatzpotenzial zum bestehenden Geschäft zu generieren und existierende Kundenbeziehungen per Up- und Cross-Selling (also die Nutzung weiterer Leistungen) zu erweitern.
Jedes Partnerunternehmen verfolgt dabei seine eigene Produkt-, Preis-, Kommunikations- und Vertriebsstrategie. Der Vorteil der Smart-Home-Plattform: Je mehr Partner sich daran beteiligen und Lösungen anbieten, desto attraktiver wird das Angebot – nicht nur für den Kunden, sondern auch für die Unternehmen.
Thomas Rockmann
Deutsche Telekom, Vice-President Connected Home
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Seit Juli 2000 arbeitet Thomas Rockmann (Jahrgang 1971) für die Deutsche Telekom AG. Zuerst im Innovationsmanagement des Konzern, von 2003 bis 2010 im Festnetzbereich, wo er außer der Tätigkeit als Qualitätsbeauftragter Marketing und Vertrieb verschiedene Strategie- und Marketing- Abteilungen leitete. Von 2010 bis 2015 verantwortete Rockmann in der Telekom Deutschland die Privatkunden-Segmentstrategie, Roadmap-Planung, das zentrale Migrationsmanagement sowie den Aufbau des Smart-Home-Geschäfts. Rockmann studierte Geophysik an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Er begann seine berufliche Laufbahn bei der Deutschen Bank AG in Frankfurt im Bereich Transaction and Services.[/tab]
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