Die Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung Kerstin Andreae hat zum Auftakt des BDEW Kongresses 2021 Mitte September die Politik zu mehr Tempo und Tatkraft bei der Umsetzung der Energiewende aufgefordert. Zugleich betonte sie die Notwendigkeit neuer Allianzen zwischen den verschiedenen Industriebranchen für das Ziel der Klimaneutralität bis 2045.
„Es wird Zeit für ein Ende einer der größten Irrtümer: Der Irrtum, dass wir noch Zeit hätten. Die Verdopplung der Windkraft an Land auf 100 Gigawatt, zusätzlich 100 Gigawatt Photovoltaik auf Dächern und Freiflächen, ein viel höheres Tempo bei Gebäude-Sanierung und Heizungstausch, 15 Millionen E-Autos – das alles muss bis 2030 geschafft werden. Eine neue Bundesregierung kann sich nicht mehr im Klein-Klein und koalitionsinternen Streitereien verlieren. Dafür steht zu viel auf dem Spiel. Ab sofort gilt: Die Wahrheit der Absicht liegt in der Tat!“, sagte Andreae.
Aber nicht allein die neue Bundesregierung werde im Fokus stehen. „Es geht beispielsweise auch um die Landesregierungen: Vom Bund mehr Tempo fordern, gleichzeitig aber im eigenen Bundesland weder Flächen schaffen noch die örtlichen Verwaltungen unterstützen – das geht nicht mehr.“
Die Energiewirtschaft bezeichnete Andreae als Stabilitätsanker für Wirtschaft und Gesellschaft auf dem Weg in eine klimaneutrale Zukunft. „Unsere Branche ist längst so weit: Die Energiewende ist Teil ihres täglichen Handelns und Entscheidens geworden. Unsere Leitlinie dabei: Versorgungssicherheit, Energiewende und nötige Netzinfrastrukturen gehören zusammen.“
Der Aus- und Umbau der Energienetze sei Kernbestandteil einer erfolgreichen Klimapolitik: „Ohne Netze geht die Energiewende in die Knie. Wir erwarten ausdrücklich von der Bundesnetzagentur, dass sie ihren Beitrag leistet, um die Finanzierung leistungsfähiger Netze zur Bewältigung der Herausforderung der Energiewende zu gewährleisten.“
Erdgas werde für eine sichere und bezahlbare Energieversorgung und bezahlbare CO2-Reduktion noch lange eine Rolle spielen, sagte Andreae: „Dabei gilt ganz klar: Es geht um den schrittweisen Ausstieg aus fossilem Erdgas, nicht aber um den Ausstieg aus der Gas-Infrastruktur, die wir dringend brauchen. Neue Anlagen auf der Basis von Gas müssen heute schon Wasserstoff-ready sein. Erdgas ist auch die Basis für blauen Wasserstoff, um insbesondere die für die Klimaneutralität notwendigen Investitionen in der Industrie heute schon richtig zu leiten und perspektivisch auf grünen Wasserstoff auszurichten.“
Andreae hob zudem die Notwendigkeit neuer Allianzen hervor. „Der Klimaschutz wird uns alles abverlangen, in der Energiewirtschaft, aber auch in anderen Industriebranchen. Die Verfügbarkeit von grünem Strom beispielsweise wird zum Standortfaktor. Hier darf es in Zukunft kein reines Nebeneinanderher geben. Wir wollen die Perspektiven bündeln im Schulterschluss mit den großen Energieabnehmern.“ Genauso wichtig sei der Dialog mit der Automobilindustrie zum Hochlauf der Elektromobilität. Auch der Mittelstand sei ein wichtiger Absprechpartner, gleiches gelte für das Handwerk etwa beim wichtigen Thema Fachkräfte.
„Ein klimaneutrales Land, ein klimaneutrales Europa – das ist eine riesige Chance und ein Versprechen an künftige Generationen. Wir können das gemeinsam schaffen, wenn wir Allianzen schmieden, die Menschen mitnehmen und die Politik Tempo macht und Steine aus dem Weg räumt“, so Kerstin Andreae.