Entsorgungsprobleme kann man sich sparen
Polystyrol ist als Dachdämmstoff nützlich, kann aber als Bauabfall ein Problem darstellen. Mit der Novelle der Abfallverzeichnisverordnung ist seit Oktober 2016 ein logistisches Problem hinzugekommen: Nur Abfallverbrennungsanlagen mit einer speziellen Genehmigung dürfen Styroporabfälle, die das Flammschutzmittel HBCD enthalten, noch entsorgen. Mit einer Abdichtung aus einer schwarzen, diffusionsfähigen Kunststoff-Dachbahn, lässt sich das Problem meistens lösen. Häufig können vorhandene Dachschichtenpakete so erhalten bleiben und selbst stark durchfeuchtete Dämmschichten austrocknen.
Reach-Verordnung und die Folgen
Seit Juli 2009 gilt in Europa die Reach-Verordnung (Registration – Evaluation – Authorisation – Restriction of Chemicals), die den Umgang mit chemischen Stoffen aller Art regelt. Eine Folge war, dass HBCD (Hexabromcyclododecan) 2014 weltweit verboten wurde. Bis dahin waren Polystyrol- Dämmstoffe in Deutschland in der Regel mit HBCD als Flammschutzmittel ausgerüstet. Seit 2015 ist HBCD durch das unproblematische Polymer-FR ersetzt. Ab Oktober 2016 gelten alle Stoffe mit mehr als 0,1 Prozent HBCD als gefährlicher Abfall. Das trifft praktisch auf alle Polystyroldämmungen zu, die bei Sanierungen als Abfall anfallen (EPS-Dämmstoffe 0,7 Prozent, XPS-Dämmstoffe 1,5 Prozent HBCD). Der muss von anderen Abfallstoffen getrennt und gesondert in entsprechend genehmigten Verbrennungsanlagen entsorgt werden. Davon stehen aber zurzeit in Deutschland nur acht zur Verfügung, wodurch lange Transportwege entstehen. Damit steht die Bau-, Entsorgungsund Transportwirtschaft vor einem Entsorgungsstau – der Notstand ist programmiert, höhere Kosten auch.
Die Kosten kann man sich häufig sparen. Denn bei Flachdachsanierungen lässt sich das Dach in vielen Fällen auch unter Beibehaltung des alten Dachschichtenpakets nachhaltig sanieren, ohne dass Abriss- und enorme Entsorgungskosten entstehen. Flachdachsanierungen sind in der Regel notwendig, wenn die Abdichtungslage eines Flachdachs undicht geworden ist. Dann sammelt sich vielfach in der Wärmedämmschicht Feuchtigkeit an, wodurch die Dämmung einen oftmals nur geringen Teil ihrer Wirkung einbüßt. Um die fachgerechte Funktion des Dachschichtenpakets wiederherzustellen, ist also eine Sanierung unausweichlich, bei der die ursprüngliche Wärmedämm- und natürlich die Abdichtungsfunktion wiederhergestellt werden. Viele Planer und Ausführende neigen bei durchfeuchteter Dämmschicht zu Tabula-rasa-Lösungen, wobei sie die durchfeuchteten Schichten abtragen und komplett ersetzen. Stattdessen sollte der erste Schritt sein zu prüfen, ob das Dach für eine Sanierung unter Beibehaltung des vorhandenen Dachschichtenpakets infrage kommt.
Tragfähigkeit prüfen
Die Voraussetzungen: Die Unterkonstruktion muss in Ordnung sein, die Statik muss für die Gesamtkonstruktion ausreichen, die alten Dachschichten müssen ausreichend lage- und windsogsicher mit dem Untergrund verbunden sein. Hier ist allerdings auch eine Nachbefestigung des Altschichtenpaketes möglich. Wenn die Voraussetzungen für den Erhalt des Altschichtenpakets gegeben sind, ist vor dem Verlegen der Dämm- und Abdichtungslage der Untergrund je nach vorhandener Abdichtung vorzubereiten. Etwaige Unebenheiten wie Wellen oder Blasen in der Altabdichtung sind zu egalisieren. Besonders bei hoch dampfbremsenden Abdichtungsschichten, wie beispielsweise Bitumenbahnen, ist es sinnvoll diese in definierten Abständen zu perforieren, um den späteren Austrocknungsprozess für die durchfeuchtete Altdämmschicht zu ermöglichen. Darauf wird dann die neue Dämmschicht mit einem PU-Klebstoff verklebt.
Dämmschichtdicke optimieren
Im Normalfall entspricht die alte Dämmschichtdicke nicht mehr den aktuellen Anforderungen der Energieeinsparverordnung (EnEV) an die Wärmedämmung. Das Dach ist also im Zuge der Sanierung energetisch aufzurüsten. Da die bestehende Dämmschicht selbst in durchfeuchtetem Zustand nur einen Teil ihrer Dämmwirkung verliert, kann für die Austrocknungsphase ein Teil und nach der Austrocknung die volle Dämmleistung mit in die Bewertung einbezogen werden. Das heißt die neu aufzubringende Zusatzdämmung kann dünner und damit kostengünstiger ausfallen. Oder aber die neue Dämmschicht entspricht der EnEV, und man nutzt die Regeneration der alten Dämmschicht, mit stetig steigendem und besserem Wärmewiderstandswert. Damit werden langfristig sogar die Anforderungen der EnEV übertroffen, die Umwelt geschont und sogar noch Energiekosten eingespart.
Abdichtungslage diffusionsfähig und wärmeabsorbierend
Der entscheidende Faktor für die Austrocknung liegt in der Abdichtungslage. Hier ist es nicht beliebig, welche Abdichtung zum Einsatz kommt. Zum einen ist es ökologisch und ökonomisch vernünftig, eine nachhaltige Hochwertabdichtung einzubauen, dank derer sich die höhere Sanierungsinvestition über einen langen Zeitraum rechnet. Zum anderen können nur Abdichtungen zum Einsatz kommen, die in der Lage sind, das Schichtenpaket stark zu erwärmen und die für den entstehenden erhöhten Wasserdampfdruck keine Sperrschicht bilden. Nur diese Kombination von Eigenschaften ist in der Lage, innerhalb eines überschaubaren Zeitraums die Austrocknung durchfeuchteter Dachschichten zu ermöglichen.
Austrocknung nach der Sanierung
Eine Untersuchung des Austrocknungsverhaltens von feuchtigkeitsgeschädigten Dämm- und Abdichtungsschichten einschaliger Flachdächer durch das Fraunhofer- Institut für Bauphysik – mit Langzeitpraxistests verschiedener Abdichtungslagen im Freigelände des Instituts in Holzkirchen – erbrachte klare Antworten. Abdichtungen, die gleichzeitig gegen Niederschlagsfeuchtigkeit von oben schützen und dennoch die Feuchtigkeit von unten entweichen lassen, müssen zwei Voraussetzungen erfüllen: erstens eine hohe Dampfdiffusionsfähigkeit, also eine geringe Sperrwirkung gegenüber Wasserdampf. Zweitens eine Oberfläche, die sich bei Sonneneinstrahlung dank ihrer schwarzen Farbe mit guter Wärmeabsorption aufheizt und so für eine Erwärmung im durchfeuchteten Dachaufbau sorgt. Damit erhöht sich der Dampfdruck im Inneren, und es entsteht ein Dampfdruckgefälle zur Außenseite. Die Kombination von Diffusionsfähigkeit kombiniert mit schwarzer Farbe und Erhöhung des Dampfdrucks im Inneren des Schichtenpaketes ermöglicht zeitlich und volumenmäßig sinnvolle Trocknungs- beziehungsweise Diffusionsvorgänge.