Betreiber von nah- und Fernwärmenetzen sind gut beraten, die Qualität des Kreislaufwassers aufmerksam zu überwachen. Denn normgerecht aufbereitete Heizwasser spielt eine entscheidende Rolle für die reibungslose Funktion einer Anlage und deren Lebensdauer. Letztlich geht es aber auch um rechtliche Implikationen. Eine neu
entwickelte HeizwasseraufbereitungsAnlage sorgt für eine sichere Wärmeversorgung in Gebäuden. Das System erlaubt jetzt auch eine Fernüberwachung und digitale Dokumentation aller relevanten Systemparameter.
Die Gartenstadt Mühlenhof, im Norden Oldenburgs gelegen, entstand vor rund zwanzig Jahren auf dem Areal der ehemaligen Clausewitz-Kaserne. Nachdem 1994 die dort ansässigen Panzergrenadiere ausgezogen waren, wurden zunächst die sieben Mannschaftsgebäude von 1999 bis 2002 kernsaniert und zu 125 Wohneinheiten umgebaut.
Bereits während der Projektentwicklung des Viertels wurden die Rohre für ein Fernwärmenetz verlegt. Das Nahwärmegebiet wird heute durch ein Blockheizkraftwerk der EWE, einem Energie- und Telekommunikationsdienstleister, mit einer thermischen Leistung von 1800 Kilowatt versorgt. Die
Fachleute sind sich einig: In Zukunft wird Fernwärme noch mehr an Bedeutung gewinnen. Denn werden die entsprechenden Energieerzeuger nach dem Prinzip der KraftWärme-Kopplung betrieben, lassen sich die
Wirkungsgrade von durchschnittlich 50 Prozent auf rund 90 Prozent steigern – vorausgesetzt die Qualität des Heizungswassers bleibt stabil.
| Qualitätsaspekte
„Der Aspekt Wasserqualität in Fernwärmenetzen ist von entscheidender Bedeutung“, erklärt Tobias Broxtermann, Versorgungsingenieur bei der EWE Vertrieb. Als Tochtergesellschaft liefert EWE Vertrieb unter der Marke „EWE Wärme Select“ Wärme im Contracting. Dafür plant, baut und betreibt das Unternehmen Heizzentralen und Heizkraftanlagen. Seit Jahren setzt die EWE Vertrieb in zahlreichen Fernwärmenetzen auf die Heizwasseraufbereitungs-Anlagen von Veolia. „Wir haben bisher gute Erfahrungen mit der
Kreislaufaufbereitung im Teilstrom gemacht“, erläutert Broxtermann. So war es naheliegend, dass sich der Versorgungsingenieur für eine Anlage aus der neu entwickelten BerkeSelect IQ+ entschied. In der Gartenstadt Mühlenhof wurde eine der ersten Anlagen der neuen Produktfamilie in der Heizzentrale installieren.
Für kontinuierlich aufbereitetes Heizungswasser sprechen für Broxtermann gewichtige Gründe: Zunächst muss die Sicherheit der Anlage garantiert sein und damit auch die Liefersicherheit gegenüber den Kunden;
ein vor allem aus Sicht eines ContractingAnbieters überaus bedeutendes Kriterium.
Auch die Investitionen die in das Netz getätigt werden, müssen sich amortisieren: „Letztlich soll der Wärmeerzeuger möglichst lange und störungsfrei funktionieren“, sagt Tobias Broxtermann und ergänzt: „Wir müssen das Wasser einfach jederzeit in Ordnung halten“. Allein schon der in einem Fernwärmenetz
vorherrschende Materialmix ist eine besondere Herausforderung an die Wasserqualität. Denn hier finden sich häufig unterschiedliche Metalle: Das Wärmenetz besteht aus Stahlrohren, die Kesselanlage ist aus Aluminium gefertigt, die Trennstation aus Edelstahl, und hier und da gibt es auch Teile aus Guss. Das bedeutet: Um eine normgerechte Qualität sicher zu stellen, ist eine kontinuierliche Aufbereitung unerlässlich. Finden sich
zudem Werkstoffe aus Aluminium, ist bekanntlich ein sehr enger pH-Wert-Bereich zwischen 8,2 bis 8,5 einzuhalten.
| Richtig aufbereiten – Schäden vermeiden
Maßgeblich für eine normgerechte Wasserqualität im Nah- oder Fernwärmenetz sind neben dem Parameter pH-Wert auch Härte, Leitfähigkeit sowie der Anteil an gelösten Gasen wie zum Beispiel Sauerstoff. Ob es in
einem System zu Ablagerungen, Ausfällungen oder Korrosion kommt, hängt im Wesentlichen von diesen Faktoren ab. Hierzu sind in der VDI 2035 und dem Arbeitsblatt AGFW FW 510 entsprechende Richtwerte
definiert. Daran orientieren sich auch die BHKW-Hersteller sowie weitere Komponenten-Lieferanten die ebenfalls hohe Anforderungen an die Wasserqualität stellen. An die Einhaltung der Vorgaben ist in den meisten
Fällen auch die Aufrechterhaltung der Gewährleistung gekoppelt. Probleme im Rohrleitungsnetz, Schäden am Wärmetauscher, ein Totalausfall des Heizkessels – Diese Ersatzinvestitionen bei Mängelhaftung gehen dann in der Regel in die Zehntausende. Gefahren lauern an verschiedenen Stellen. So führt ein hoher Härtegrad beispielsweise zu Ablagerungen an Wärmetauschern, wodurch zunächst der Wärmeübergang drastisch verschlechtert wird. Ein pH-Wert außerhalb des empfohlenen Bereichs oder ein erhöhter Anteil an gelösten Gasen kann das Korrosionsrisiko etwa an Pumpen, Armaturen und Wärmetauschern erhöhen. Da sich
die Wasserqualität im Verlauf des Produktlebenszyklus durch Nachspeisung, Fremdwassereinbrüche, Gaseintrag, Korrosionsvorgänge oder auch durch den Einsatz von chemischen Zusatzmitteln ständig verändert, empfiehlt sich daher der Einsatz einer kontinuierlichen Aufbereitung des Kreislaufwassers.
| Erste Bilanz
Eine erste Bilanz der Teilstromaufbereitung in der Gartenstadt fällt für Broxtermann positiv aus. „Der Einsatz als fest installierte Anlage im Bypass des Heizkreislauf ist äußerst effektiv: Durch den Einsatz der Aufbereitungsanlage lassen sich die wichtigsten Parameter wie ph-Wert, Leitfähigkeit und Wasserhärte für den Kreislauf normgerecht einstellen und jederzeit kontrollieren, zudem haben wir die Möglichkeit der Entgasung.“
Der regelmäßige Wechsel des Aufbereitungsmaterials gelingt mit einfach zu verwendenden Lufbereitungsbeuteln. Ein weiterer wichtiger Vorteil ist die Fernüberwachung über die Online-Serviceplattform Aquavista von Veolia. Über die Serviceplattform können jederzeit alle relevanten Anlagenwerte abgerufen und über Smartphone, Tablet oder Computer ausgewertet werden. „Die ortsunabhängige Überwachung reduziert spürbar den zeitlichen Aufwand“, erläutert der Fachmann. „Für eine Überprüfung muss man nicht mehr extra zu
einer Anlage fahren. Die Möglichkeit einer kontaktlosen Überwachung ist natürlich auch in Zeiten von Corona von Vorteil.“ Das digitale Monitoring der BerkeSelect IQ+ läuft völlig unabhängig von der IT-Struktur des
Betreibers, kann allerdings auch in eine vorhandene Gebäudeleittechnik eingebunden werden.
Die neue Steuereinheit ermöglicht auch einen energie- und damit kostensparenden Ruhemodus. Ist die gewünschte Wasserqualität des Kreislaufwassers erreicht, schaltet sich die Anlage automatisch für eine individuell definierte Zeitspanne in den Ruhemodus. Dabei überprüft das System in regelmäßigen Zyklen die Qualität des Wassers und geht anschließend erneut in den Ruhemodus oder führt – falls notwendig – weiterhin die Aufbereitung durch. Für Tobias Broxtermann lohnt sich die Investition in die neue HeizwasseraufbereitungsAnlage: „Mit der Anbindung an Aquavista und der neuen Steuerung sind jetzt weitere wichtige Funktionen dazu gekommen, mit denen die effektive Überwachung des Heizwassers noch einfacher und auch sicherer wird.“
Fotos: Veolia