Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen bieten auch nach einem Zeitraum von über zehn Jahren sowohl im Winter als auch im Sommer hervorragenden und dauerhaften Wärmeschutz. Eine Einschränkung der Gebrauchstauglichkeit kann auch über den langen Zeitraum hinweg nicht nachgewiesen werden. Dies ist das Ergebnis einer Untersuchung im Demonstrationszentrum Bau und Energie des Handwerkkammer Bildungszentrums Münster (HBZ) über das „Langzeitverhalten von Dämmstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen in Bauteilen“. Die Studie wurde über das Förderprogramm „Nachwachsende Rohstoffe“ vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft in Zusammenarbeit mit dem Projektträger Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) gefördert. Bewertet wurden Dämmstoffe aus Flachs, Hanf, Holz (Holzfaserdämmplatten, Holzspäne) und Zellulose (isofloc Zellulosefasern, Zellulosematten).
Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen kommen immer noch relativ selten zum Einsatz. Ein Grund könnte sein, dass sich die Leistungsfähigkeit dieser Dämmstoffe noch nicht ausreichend herumgesprochen und in Ausbildungsplänen Einzug gehalten hat. Um dies zu ändern, hat die Handwerkskammer Münster einen Langzeitversuch gestartet und seit 2004 in ihrem Demonstrationszentrum “Bau und Energie“ das Verhalten unterschiedlicher Wand- und Dachkonstruktionen mit Dämmstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen gemessen und aufgezeichnet. Damit sollte der Nachweis geführt werden, dass die eingesetzten Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen unter Gebrauchsbedingungen auch langfristig voll funktionsfähig bleiben. Mit diesen Erkenntnissen sollte gleichzeitig der Bekanntheitsgrad und die Akzeptanz von Naturbaustoffen gesteigert werden.
Der Versuch
Für den Versuch wurden im Demonstrationszentrum verschiedene, unterschiedlich konstruierte, Gebäude mit vorwiegend natürlichen Baustoffen aus nachwachsenden Rohstoffen erstellt und gedämmt. Dabei wurden folgende Wandaufbauten mit jeweils unterschiedlichen Energiestandards realisiert:
Blockbohlenbauweise mit vorgehängter Dämmkonstruktion. Die Wanddämmung erfolgte an vier unterschiedlichen Stellen alternativ mit Flachs-, Hanffaser oder eingeblasenen losen Holzspänen sowie mit Zellulosedämmung.
Kalksandsteinmauerwerk mit vorgehängter Fassade und einer Dämmung aus Zellulosedämmplatten.
Holzrahmenbau mit Zellulosedämmplatten in der Installationsebene und einer eingeblasenen Zellulosedämmung in der Hauptdämmebene.
Alle Konstruktionen wurden nach außen mit einer hinterlüfteten Fassade aus Holzwerkstofftafeln geschlossen. Als Dämmschutzschicht diente dabei eine Holzweichfaserplatte. Das Dach der Bauten besteht aus einer unbelüfteten Flachdachkonstruktion.
Im Demonstrationszentrum sind insgesamt über 500 Messfühler eingebaut. Über elf Jahre wurden so Daten von Wärmefluss-, Temperatur- und Feuchteverhalten in den Wandaufbauten und Deckenaufbauten aufgezeichnet. Ergänzend wurden klassische Bauteilberechnungen durchgeführt sowie mit dem Simulationsprogramm WUFI („Wärme und Feuchte instationär“) des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik Berechnungen des gekoppelten Wärme- und Feuchtetransports in den Bauteilen vorgenommen und die Ergebnisse mit den realen Messergebnissen abgeglichen.
Neben der Datenerhebung und der Simulierung wurde durch die Experten auch die optische Beschaffenheit der Konstruktion, etwaige Schädigungen des Tragwerks, etwaige Bauteilhüllenbeschädigungen, die Qualität der Dämmstoffe, der Feuchtegehalt der Tragwerkselemente, der Feuchtegehalt der Bauteilhüllen sowie der Feuchtegehalt der Dämmstoffe begutachtet. Gleichzeitig sollten Bauteilöffnungen, die an unterschiedlichen Stellen vorgenommen wurden, Aussagen zum allfälligen Setzungsverhalten sowie zu eventuellen Veränderungen der Dämmungen ermöglichen. Dabei entnommene Materialproben wurden im Labor in einem quantitativen Analyseverfahren auf den Feuchtegehalt sowie auf Schimmelsporen und Bakterien untersucht.
Das Ergebnis
Die im Rahmen der Langzeitmessung gewonnenen Daten ergaben, dass die Wärmeleitfähigkeit der Dämmmaterialien über den Zeitraum von 11 Jahren hinweg nahezu konstant niedrig blieb. Ebenso ergaben die Messergebnisse keinerlei Hinweise darauf, dass sich in den Wand- oder Deckenkonstruktion Kondensat angesammelt hat. Die Messergebnisse wurden durch die Öffnung einzelner Bauteile bestätigt. Auch nach vielen Jahren waren die eingebauten Dämmstoffe in einem Top-Zustand: Sie waren nicht durchfeuchtet, Beschädigungen oder Veränderungen an den Unterkonstruktionen beziehungsweis bei den Dämmschutzschichten oder Dämmstoffen konnten nicht beobachtet werden. Lediglich die Dämmung aus Holzspänen wies eine Setzung auf. Bei Zellulosefasern dagegen war auch nach über einem Jahrzehnt der Nutzung die Leistungsfähigkeit vollständig gegeben. Auch die Laboruntersuchungen ergaben keinen signifikanten mikrobiellen Befall.
Damit belegt die Langzeitstudie, dass bei Baustoffen aus nachwachsenden Rohstoffen auch über einen langen Zeitraum hinweg sowohl die hochwertige Qualität als auch die volle Funktionalität erhalten bleiben.
Die vollständige Studie finden Sie unter: https://www.fnr.de/index.php?id=11150&fkz=22007213