Feuchtigkeits- und Schimmelpilzprobleme vermeiden
Mit moderner, effizienter Lüftungstechnik in Wohngebäuden können nicht nur Feuchtigkeits- und Schimmelpilzprobleme vermieden, sondern auch erhebliche Mengen an Energie eingespart werden. Das hat auch die Europäische Union (EU) erkannt und die Ecodesign-Richtlinie auf die Raumlufttechnik ausgedehnt. Wie viele Haushaltsgeräte werden ab 2016 auch Wohnungslüftungsgeräte Mindestanforderungen an die Energieeffizienz erfüllen und ein entsprechendes Energielabel tragen müssen.
Mit der „Richtlinie 2009/125/EG zur Schaffung eines Rahmens für die Festlegung von Anforderungen an die umweltgerechte Gestaltung energieverbrauchsrelevanter Produkte“ – kurz Ecodesign- oder ErP-Richtlinie – setzt die EU Mindestanforderungen an die Energieeffizienz entsprechender Produkte. Was bei der weißen Ware längst Realität und dem Verbraucher geläufig ist, betrifft nun auch Teilbereiche der Raumlufttechnik: Für Ventilatoren ab 125 Watt gelten seit 2013 erstmals Mindestanforderungen im Hinblick auf die Energieeffizienz, die ab dem 1. Januar 2015 noch deutlich verschärft wurden (EU 327/2011). Raumklimageräte bis 12 Kilowatt Kühlleistung werden seit diesem Zeitpunkt in Energieeffizienzklassen A+++ bis D eingestuft, müssen ein entsprechendes Energieeffizienzlabel tragen und im Kühlbetrieb mindestens die Anforderungen der Energieeffizienzklasse A erfüllen (EU 206/2012).
Raumlufttechnik-(RLT-)Zentralgeräte, die im Nichtwohnbereich zur Lüftung und Klimatisierung eingesetzt werden, müssen erstmals ab dem 1. Januar 2016 Mindestanforderungen im Hinblick auf Ventilatorstromaufnahme und die Effizienz der Wärmerückgewinnung einhalten (EU 1253/2014). Und auch im Bereich der kontrollierten Wohnungslüftung gibt es ab dem 1. Januar 2016 neue Bestimmungen durch die EU-Ecodesign-Richtlinie. Wohnungslüftungsgeräte müssen dann mindestens so viel Primärenergie einsparen wie sie verbrauchen und ein Energieeffizienzlabel von A+ bis G tragen (EU 1253/2014 und 1254/2014). In einer zweiten Stufe, ab dem 1. Januar 2018, werden die energetischen Mindestanforderungen weiter erhöht. Es ist dann mindestens die Klasse D zu erreichen, und der Lüftungswärmebedarf des Wohngebäudes wird etwa halbiert werden.
Erhöhter Platzbedarf
Die erhöhten energetischen Mindestanforderungen können in der Praxis dazu führen, dass Lüftungsgeräte größer ausgeführt werden müssen. Dieser erhöhte Platzbedarf muss frühzeitig eingeplant werden. Nicht nur die Industrie, sondern auch Wohnungsbaugesellschaften, Planer, Architekten und Betreiber müssen sich also frühzeitig mit den entsprechenden Änderungen durch die EU-Ecodesign-Richtlinie im Bereich Raumlufttechnik vertraut machen.
Mindestanforderungen
Ab 1. Januar 2016 sind die Kennzahlen von Wohnungslüftungsgeräten nach der Ecodesign-Richtlinie EU 1253/2014 europäisch einheitlich anzugeben. Wohnungslüftungsgeräte mit einem Nennluftvolumenstrom bis 1000 Kubikmeter je Stunde (m³/h; je nach Anwendungsbereich können auch Geräte zwischen 250 und 1000 m³/h als RLT-Geräte erklärt werden) müssen, mit Ausnahme kleinerer Abluftgeräte unter 30 Watt, zur besseren Verbraucherinformation zusätzlich ein Energielabel nach EU 1254/2014 tragen. Die zukünftigen energetischen Bewertungsverfahren zur Verwendung in der Energieeinsparverordnung (EnEV) müssen auf diese europäisch einheitlichen Kennzahlen zurückgreifen. Das EU-Energielabel klassifiziert die entsprechenden Wohnungslüftungsgeräte mithilfe eines Kennwerts für den spezifischen Energieverbrauch (abgekürzt SEV; vergleiche Tabelle 1).
Dieser Wert spiegelt die mögliche Primärenergieeinsparung (Stromaufwand für Ventilatoren minus Heizenergieeinsparung) dieses Lüftungsgeräts in Relation zu einer Fensterlüftung gleicher Luftqualität. Je höher dieser negative Wert ist, desto mehr Primärenergie spart das Gerät ein. Klasse G: SEV = 0 bedeutet also gleichwertig zur Fensterlüftung, Klasse A: SEV = -40 eine Primärenergieeinsparung von 40 Kilowattstunde je Quadratmeter und Jahr (kWh/(am²).
Der spezifische Energieverbrauch SEV hängt von folgenden Geräteeigenschaften ab:
- Stromverbrauch der Ventilatoren und Regelung
- Art und Güte der Wärmerückgewinnung
- Regelung der Geräte (manuell, zeit- oder bedarfsgesteuert mittels Luftqualitätssensoren)
Das Energielabel gibt zusätzliche Informationen über den Nennluftvolumenstrom und den Schallleistungspegel der Geräte. Der Nennluftvolumenstrom dient zur Feststellung, ob die Größe des Geräts zur Wohnungsgröße passt. In Deutschland wird dann nach DIN 1946-6 ausgelegt. Für eine mittlere Wohnung können zur Abschätzung rund 1,3 Kubikmeter je Stunde (m³/h) pro Quadratmeter angesetzt werden. Ein Gerät mit 130 m³/h Nennluftvolumenstrom ist für 100 Quadratmeter ausreichend. Bei der Angabe der Schallleistungspegel ist zu beachten, dass dies nur die Geräteabstrahlung betrifft und nicht den Wert, der tatsächlich im Wohnraum oder beim Bewohner ankommt. Bei raumweisen Geräten ist der Schalldruckpegel je nach Raumgröße und Raumabsorption zirka 6 bis 10 Dezibel dB(A) niedriger. Zentrale Geräte werden meist nicht in Aufenthaltsräumen, sondern in Dach- oder Kellerbereichen installiert. Der Schallpegel hängt hier von der Installation und dem Luftverteilnetz ab. Schalldämmmaßnahmen können den Wohnbereich vollständig abkoppeln, und die Lüftungsanlage ist für den Bewohner nicht zu hören. Dies ist bei der Planung und Installation zu berücksichtigen und muss gegenüber dem Verbraucher klar kommuniziert werden.
Anwendungsbeispiele
Durch die Obergrenze von 1000 m³/h Nennluftvolumenstrom und die Untergrenze von 30 Watt sind einige Wohnungslüftungssysteme faktisch von der Labelpflicht ausgenommen. Nicht in den Anwendungsbereich fallen etwa die meisten Ventilatoren ausschließlich zur Bad- und Toilettenentlüftung zum Beispiel nach DIN 18017. Dezentrale Abluftgeräte für eine Wohneinheit können über 30 Watt liegen und sind dementsprechend einzuordnen. Zentrale Zu- und Abluftanlagen mit Wärmerückgewinnung in Mehrfamilienhäusern haben in den meisten Fällen Nennluftvolumenströme über 1000 m³/h und entfallen dadurch ebenso. Für diese Geräte gelten dann die Mindestanforderungen für RLT-Geräte aus dem Nichtwohnbereich. Anders sieht es mit zentralen Wohnungslüftungsgeräten je Wohneinheit im Mehrfamilienhaus aus: diese Geräte erreichen alleine typischerweise keine 1000 m³/h und müssen analog den Geräten für ein Einfamilienhaus ein Label tragen. Dies gilt gleichermaßen für zentrale und dezentrale Abluftgeräte in Mehrfamilienhäusern. Zentralsysteme für Abluft mit Abwärmenutzung durch Wärmepumpe oder Zuluftsysteme mit solarer Lufterwärmung sind Sonderfälle, die nicht „gelabelt“ werden müssen.
Abbildung 1 verdeutlicht schematisch die Funktion eines dezentralen Abluftsystems in einem Mehrfamilienhaus. Dieses System muss ein Energielabel wie in Abbildung 2 tragen. Darin eingetragen sind beispielhaft typische Kennzahlen für den Schallleistungspegel und den Nennluftvolumenstrom des Geräts. Zeitgesteuerte Geräte erreichen typischerweise die Energieeffizienzklasse E oder F, bedarfsgeregelte bis etwa Klasse B.
Das Schema in Abbildung 3 zeigt ein zentrales Abluftsystem in einem Mehrfamilienhaus, Abbildung 4 wiederum das entsprechende Energielabel mit typischen Werten. Auch hier gilt: Zeitgesteuerte Geräte erreichen etwa die Energieeffizienzklasse E oder F, bedarfsgeregelte bis etwa die Klasse B.
Einheitlicher europäischer Markt?
Bisher behandeln sehr viele verschiedene nationale und internationale Zulassungs- und Zertifizierungsprogramme die Systeme und Geräte der Wohnungslüftung in Europa. In der Praxis führt dies eher zu Verwirrung und Marktzersplitterung als zu verbesserter Transparenz und einem einheitlichem Markt. Mit der neuen Regelung ab dem 1. Januar 2016 ist zumindest sichergestellt, dass eine vergleichbare Datenebene für alle Produkte in Europa existiert, auf die die Mitgliedsstaaten dann in ihren nationalen Verfahren zurückgreifen müssen. Das Label ist zwar ein kleiner, aber erster sichtbarer Schritt hin zu einem transparenten und einheitlichen europäischen Markt für Wohnungslüftungssysteme und besserer Verbraucherinformation. Inwieweit die neue Regelung sich in der Praxis bewährt und von der Marktaufsicht durchgesetzt wird, werden die kommenden Monate zeigen. Die deutsche Klima- und Lüftungsindustrie ist jedenfalls gut vorbereitet und stellt entsprechende Lösungen zur Verfügung.
Daniel Hörer, Bietigheim-Bissingen