Nach langwierigen und kontroversen Verhandlungen haben sich die Tarifvertragsparteien des Dachdeckerhandwerks Ende Oktober auf einen zukunftsweisenden Tarifkompromiss verständigt. Der Zentralverband des Deutschen Dachdeckerhandwerks (ZVDH) und die IG Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) vereinbarten, dass die Löhne und Gehälter für die rund 100.000 Beschäftigten zum 1. November 2022 um 5,0 % und zum 1. Oktober 2023 um weitere 3,0 % angehoben werden. Die Gesamtlaufzeit der neuen Tarifverträge beträgt 27 Monate. Zusätzlich erhalten die Beschäftigten einen Ausgleich der deutlich gestiegenen Lebenshaltungskosten in Form einer steuer- und sozialabgabenfreien Inflationsprämie in Höhe von 950 Euro, zahlbar in zwei gleichen Raten im Frühjahr 2023 und 2024.
Auch die Auszubildenden im Dachdeckerhandwerk können sich über mehr Geld freuen: Die Ausbildungsvergütung wird für jedes Ausbildungsjahr in zwei Schritten angehoben. So erhalten Auszubildende im 3. Lehrjahr künftig 1.260 Euro, ab Oktober 2023 sind es dann 1.320 Euro. Gewerbliche Arbeitnehmer erhalten zudem zwei Urlaubstage mehr als bisher, denn der Arbeitnehmeranteil an der Winterbeschäftigungsumlage wird künftig ausschließlich durch einen Abzug von 0,8 % des Bruttomonatslohns erbracht.
Ausbildungsbetriebe werden durch eine erweiterte Erstattung einer Monatsvergütung für Auszubildende im 3. Ausbildungsjahr gestärkt. Bisher wurden sieben Monate im 1. Ausbildungsjahr, fünf im 2. Lehrjahr und einer im 3. Jahr erstattet. Nun gilt eine 7-5-2 Regelung. Im Gegenzug übernimmt der Arbeitgeber anfallende Fahrt- und gegebenenfalls Übernachtungs- und Verpflegungskosten für die Gesellenprüfung.
„Kompromiss nicht leicht gefallen“
„Der Kompromiss ist uns nicht leichtgefallen“, erklärt ZVDH-Präsident Dirk Bollwerk, Verhandlungsführer auf Arbeitgeberseite. „Gerade in Zeiten, in denen die wirtschaftlichen Aussichten durch hohe Energiepreise und ständig steigende Materialkosten ungewiss sind, sind Lohnerhöhungen schwer zu vermitteln. Andererseits ist es gerade jetzt besonders wichtig, in unsere Beschäftigten zu investieren, die ebenfalls unter den gestiegenen Kosten leiden. Und als Klimahandwerk wollen wir im Kampf um die Talente auch weiterhin attraktiv sein für die Fachkräfte von morgen. Daher haben wir auch die Vergütung in der Ausbildung angehoben, um hier ein deutliches Signal zu setzen.“
„Ein starkes Signal für das Handwerk“
„In diesen, für beide Seiten unsicheren Zeiten, war es ein hartes Stück Arbeit, einen Tarifkompromiss zu erzielen“, erläutert Carsten Burckhardt, Verhandlungsführer für die IG BAU. „Am Ende ist es aber ein starkes Signal für das Handwerk, das zeigt, dass Tarifpartnerschaft im Sinne der Beschäftigten und der Betriebe gerade im Handwerk funktionieren kann. Die Beschäftigten können, vor dem Hintergrund steigender Lebenshaltungskosten, wieder optimistischer in die Zukunft schauen und dem Dachdeckerhandwerk die Treue halten.“ Die Tarif- und Sozialpartner wollen im Dachdeckerhandwerk in den nächsten Wochen Vorhaben erarbeiten, die die Attraktivität der Ausbildung und den Verbleib in der Branche erhöhen sollen. Dazu zählen die Förderung von lernschwachen Auszubildenden, Angebote für die digitale Berufsbildung, die kontinuierliche Qualifizierung von Ausbildern und Ausbilderinnen, ein Starter-Kit für neue Auszubildende und anderes mehr. „Auch diese Übereinkunft freut mich wirklich sehr, endlich gehen wir gezielt gegen den Fachkräftemangel vor“.
Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick
Anhebung der Löhne und Gehälter um
5,0 % ab dem 01.11.2022
3,0 % zum 01.10.2023
Gesamtlaufzeit bis zum 30.09.2024
Prämienzahlung in zwei Tranchen
Steuer- und sozialversicherungsfreie „Inflationsprämie“, geltend für alle gewerblichen und kaufmännisch-technischen Arbeitnehmer (außer Mini-Jobber), Teilzeitbeschäftigte erhalten eine anteilige Zahlung; Azubis erhalten 35 %.
475 Euro mit der Lohnabrechnung für Februar 2023
475 Euro mit der Lohnabrechnung für Februar 2024
Mehr Geld für Azubis
- Ausbildungsjahr
ab 01.10.2022: 820 Euro
ab 01.10.2023: 860 Euro
2. Ausbildungsjahr
ab 01.10.2022: 990 Euro
ab 01.10.2023: 1.040 Euro
3. Ausbildungsjahr
ab 01.10.2022: 1.260 Euro
ab 01.10.2023: 1.320 Euro
Finanzierung Winterbeschäftigungsumlage
Zwei Urlaubstage mehr im Jahr für alle, die bisher Urlaub eingebracht haben, da der Arbeitnehmeranteil an der Finanzierung der Winterbeschäftigungsumlage künftig ausschließlich durch Abzug vom Lohn in Höhe von 0,8 % erfolgt
Die Winterbeschäftigungsumlage ist ein monatlich zu leistender Beitrag von Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Er dient dazu, ergänzende Leistungen des Saison-Kurzarbeitergeldes (früher: Schlechtwettergeld) zu finanzieren.