Entscheidend für die Raumluftqualität ist richtiges Lüften. Durch die heutigen Anforderungen an die Dichtigkeit der Gebäudehüllen reicht nach einer energetischen Sanierung normales Lüften durch Öffnen von Fenstern und Türen in der Regel nicht aus. Lüftungskonzepte und eine kontrollierte Wohnungslüftung sind erforderlich.
Saubere Luft enthält 78 Prozent Stickstoff, 21 Prozent Sauerstoff, 0,03 Prozent Kohlendioxid und 0,93 Prozent Edelgase. In geschlossenen Räumen ändert sich diese Zusammensetzung durch Menschen, Pflanzen oder Gegenstände. Die Atmung des Menschen verbraucht Sauerstoff und reichert die Luft mit Kohlendioxid an. Über 12.000 Liter Luft atmet ein Mensch pro Tag ein und aus. Aber nur ein Teil des eingeatmeten Sauerstoffs gelangt in den Körper. Die ausgeatmete Luft enthält immer noch etwa 17 Prozent Sauerstoff. Dabei produziert der Mensch rund 4 Prozent Kohlenstoffdioxid. Bei mehreren Personen in geschlossenen Räumen steigt der Kohlenstoffdioxidgehalt sehr schnell an. Er ist ein wesentlicher Faktor für die Raumluftqualität. Ab 0,1 Volumenprozent gilt die Raumluft als verbraucht. Den Anstieg der Konzentration von Kohlenstoffdioxid in einem Zimmer bemerken die Nutzer in erster Linie an aufkommender Müdigkeit und verminderter Konzentrationsfähigkeit.
Richtwert Luftfeuchtigkeit
Ein weiterer Faktor, der wesentlich zu einer gesunden Raumluft beiträgt, ist die Höhe der Luftfeuchtigkeit. Ist diese zu niedrig, trocknen die Schleimhäute der Atemwege aus, und die Abwehr gegen Krankheitserreger wird geschwächt. Außerdem breiten sich Bakterien und Viren bei trockener Luft schneller aus.
Zu hohe Luftfeuchtigkeit dagegen wird als drückend und unangenehm empfunden. Sie fördert die Entstehung und Ausbreitung von gesundheitsgefährdenden Schimmelpilzsporen. Doch wo liegt der optimale Wert? Unterhalb von 40 Prozent Luftfeuchtigkeit beginnen die Schleimhäute auszutrocknen. Ab 60 Prozent besteht die erhöhte Gefahr einer Schimmelpilzbildung. Optimal ist eine Luftfeuchtigkeit um die 50 Prozent. So werden Probleme mit Schimmel minimiert, und die Raumluft wird, sofern sie frei von Schadstoffen ist, als angenehm empfunden.
In der Regel herrscht in Wohnungen eher zu hohe Luftfeuchtigkeit als zu niedrige. Allein die Wasserdampfmengen, die durch Bewohner abgegeben werden, sind enorm. Eine ruhende Person schwitzt pro Tag ungefähr 1 Liter aus, eine aktive Person sogar bis zu 2,5 Liter. So kann eine vierköpfige Familie täglich bis zu 10 Liter Wasser in Form von Wasserdampf in die Umgebung abgeben. Hinzu kommt die Luftfeuchtigkeit, die durch Pflanzen, Geschirrspüler, Waschmaschine, die Benutzung von Badewanne und Dusche sowie das Kochen entsteht. Nur durch gezielte, ausreichende Lüftung kann eine optimale Luftfeuchte erreicht werden, die zwischen 40 und 60 Prozent liegen sollte.
CO2-Konzentration in der Innenraumluft
Bereits im 19. Jahrhundert befasste sich der Wissenschaftler Max Pettenkofer mit dem Thema Raumluft und deren Auswirkungen auf unser Wohlbefinden. 1858 stellte er seine umfangreichen Untersuchungen in der Abhandlung „Besprechung allgemeiner auf die Ventilation bezüglicher Fragen“ vor. Darin heißt es: „Einen fernern Grund auf reine Luft in den Wohnungen Strenge zu halten, haben wir in der Erfahrung, dass schlechte Luft die Quelle vieler chronischer Leiden ist. Wo also die natürliche Ventilation nicht ausreicht, die Vermehrung des Kohlensäuregehalts der Luft in unseren Wohn- und Schlafräumen über ein pro mille zu verhindern, dort hat künstliche Ventilation einzutreten.“
Nach wie vor gilt die sogenannte Pettenkofer-Zahl des bayerischen Chemikers und Hygienikers als Grenzwert für eine lufthygienisch unbedenkliche CO2-Konzentration in der Innenraumluft. Weiter differenziert die Ad-hoc-Arbeitsgruppe Innenraumrichtwerte des Umweltbundesamts und der Obersten Landesgesundheitsbehörden. Sie leitet aus der Bewertung von Interventionsstudien gesundheitlich-hygienisch begründete Leitwerte für Kohlendioxid in der Raumluft ab. Danach gelten Konzentrationen unter 1000 Parts per million Kohlendioxid in der Raumluft als unbedenklich, Konzentrationen zwischen 1000 und 2000 als auffällig und Konzentrationen über 2000 als inakzeptabel.
Für schadstofffreie Raumluft mit der richtigen Luftfeuchte setzt sich die DIN 1946-6 ein. Sie liefert die passenden Werkzeuge zur Planung und zum Nachweis geeigneter Lüftungskonzepte und hilft so, den erforderlichen Mindestluftwechsel in Wohngebäuden sicherzustellen.
DIN 1946-6: Norm zur Lüftung
Die DIN 1946-6 ist eine Norm zur Lüftung der Räume einer Nutzungseinheit (Wohnung), die Anforderungen, Bemessungs- und Ausführungsregeln beinhaltet. Sie verlangt die Erstellung eines Lüftungskonzepts für Neubauten und Sanierungen, da die Gebäudehüllen mittlerweile durch den technischen Fortschritt so dicht erstellt werden, dass eine ausreichende Minimallüftung zur Feuchteabfuhr nicht mehr gewährleistet ist.
Die Norm schreibt vor, dass bei Sanierungen ein Lüftungskonzept notwendig ist, wenn im Ein- und Mehrfamilienhaus mehr als ein Drittel der vorhandenen Fenster ausgetauscht werden beziehungsweise wenn im Einfamilienhaus mehr als ein Drittel der Dachfläche neu abgedichtet wird.
Vier Lüftungsstufen – unterschiedliche Nutzungsbedingungen
Die DIN 1946-6 fordert den Nachweis für vier Lüftungsstufen, die bei unterschiedlichen Nutzungsbedingungen einen ausreichenden Luftwechsel sicherstellen.
- Erste Lüftungsstufe ist die Lüftung zum Feuchteschutz. Sie ist die Grundlüftung zur Vermeidung von Feuchteschäden in Abhängigkeit vom Wärmeschutzniveau des Gebäudes bei teilweise reduzierten Feuchtelasten (etwa zeitweilige Abwesenheit der Nutzer). Diese Stufe muss ständig und nutzerunabhängig sichergestellt sein.
- Zweite Lüftungsstufe ist die reduzierte Lüftung, die zusätzlich notwendige Lüftung zur Gewährleistung des hygienischen Mindeststandards unter Berücksichtigung durchschnittlicher Schadstoffbelastungen bei zeitweiliger Abwesenheit der Nutzer. Diese Stufe muss weitestgehend nutzerunabhängig sichergestellt sein.
- Die Nennlüftung, auch Grundlüftung genannt, beschreibt als dritte Lüftungsstufe die notwendige Lüftung zur Gewährleistung der hygienischen und gesundheitlichen Erfordernisse sowie des Bautenschutzes bei Normalnutzung der Wohnung. Der Nutzer kann hierzu teilweise mit aktiver Fensterlüftung herangezogen werden.
- Vierte Lüftungsstufe ist die Intensivlüftung, die dem Abbau von Lastspitzen dient, wie sie zum Beispiel durch Kochen oder Duschen entstehen. Hier kann der Nutzer teilweise mit aktiver Fensterlüftung herangezogen werden.
Dezentrale Lüftung für Sanierung
Mithilfe des Lüftungskonzepts wird geprüft, ob eine lüftungstechnische Maßnahme notwendig ist, und wenn ja, welche zum Einsatz kommt. Bei Lüftungsanlagen wird in dezentrale und zentrale Anlagen unterschieden. Grundsätzlich werden die beiden Varianten nochmals in drei verschiedene Gruppen unterteilt. Dazu gehören zum einen die reinen Abluftanlagen und zum anderen die Zu- und Abluftanlagen, die wiederum mit oder ohne Wärmerückgewinnung ausgestattet sein können.
Für die Sanierung von Altbauten eignen sich insbesondere dezentrale Zu- und Abluftanlagen mit Wärmerückgewinnung. Sie erfordern deutlich weniger bauliche Maßnahmen als zentrale Lüftungen – da ein zentrales Rohrleitungssystem entfällt – und sind jederzeit erweiterbar. Dezentrale Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung werden in der Regel im Bereich der Fensterbank oder direkt neben dem Fenster in die Außenwand eingebaut. Die Abund Zuluftregelung erfolgt über ein geschlossenes System. Entsprechend wird in der Fassade des Raums eine Abluft- und Zuluftöffnung benötigt, um den raumweisen Luftaustausch zu ermöglichen. Über einen Wärmetauscher wird die Wärme der Abluft aufgenommen und der Zuluft zugeführt.
Alles in allem schafft eine sorgfältig geplante Lüftungsanlage gute, pollenund schadstofffreie Luft und verhindert zu hohe Luftfeuchtigkeit in der Wohnung. Umweltlärm und -gerüche bleiben draußen. Reine Fensterlüftung ist abhängig von den Bewohnern und für Vermieter nicht kontrollierbar. Kommt es zu gesundheitlichen Beschwerden der Wohnungsnutzer oder zu Feuchteschäden, sind Lüftungsdauer und -frequenz kaum nachweisbar. Mit einer effizienten Lüftungsanlage sind alle Beteiligten auf der sicheren Seite.
Claudia Närdemann