Im Wuppertaler Osten blühen an der Hausfassade eines achtstöckigen Hochhauses auf blauem, leuchtendem Grund überdimensional große Sonnenblumen, die von ebenso riesigen Bienen und Schmetterlingen heimgesucht werden. Die Idee stammt von Eigentümerin Julia Schmidt, die die Fassade des renovierungsbedürftigen Gebäudes nicht nur einfach streichen lassen wollte. Das Gebäude sollte zukünftig ein markanter Blickfang sein.
| Ein nötiger Schritt
Schon nachdem das Hochhaus Ende der 1960er-Jahre erbaut war, galt es viele Jahre als der Wegweiser in der Stadt, denn es war mit blau-violett lasierten Klinkern verkleidet. „Am blauen Haus musst du rechts abbiegen“, das wäre oft zu hören gewesen, erzählt man sich heute. In den 1980er-Jahren bekam das Wohnhaus eine Dämmung und einen beige-greige farbenen Anstrich. Nur die farbigen Balkone setzten Akzente an der Fassade. Bedingt durch die exponierte Lage an der vielbefahrenen Hauptstraße hinterließen Wetter- und Umwelteinflüssen ihre Spuren an der Fassade. Ein Wasserschaden an der Rückseite des Gebäudes, der auch dazu führte, dass sich die Plattenstöße abbildeten, war der endgültige Auslöser für Julia Schmidt, der Fassade ein Fresh Up zu verpassen.
| Ein Künstler aus Baden
In einer Fachzeitschrift ließ sich die Eigentümerin, die gleichzeitig Geschäftsführerin des in unmittelbarer Nachbarschaft gelegenen Farbengroßhandels Weicken & Schmidt ist, von einem Beitrag über ein 18-stöckiges
Hochhaus in Langen inspirieren. Dieses Gebäude hatte der Künstler Ulrich Allgaier über die komplette Fassadenfläche mit einem stilisierten blauen Himmel und einer Landschaft verschönert. „Nachdem ich den Artikel gelesen hatte, dachte ich, das könnte auch eine Lösung für mein Objekt sein.“ Sie kontaktierte den auf exklusive Wandmalerei und Fassadenmalerei spezialisierten und europaweit tätigen Künstler Ulrich Allgaier aus dem badischen Krautheim–Neunstetten.
Weil Julia Schmidt klar war, dass die Fassade markant sein sollte, machte Allgaier den Vorschlag, doch wieder zu einer blauen Gestaltung zurückzukehren. Allerdings sollte der Farbton wesentlich leuchtender werden.
„Normalerweise würde ich kein Haus blau streichen. Für mich müssen Häuser immer erdfarbig sein, um ihnen eine gewisse Wertigkeit und Standfestigkeit zu verleihen“, erklärt Allgaier und fährt fort, dass dieses Hochhaus jedoch durch seine blaue Farbe eine gewisse Leichtigkeit bekomme und es sich wunderbar mit dem Himmel verbinde.
| Mit mineralischen Produkten
Dort, wo der Wasserschaden seine Spuren hinterlassen hatte, brachte der Malerbetrieb Küster eine mineralische Dämmung mit Platten aus Mineralwolle von Keimfarben an. Es folgte der Keim Brillantputz. Die komplette Fassadenfläche von 3900 Quadratmeter strichen die Handwerker zunächst mit Keim Soldalit-Grob als Grundanstrich. Als Schlussbeschichtung und als Farbe für die Bemalung mit Sonnenblumen entschieden sich die Verantwortlichen für Soldalit-ME. „Das Tolle an den mineralischen Farben ist, dass sie eine ganz eigene Farbbrillanz haben“, erklärt Ulrich Allgaier. „Dadurch, dass die Pigmente nicht in Kunststoff eingebunden sind, kann das Licht ganz frei auf sie treffen und so haben die Farben eine faszinierende Leuchtkraft. Vor allem bei den Blautönen wirkt das beeindruckend. Das Wichtigste für mich ist jedoch die Farbtonbeständigkeit der Farben. Wenn ich schon so einen großen Aufwand betreibe, um eine Fassade zu gestalten, soll sie auch viele Jahre ihre Schönheit und ihre Wirksamkeit behalten.“
| Der Umwelt zuliebe
Das Produkt Soldalit-ME sorgt nicht nur für eine langfristig saubere, farbstabile Fassade, sondern zusätzlich für eine Portion gute Luft. Denn in der Farbe sind ausgewählte Photokatalysatoren in eine stabile, anorganische
Bindemittelmatrix eingebunden, sodass der Anstrich des Objekts an der Hauptverkehrsstraße in Wuppertal eine schadstoffreduzierende Funktion hat. Zusätzlich zur Luftverbesserung schützt der photokatalytische Effekt der Fassadenbeschichtung vor vorzeitigem Bewuchs, denn Schmutzpartikel als Nährstoffe für Mikroorganismen werden sofort unterspült und abgewaschen. Die ohnehin sehr gute Schmutzresistenz der silikatischen Oberfläche wird dadurch noch zusätzlich unterstützt.
| Mit viel Leidenschaft
Ulrich Allgaier und sein Team waren mit acht Leuten insgesamt 37 Tage in drei Einsätzen damit beschäftigt, die Fassade des Hochhauses in ein Kunstwerk zu verwandeln. Dabei haben sie 450 Kilogramm Farbe verbraucht. Um derart große Blumen an einer Fassade zu realisieren, bedarf es einer besonders genauen Planung des Entwurfs. „Denn dort wird festgelegt, was wo gemalt wird“, erklärt der Künstler. „Diesen Entwurf übertragen wir dann später mit einem Raster auf die Wand.“ Und was war die größte Herausforderung für den Künstler? „Man muss den Dingen auf den Grund gehen: Der Innenbereich der Sonnenblumen war am schwierigsten umzusetzen, denn dieser ist nach der Fibonacci-Reihe aufgebaut. Das heißt, jede Sonnenblume hat in diesem Bereich 34 linksdrehende Spiralen und 55 rechtsdrehende Spiralarme“, erklärt Allgaier. „Man kann die Körner nicht einfach so malen, es muss mathematisch und geometrisch stimmen, die Korngröße muss immer die gleiche bleiben, sonst funktioniert das nicht. Die äußeren Blätter der Sonnenblume sind Deko, gleichzeitig hat jedes Korn noch eine einzelne kleine Blüte innen.“
Zusätzlich komplettieren Bienen, Hummeln und Schmetterlinge die leuchtenden Blumen. „Damit auch die unmittelbaren Passanten etwas Schönes anzuschauen haben“, so der Künstler, „habe ich an den beiden Hauseingängen Sonnenblumenfelder in Originalgröße und an Schaufenstern eines ehemaligen Einzelhandels fiktive Landschaften abgebildet.“
Dr. Alexandra Nyseth