In der zweiten Jahreshälfte 2020 hat das Familienheim Heidelberg gemeinsam mit ECO2NOMY GmbH die Strategie erarbeitet, um die CO2-Emissionen des Gebäudebestands, 79 Gebäude, bereits kurzfristig drastisch zu reduzieren – und das in einer Art und Weise, wie es dem Anspruch des Familienheims gerecht wird: Schnell messbare Ergebnisse liefernd, Mietpreissteigerungen auf Grund der energetischen Modernisierung so gut als möglich vermeidend und wirtschaftlich solide.
Die Vorstände des Familienheims Heidelberg, Peter Stammer (PS), Karin Heil (KH) und Holger Meid (HM), geben im Gespräch mit Professor Dr. Wolfgang Schuster (WS) – dem langjährigen Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Stuttgart und u.a. stellvertretendem Präsidenten des Deutschen Städtetags sowie Mitglied des Rates für Nachhaltige Entwicklung der Bundesregierung – Antworten auf relevante Fragen:
WS: Zu einer nachhaltigen Stadtentwicklung gehören ganz wesentlich nachhaltige Gebäudebestände. Denn Gebäude sind verantwortlich für über 30% des fossilen Energieverbrauchs und der Treibhausgasemissionen.
Die EU wird im Rahmen des New Green Deals konkrete Maßnahmen und Ergebnisse fordern und fördern. Die Bundesregierung wird sowohl gesetzliche Vorgaben machen als auch in erheblichem Umfang Förderungen zur Verfügung stellen. Leider reagiert die Wohnungswirtschaft darauf bislang oftmals sehr zurückhaltend. Umso wichtiger sind gute Bei-spiele, die Vorbildfunktion haben.
Mit Ihrer Klimaroadmap 2030+ gehen Sie deutlich über das hinaus, was andere Immobilienunternehmen aktuell am Markt machen. Was ist Ihre Motivation für Ihr Handeln?
PS: Wir sind fest überzeugt: An Klimaschutz führt kein Weg vorbei. Und je schneller wir handeln und greifbare Verbesserungen erzielen, desto besser.
An Klimaschutz führt kein Weg vorbei. Und je schneller wir handeln und greif-bare Verbesserungen erzielen, desto besser.
Als Immobilieneigentümer und -vermieter sind wir gefordert, in Sachen Klimaschutz wirkungsvoll zu handeln. Und das so, dass Wohnen bezahlbar bleibt und wir auch andere Themen, wie beispielsweise altersgerechtes Bauen und Modernisieren, stemmen können.
WS: Was haben Sie bei der Erarbeitung Ihrer Klimaroad-map konkret getan?
PS: Im ersten Schritt haben wir gemeinsam mit den ExpertenInnen von ECO2NOMY Daten zu unseren Gebäuden zusammengestellt und bei Auffälligkeiten weiterführende Analysen angestellt. Dazu haben alle Einheiten des Familienheims Heidelberg aktiv beigetragen. Gemeinsam haben wir uns in Bezug auf den aktuellen Zustand der Gebäude sowie zu Ansätzen der energetischen Modernisierung einen klaren Blick verschafft.
Im zweiten Schritt haben wir verschiedene Modernisierungsvarianten auf Einzelobjektebene erarbeitet und systematisch bewertet. Darauf aufbauend haben wir die Modernisierungsroadmap für das Gesamtportfolio abge-leitet und die Strategie definiert, die es uns ermöglicht, wirkungsvollen Klimaschutz zu realisieren. Und das in einer sozialverträglichen und wirtschaftlich soliden Art und Weise.
KH: Basis für unser Arbeiten waren die Methodik und die Tools von ECO2NOMY, einer Beratungsgesellschaft speziell für die wirtschaftliche und sozialverträgliche Dekarbonisierung von Immobilienportfolios.
ECO2NOMY hat uns geholfen, alle relevanten Aspekte zu analysieren, sorgsam abzuwägen und somit gut informiert relevante Management Entscheidungen zu treffen. Und damit haben wir ein Gesamtoptimum geschaffen, das weit über reine technische Optimierung hinausgeht.
Gemeinsam haben wir ein Gesamtoptimum geschaffen, das weit über reine technische Optimierung hinausgeht.
WS: Was haben Sie bei der energetischen Bestandsauf-nahme erkannt? Wo stehen Sie?
HM: Viele der Analysen haben uns Bestätigung dafür gegeben, dass in den letzten Jahren und Jahrzehnten vieles richtig gemacht wurde und bislang durchgeführte Maßnahmen Wirkung zeigen. So ist beispielsweise auf Basis der Energieverbräuche und CO2-Emissionen unserer Gebäude erkennbar, dass die in den letzten Jahren durchgeführten Modernisierungsmaß-nahmen an Gebäuden aus den 1950er- bis 1970er Jahren, die im Bundesdurchschnitt besonders hohe Emissionen haben, Wirkung zeigen. Durch die in den letzten Jahren realisierten Maßnahmen liegen unsere Gebäude mit ihren Verbrauchs- und Emissionswerten klar besser als der bun-desdeutsche Durchschnitt. Und zusätzlich zeigen die von uns in den letzten Jahren auf Dächern unserer Gebäude errichteten Photovoltaikanlagen Wirkung.
WS: Dass ein Unternehmen Quick Wins mitnimmt, ist verständlich. Doch darüber hinaus stellt sich die Frage: Wie können Sie es schaffen, Ihr Portfolio Schritt für Schritt hin zur Klimaneutralität zu führen?
HM: Wir bauen unsere Klimaroadmap auf drei Maßnahmenpaketen auf:
- Realisieren von schnellen, messbaren Erfolgen: „Quick Wins“ mit vergleichsweise geringen Investitionen und schneller Amortisation, besonders wirkungsvolle Maßnahmen an Gebäuden mit besonders hohen Energieverbräuchen und CO2-Emissionen sowie Quartierslösungen.
2. Kontinuierlich Optimieren und Weiterentwickeln: Kopplung von Energieeffizienzmaßnahmen mit geplanten energie- und nicht-energiebezogenen Instandhaltungsaktivitäten und Modernisierungskampagnen sowie systemische Optimierungen, zum Beispiel Nutzen von erneuerbaren Energieträgern und Profitieren von Nachhaltigkeitsentwicklungen im Bereich der Fernwärme.
3. Unsere Mieter motivieren zu klimaschonendem Verhalten, zum Beispiel durch Information, Wett-bewerbe und Events, zum Energiesparen anregende Angebote sowie Wohnungsautomatisierung.
Mit den drei Schritten schaffen wir es, dass wir unsere Gebäude Schritt für Schritt hin zur Klimaneutralität führen und das so, dass die dafür benötigten Investitionen in einem vernünftigen und vertretbaren Rahmen bleiben.
Wir bauen unsere Klimaroadmap auf drei Maßnahmenpaketen auf: Realisierung von schnellen, messbaren Erfolgen, kontinuierliche Optimierung und zusätzliche, flankierende Maßnahmen.
WS: Was ist das Besondere an Ihrem Weg und Ihrer Klimaroadmap?
KH: Wichtig ist für uns, dass wir in drei Dimensionen Verbesserungen herbeiführen: Kosten, Energieverbrauch und Emissionen. Nur wenn wir die Themen ganzheitlich angehen, schaffen wir es, ökologische Wirkungserzielung mit Wirtschaftlichkeit und Sozialverträglichkeit zu kombinieren. Und das ist genau das, was wir brauchen, um Klimaschutz aktiv voran zu bringen.
WS: Wie schaffen Sie schnelle, messbare Erfolge?
HM: Mögliche Maßnahmen für energetische Modernisierung gibt es viele. Um schnell Wirkung zu entfachen, sind insbesondere diejenigen Maßnahmen relevant, die bereits kurzfristig wirken und dabei vergleichsweise geringe Investitionen und besonders hohe Wirtschaftlichkeit mit sich bringen. Energiemanagement, Heizungstausch und Photovoltaik. Diese werden wir gleich in 2021 angehen und die erzielten Effekte messen und nachverfolgen.
Nur wenn wir die Themen ganzheitlich angehen, schaffen wir es, ökologische Wirkungserzielung mit Wirtschaftlichkeit und Sozialverträglichkeit zu kombinieren.
WS: Für viele MieterInnen gerade auch RentnerInnen ist die Miete schon heute an der Belastungsgrenze. Was bedeuten die Maßnahmen für Ihre MieterInnen?
KH: Energetische Modernisierung führt nicht nur zu geringeren Energieverbräuchen und CO2-Emissionen sowie da-mit verbundenen Kosten auf Basis der ab 2021 gesetzlich vorgeschriebenen CO2-Bepreisung. Ein weiterer Pluspunkt kommt durch mehr Wohnkomfort.
Zusätzlich bekennen wir uns klar zu bezahlbarem Wohnen in Heidelberg und werden die Kosten der energetischen Modernisierung nur in sehr geringem Umfang – weit unter
dem, was hierzu gesetzlich vorgesehen ist – an unsere MieterInnen weitergeben. Gerade vor dem Hintergrund des demografischen Wandels ist das ein für uns sehr bedeutender Punkt.
Reine Einzelmaßnahmen alleine reichen nicht. Es bedarf der sorgfältigen Abwägung und Planung. Und genau das haben wir mit unserer Klimaroadmap 2030+ geschafft.
WS: Nachhaltiges Handeln hat drei Komponenten – neben der Ökologischen auch die Soziale und die Wirtschaftliche. Wie schaffen Sie es, Ökologie, Sozialverträglichkeit und Wirtschaftlichkeit zusammen zu bringen?
HM: Der richtige Mix an Maßnahmen ist unerlässlich, um das schaffen zu können: die richtigen Maßnahmen, die richtige zeitliche Planung, die Nutzung von Förderungen, etc. Reine Einzelmaßnahmen alleine reichen nicht. Es bedarf der sorgfältigen Abwägung und Planung. Und genau das haben wir mit unserer Klimaroadmap 2030+ geschafft. Und genau da haben uns die Erfahrungen und die digitalen Tools, die ECO2NOMY in unsere Arbeit eingebracht hat, sehr geholfen. ECO2NOMY hat nämlich ein Tool entwickelt, das es ermöglicht aus tausenden von Modernisierungsvarianten den Modernisierungsmix zu identifizieren, bei dem unter der Prämisse von Warmmietenneutralität und Gesetzeskonformität das Verhältnis zwischen eingesetztem Kapital und erzielter Energie- bzw. CO2-Einsparung optimal ist.
Unsere gemeinsam mit ECO2NOMY erarbeitete Klimaroadmap sagt uns nun, bei welchem unserer Portfoliogebäude wir welchen optimalen Maßnahmenmix, zu welchem Zeit-punkt, mit welchen Kosten und mit welcher ökologischen sowie sozialen Wirkung durchführen sollen.
WS: Und jetzt, nachdem Sie Ihre Strategie und Maß-nahmen definiert haben, welche konkreten nächsten Schritte stehen jetzt an?
PS: Wir haben einen klaren Plan. Jetzt geht es an die Umsetzung und das Schaffen messbarer Ergebnisse und konkreter Erfolge. Darauf kommt es jetzt an.
Wir haben einen klaren Plan. Jetzt geht es an die Umsetzung und das Schaffen messbarer Ergebnisse und konkreter Erfolge. Darauf kommt es jetzt an.
WS: Ich freue mich, dass das Familienheim Heidelberg mit gutem Beispiel vorangeht und hoffe, dass viele Wohnungsunternehmen diesem nachhaltigen Weg folgen.