Wärmebildkameras haben sich in den letzten Jahren in vielen beruflichen Umfeldern verbreitet. Ihre Handhabung ist einfach, ein Wärmebild ist schnell gemacht. Dieses wird dann ebenso schnell einem Untersuchungsbericht, zum Beispiel über die Untersuchung einer elektrischen Anlage oder eines Gebäudes, als Nachweis der durchgeführten Arbeit oder gefundener Fehler und Abweichungen beigefügt. Gerne wird dabei vergessen, dass ein Bild, das als Nachweis oder gar Beweis, etwa vor Gericht, dienen soll, bestimmten Anforderungen standhalten muss. Mit einem schnellen Schnappschuss ist es nicht getan, doch was macht nun ein wirklich gutes Wärmebild aus?
Hintergrund – Stand der Dinge
Während der praktischen Übungen in unseren Thermografieschulungen stelle ich immer wieder fest, wie schwer sich manche Teilnehmer tun, Ihre Kamera optimal für die jeweilige Aufgabe einzustellen. Nicht jeder hat einen Hintergrund als Hobbyfotograf – zum Vergleich der Thermografie mit der Fotografie im nächsten Abschnitt mehr – und um ein gutes und aussagekräftiges Wärmebild aufzunehmen, sind sowohl Hintergrundwissen als auch dessen praktische Anwendung wichtig. Somit ist es nicht verwunderlich, dass immer wieder, und vor allem von nicht ausgebildete Thermografen, Berichte mit Wärmebildern produziert werden, die jeder Aussage entbehren oder gar falsche Rückschlüsse untermauern und eigentlich nur für den Papierkorb geeignet sind. Erschreckenderweise finden sich solche Berichte nicht nur in kleinen Firmen, in denen die Thermografie nur eine begleitende „Nice to have“ Funktion erfüllen, sondern auch in großen Betrieben, bei denen diese Berichte Bestandteil zum Beispiel der Prozesskontrolle oder des Unterhaltsprogramms sind. Ich sehe vor allem zwei mögliche Ursachen dafür. Entweder weiß der Anwender nicht, was ein gutes Wärmebild ist und wie er es aufnehmen kann, oder es wird – aus welchen Gründen auch immer – nicht sorgfältig gearbeitet.
Ein gutes Bild
Einer befreundeten Profi-Fotografin habe ich die Frage gestellt, was ihrer Ansicht nach ein gutes Bild kennzeichnet. Sie nannte daraufhin drei Punkte als die Wichtigsten:
- Es muss etwas anrühren, d.h. es muss ungewöhnlich, auffällig, oder besonders sein, das Interesse und je nach Genre auch Gefühle weckt.
- Die Komposition und das Gleichgewicht müssen stimmen, Bildausschnitt und -inhalt müssen ästhetisch zusammenpassen.
- Die Belichtung muss interessant sein, entweder ein Gegenlicht oder schattenwerfendes Seitenlicht, Abendlicht oder angenehm ausgeleuchtet – einfach passend zur Gesamtaussage.
Inwieweit gelten diese Aussagen nun für die Thermografie? Das Motiv soll auch beim Thermografieren interessant sein, oder etwas umformuliert – wir haben Interesse an einem Objekt oder dessen Zustand, der abgebildet werden soll. Emotionen sind eher nicht gefragt –im Wärmebild stehen Fakten im Vordergrund, sofern es sich nicht um Kunstprojekte handelt. Im Arbeitsalltag geht es um die deutliche Darstellung von Wärmemustern und die Möglichkeit der Temperaturmessung.
Auch das Thermogramm muss einen geeigneten Bildausschnitt aufweisen und das Objekt in geeigneter Größe und Position abbilden. Ohne Belichtung ist visuelles Sehen und auch das Fotografieren nicht möglich, da hierbei Reflexionen wahrgenommen werden. In der Thermografie nimmt die Kamera sowohl emittierte als auch reflektierte Strahlung auf. Somit ist das Verhältnis und die Intensität sowohl der vom Objekt abgegebenen und als auch der aus der Umgebung stammenden Infrarotrotstrahlung wichtig. Helligkeit und Kontrast im Bild werden durch Anpassen des gezeigten Temperaturintervalls angepasst.
Auf einige Schlagwörter reduziert lässt sich der Vergleich von Fotografie und Thermografie in einer Tabelle zusammenfassen:
Fotografie | Thermografie |
---|---|
Interessantes Motiv | Das zu untersuchende Objekt |
„Erzählt eine Geschichte“ | „Stellt Fakten dar“ |
Ästhetisch ansprechend | Deutliche Wärmemuster |
Emotional | Sachlich |
Bildausschnitt | Bildausschnitt |
Fokus | Fokus |
Belichtung | Emission und Reflexion |
Helligkeit | Helligkeit |
Kontrast | Kontrast |
Wie in der Fotografie gibt es auch in der Thermografie zahlreiche Möglichkeiten ein aufgenommenes Bild nachzubearbeiten, sofern es als radiometrisches Bild gespeichert wurde. Doch nicht alle Einstellungen sind veränderbar und somit sind auch nicht alle Aufnahmefehler reparabel.
Die drei unveränderlichen Einstellungen – Grundlage für ein gutes Bild
1. Fokus
Ein professionelles Wärmebild ist immer fokussiert und scharf. Das Objekt und das Wärmemuster müssen klar und deutlich zu erkennen sein.
Ein unscharfes Wärmebild wirkt nicht nur unprofessionell und erschwert die Identifizierung des Objekts und der Fehlerstelle, es verursacht zudem Messfehler, die umso gravierender sind, je kleiner das Messobjekt ist. Auch wenn alle anderen Parameter richtig eingestellt sind, werden die Messwerte eines nicht fokussierten Wärmebildes mit hoher Wahrscheinlichkeit falsch sein.
Selbstverständlich spielt auch die Größe der Detektormatrix bei der Bildqualität eine Rolle. Bilder von Kameras mit kleineren Detektoren (d.h. mit weniger Pixeln) sind unschärfer oder „grober“ und es entsteht leicht der Eindruck, sie seien nicht fokussiert. Dabei ist auch zu beachten, dass nicht jede Kamera fokussiert werden kann, und in diesem Fall der Abstand vom Objekt die einzige Fokussiermöglichkeit darstellt.
Lesen Sie auf » Seite 2 über folgende Einstellungen
- 2. Temperaturmessbereich
- 3. Bildausschnitt und Abstand zum Objekt