Die Klimaschutzziele der Bundesregierung sind bekannt. Die Emissionen des klimaschädlichen Kohlenstoffdioxids sollen in den nächsten Jahrzehnten drastisch gesenkt werden: bis 2020 um mindestens 40 Prozent und bis 2050 sogar um 95 Prozent. Bei diesen Klimaschutzzielen spielt der Gebäudebereich eine Schlüsselrolle.
Wärmewende erfordert mehr Anstrengungen
Bis zum Jahr 2050 soll der deutsche Gebäudebestand „klimaneutral“ sein, so das Ziel der Bundesregierung. Und auch beim Einsatz erneuerbarer Energieträger hat sich der Bund viel vorgenommen. Nicht nur im Stromsektor, sondern auch im größten Energieverbrauchssektor Deutschlands, dem Wärmemarkt, sollen regenerative Energien künftig einen deutlich größeren Anteil des Energiebedarfs abdecken, als dies derzeit der Fall ist. Seit Jahren liegt ihr Anteil an der Wärmebereitstellung um die 10 Prozent. Bis zum Zieljahr 2020 sollen es 14 Prozent sein.
Um die Energiewende in die deutschen Heizungskeller zu bringen und damit zur Wärmewende zu machen, fordert der Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) seit vielen Jahren verstärkte Anstrengungen. Der Verband setzt sich für eine technologie- und energieträgerneutrale Effizienzstrategie ein, die den Wettbewerb im Wärmemarkt sichert und damit Innovationen auslöst. Dabei setzt er auf eine Doppelstrategie aus Effizienz und erneuerbaren Energien.
„Wir unterstützen den Bund bei seinen Klimaschutzzielen. Ob diese Ziele erreicht werden können, hängt allerdings vor allem mit dem politischen Willen zusammen, die Energieeffizienz und den Anteil der erneuerbaren Energien im Wärmemarkt durch entsprechende Anreize und Rahmenbedingungen deutlich zu steigern“, kommentiert der Hauptgeschäftsführer des BDH, Andreas Lücke. Der Wärmemarkt sei eine tragende Säule der Energiewende. Schließlich entfalle gut ein Drittel des deutschen Energieverbrauchs auf die Beheizung von Gebäuden.
Heizungsbestand hoffnungslos veraltet
Umso alarmierender ist der energetische Zustand des deutschen Heizungsanlagenbestands: Lediglich ein Viertel der in Deutschland installierten 20,5 Millionen Heizungsanlagen befindet sich auf dem Stand der Technik. Die übrigen sind 20 Jahre alt oder älter. Dementsprechend verbrauchen sie deutlich zu viel Energie und verursachen unnötig hohe Betriebskosten. Würden die 15 Millionen veralteten Anlagen in Deutschland auf den Stand der Technik gebracht, könnten bis zu 15 Prozent (inklusive Prozesswärme) des deutschen Endenergieverbrauchs eingespart werden. Dies wäre mehr Energie, als sämtliche derzeit noch am Netz befindlichen Atomkraftwerke liefern. Zudem könnte durch die eingesparte Energie die Abhängigkeit von russischen Gas- und Ölimporten verringert werden – und das bei gleichzeitiger finanzieller Entlastung der Bürger bei den Heizkosten.
Längst sind hocheffiziente Lösungen im Markt vorhanden, die den Energiebedarf der Gebäude drastisch senken und Gebäude damit zukunftsfähig machen. Stand der Technik sind Heizungssysteme, die fossile Energieträger effizient nutzen und zugleich erneuerbare Energien einkoppeln.
Das Tempo muss deutlich erhöht werden
Allerdings ist das Tempo bei der Modernisierung des Heizungsbestands viel zu niedrig. Andreas Lücke rechnet vor: „Bei dem derzeitigen Modernisierungstempo würde es bei den Gasheizungen 33 Jahre, bei den Ölheizungen sogar 90 Jahre dauern, bis alle rund 21 Millionen Wärmeerzeuger auf den Stand der Technik gebracht wären.“
Um das Modernisierungstempo zu beschleunigen, hat das Bundeswirtschaftsministerium im November 2015 die „Energieeffizienzstrategie Gebäude“ vorgelegt. Diese markiert die Eckpunkte, um bei der Wärmewende endlich voranzukommen. Dazu gehören im Wesentlichen die Weiterentwicklung des Energieeinsparrechts, attraktive Förderanreize und Verbraucheraufklärung durch Einführung von Effizienzlabeln.
Nur Anreize statt Zwänge helfen weiter
Das Energieeinsparungsgesetz (EnEG) und die Energieeinsparverordnung (EnEV) regeln die energetischen Anforderungen an Gebäude. Mit den Novellierungen passt die Bundesregierung die Anforderungen kontinuierlich dem Stand der Technik und der Wirtschaftlichkeit an. Das EnEG etwa schreibt fest, dass Neubauten ab dem Jahr 2021 nur noch im „Niedrigstenergiestandard“ errichtet werden dürfen. Und die im Mai 2014 in Kraft getretene EnEV beinhaltete bereits die verschärften energetischen Anforderungen an Neubauten, die seit Jahresbeginn 2016 gelten. Zusätzlich legt die EnEV eine Austauschpflicht für alte Heizungen fest: Demnach müssen Heizungen, die älter als 30 Jahre sind, ausgetauscht werden. Zuvor galt die Pflicht zum Umrüsten nur für vor 1978 eingebaute Heizkessel.
Ein weiterer Baustein ist das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz. Danach müssen bei Neubauten erneuerbare Energien zum Einsatz kommen, also zum Beispiel solare Wärme über Solarthermie, Umwelt- und Erdwärme über Wärmepumpen sowie feste, flüssige und gasförmige Biomasse. Forderungen nach einer gesetzlichen Verpflichtung zur Nutzung erneuerbarer Energien im Wärmebereich auch für den Gebäudebestand lehnt der BDH dagegen ab. Zwang sei kontraproduktiv, so Lücke, das zeige das Beispiel des Bundeslands Baden- Württemberg, wo eine derartige landesrechtliche Regelung gilt. Andreas Lücke: „Seit der verpflichtenden Nutzung erneuerbarer Energien im Wärmebereich, haben viele Hauseigentümer in Baden- Württemberg lieber in die Reparatur ihrer alten Heizungsanlagen investiert, um so die hohen Kosten der Installation von Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien zu vermeiden.“ Im Gebäudebestand setze der Verband deshalb auf eine verstetigte und attraktive Förderung erneuerbarer Energien sowie auf verbesserte Rahmenbedingungen.
Und die Förderanreize hat der Bund jetzt mit dem „Anreizprogramm Energieeffizienz“ – kurz Apee – verbessert. Andreas Lücke erhofft sich hiervon eine spürbare Belebung der Nachfrage nach effizienten Systemen: „Das Apee setzt die richtigen Anreize und unterstützt den Systemgedanken.“ Denn sämtliche Effizienzpotenziale seien nur dann zu heben, wenn das gesamte Heizsystem betrachtet werde – von der Wärmebereitstellung bis zur Wärmeverteilung.
Das Heizungspaket des Apee unterstützt den Austausch ineffizienter Heizungen durch besonders effiziente Anlagen und fördert zugleich die Optimierung des gesamten Heizungssystems. Für fossile Heizungssysteme wurde der Programmbaustein in das KfW-Förderprogramm „Energieeffizient sanieren“ integriert. Hier betrug der Zuschuss bei Einzelmaßnahmen bislang 10 Prozent. Durch das Apee erhöht sich die Förderung für ein Heizungspaket auf 15 Prozent der Investitionskosten im Zuschuss, analog in der Kreditförderung. Für Systeme, die erneuerbare Energien nutzen, wurde der Baustein in das Marktanreizprogramms (MAP) integriert. Über das MAP werden Solarwärmeanlagen, Wärmepumpen und Biomasseanlagen bis 100 Kilowatt gefördert. Der Förderbetrag erhöht sich durch das Apee um 20 Prozent für den Heizungsaustausch und pauschal um 600 Euro für die Heizungsoptimierung.
Mehr Nachfrage durch informierte Verbraucher
Einen Nachfrageschub nach effizienteren Heizsystemen erwartet sich die Branche auch von dem neuen Heizungslabel für Neu- und Bestandsanlagen. Bereits vor einigen Jahren hatte der BDH gemeinsam mit dem Zentralverband Sanitär, Heizung, Klima ein Effizienzlabel für Bestandsanlagen in die Diskussion gebracht. Umso erfreuter zeigte sich die Branche, dass mit Jahresbeginn 2016 ein Heizungslabel für Bestandsanlagen eingeführt wurde. „Das neue Bestandslabel ist ein gutes Instrument, um den bisher schleppenden Modernisierungsmarkt im Heizungsbereich in Schwung zu bringen“, kommentierte Manfred Greis, Präsident des BDH, zum Start des neuen Labels.
Markttransparenz fördern
Mit Hoffnung blickt die Branche auch auf das Energielabel für Heizsysteme, das auf der Grundlage einer EU-Verordnung in Deutschland im September 2015 eingeführt wurde. Seither müssen unter anderem Heizkessel, Wärmepumpen, Warmwasserbereiter und Warmwasserspeicher sowie Kombiheizgeräte mit einem Energieeffizienzlabel gekennzeichnet werden. Heizsysteme werden mit einem Paketlabel versehen.
Branche ist vorsichtig optimistisch
Der Bund hat aktuell wichtige Impulse gesetzt, um der Wärmewende Schwung zu geben. „Die Energieeffizienzstrategie Gebäude setzt ein starkes Signal für die Erschließung der hohen Energieeinspar- und Kohlenstoffdioxid-Minderungspotenziale im Gebäudebereich“, so BDH-Präsident Manfred Greis. Angesichts einer nach wie vor robusten Konjunktur und niedriger Zinsen erwartet die Branche deshalb für 2016 eine verstärkte Nachfrage. Schon im letzten Jahr ist der Heizungsmarkt um rund 4 Prozent gewachsen. Infolge der niedrigen Heizölpreise wurden auch Öl-Brennwertkessel wieder verstärkt nachgefragt – allerdings bei insgesamt niedrigen Stückzahlen. Auch bei den erneuerbaren Energien gibt es positive Anzeichen, denn die Antragszahlen beim MAP für Investitionen in erneuerbare Wärme sind seit der Programmnovelle im letzten Jahr nach oben gegangen – Grund genug, um vorsichtig optimistisch in das Jahr 2016 zu blicken, wie BDH-Hauptgeschäftsführer Lücke betont.
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