Immobilienverwalter und Facility Manager haben oftmals eine andere Sichtweise auf den Schutz vor Schimmel als Bauherren oder Investoren. Im Streitfall hilft ein Lüftungskonzept, das sowohl die Lage als auch die baulichen Rahmenbedingungen und die geplante Nutzung berücksichtigt. Tüv Süd empfiehlt, ein solches Lüftungskonzept in einer Baubeschreibung zu vereinbaren, die den zu erwartenden Standard festschreibt und eine auch für Laien verständliche vertragliche Grundlage bildet. Auf dieser Basis wird das Lüftungskonzept belastbar und rechtssicher.
Wenn es in Untergeschossen muffig riecht oder sich Schimmel bildet, liegt das meist an einer mangelhaften Abstimmung der baulichen Ausführung an die gewünschte Nutzung. Die Belüftung eines Kellers ist keine Lappalie, schon gar nicht, wenn der Keller als Aufbewahrungsort für empfindliches Lagergut dienen soll. Allerdings kann je nach Nutzung auch auf eine Belüftung verzichtet werden.
Die in der Regel niedrige Temperatur eines Kellerraumes prädestiniert ihn als Lagermöglichkeit. Kalte Luft benötigt allerdings einen geplanten Austausch, wenn der Raum nicht zu kalt oder zu feucht werden und damit Lagergut oder die Bauteile gefährden soll. Welche Maßnahmen eine effiziente Lüftung sicherstellen, die Feuchtigkeit, Schimmel und muffigen Gerüchen entgegenwirkt, hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab. Im Neubau sind die bauphysikalischen Rahmenbedingungen auf die vorgesehene Nutzung des Untergeschosses beziehungsweise das Lagergut abzustimmen. Das Nutzungsverhalten beeinflusst auch die Lagerfähigkeit und ist deshalb ein wichtiger Bestandteil des Lüftungskonzepts. Entsprechend muss das Konzept bei einer Umnutzung der Räume angepasst werden, wenn es seine Verbindlichkeit behalten soll. Bauliche Maßnahmen richten sich auch nach branchenüblichen Verfahren und regionalen Standards.
Bauphysikalische Gegebenheiten, die das Lüftungskonzept beeinflussen
Die baulichen Gegebenheiten, etwa die Gründungstiefe (handelt es sich um ein erstes oder zweites Untergeschoss), eine vorhandene oder nicht vorhandene Überbauung, die Nähe zum Grundwasser oder zu wärmeren Technikräumen bestimmen die Raumtemperatur eines Kellers maßgeblich. Sind die Räume im Winter wärmer als die Außenluft, ist die tatsächliche Temperatur wenig kritisch, weil das Erwärmen der Außenluft die relative Luftfeuchte im Keller nicht ansteigen lässt. Das ist im Sommer anders: Die wärmere Außenluft kühlt in den Kellerräumen ab, die Luftfeuchte steigt und es kann sich Kondenswasser an den Wänden bilden. Aus diesem Grund ist der Sommer für Planung der Lüftungsmaßnahmen maßgeblich. Auch in der Übergangszeit kann die Luftfeuchte ungünstig stark ansteigen.
Ob eine Dämmung erforderlich ist oder nicht, hängt von der Bauteilbeschaffenheit ab, beziehungsweise davon, wie schimmelanfällig die Oberflächen sind. Hinzu kommen die angestrebte Nutzung des Kellers, die Art des Lagergutes sowie die geplanten Lüftungsmaßnahmen. Die Luftwechselrate muss immer zu den aktuellen Gegebenheiten vor Ort passen, damit Bauteile und gelagerte Güter vor Feuchte geschützt sind.
Empfehlungen kritisch betrachten
Während für den Bau zahlreiche Vorgaben vorliegen, fehlt es an einem allgemeinen normativen Rahmen für eine ausreichende, den Anforderungen entsprechende Lüftung von Untergeschossen. Sowohl die Lüftungsnorm DIN 1946-6 von 2019 als auch das DBV-Merkblatt „Hochwertige Nutzung von Untergeschossen – Bauphysik und Raumklima“ enthalten lediglich Empfehlungen und sind hinsichtlich ihrer Wirksamkeit und Effizienz kritisch zu hinterfragen.
Die DIN 1946-6 (Anhang F) schlägt die Einteilung in drei unterschiedliche Verwendungsgruppen vor: Zur Gruppe 1 gehören Räume in Untergeschossen, die für den Aufenthalt bestimmt sind. In Gruppe 2 befinden sich selten verwendete und in Gruppe 3 nahezu nicht genutzte Kellerräume. Darauf angepasst werden entsprechende Austauschraten für den Luftwechsel vorgeschlagen. Für Mehrparteienhäuser reicht das aber bei weitem nicht aus. Denn Lüftungskonzepte, die hierfür erstellt werden, brauchen wesentlich mehr planerische und auslegungstechnische Hintergrundinformationen, um einen auf die tatsächlichen Gegebenheiten angepassten klimatischen Feuchteschutz sicherzustellen. Die Empfehlungen der Lüftungsnorm beziehen sich lediglich auf die im Vergleich unkritischere Situation im Winter und nicht auf den für die Luftfeuchte relevanteren Sommerfall. Den Luftvolumenstrom analog zu Wohnungen auszulegen, ist zusätzlich irreführend, weil in den meisten Kellern die Wärmedämmung völlig anders ist als in Wohnräumen. Die Häufigkeit der Nutzung schließlich gibt keinen Aufschluss über die Art der Nutzung und die tatsächliche Feuchtelast.
Das DBV-Merkblatt nimmt eine etwas differenziertere Einteilung vor. Es beschreibt drei Gruppen der Verwendungsklasse A für Kellerräume wie folgt:
- Gruppe A: Räume für nicht kritisches Lagergut wie Lebensmittelkonserven und Gegenstände, die nicht empfindlich sind gegenüber Feuchtigkeit und Schimmelbefall; Wintertemperatur > 5 °C, nicht einstellbare relativeLuftfeuchtigkeit von 30 bis 80 %.
- Gruppe A*: Wintertemperatur > 5 bis 15 °C, eingeschränkt regelbare relative Luftfeuchtigkeit zwischen 40 und 65 %.
- Gruppe A**: Räume für Lagergut, das empfindlich ist gegenüber Feuchtigkeit und Schimmelbefall; Wintertemperatur > 5 bis 20 °C, regelbare relative Luftfeuchte kleiner 65 %.
Das Merkblatt lässt allerdings den Einfluss, den die Temperatur des Erdreichs hat, außer Acht. Dabei spielt die Gründungstiefe eine große Rolle. Auch ist die zugrunde gelegte Luftwechselrate von 1 rv/ 8 h-1 für eine natürliche Lüftung unrealistisch. Ein so hoher Luftvolumenstrom kann sogar kontraproduktiv sein.
Für sich betrachtet sind beide Empfehlungen als Grundlage für ein belastbares Lüftungskonzept deshalb unzureichend. Sie können sogar zu überdimensionierten und damit unwirtschaftlichen Belüftungsmaßnahmen führen oder lassen wichtige Fragen im Streitfall unbeantwortet. TÜV SÜD empfiehlt, bei der Erstellung eines Lüftungskonzeptes immer sowohl die individuellen bauphysikalischen Gegebenheiten als auch die geplante Nutzung der Kellerräume einzubeziehen. Auch das manuelle Lüften über Fenster oder allein durch Türbewegungen können Teil eines effizienten Lüftungskonzeptes sein. Das Lüftungskonzept legt dann die übliche, bestimmungsgemäße Nutzung, mögliche Lagerungen und händische Maßnahmen, wie Fensterlüften, auf zumutbare Weise vertraglich fest. Es beinhaltet auch notwendige bauliche und lüftungstechnische Maßnahmen. Sowohl das Lüftungskonzept als auch die Baubeschreibung sollten eindeutig und für Laien verständlich formuliert sein und von vornherein möglichst viele potenziell strittige Punkte ansprechen.
Fallbeispiel: Bauphysikalische Ursachen für erhöhte Luftfeuchte
Im ungedämmten Keller eines 1998 gebauten Mehrfamilienhauses trat im 2. Untergeschoss eine erhöhte relative Luftfeuchte von regelmäßig über 80 % auf. Dies hatte zu Schäden, vorwiegend an gelagerten Kleidungsstücken, geführt. Die Eigentümergemeinschaft beauftragte TÜV SÜD damit, herauszufinden, ob als Ursache hierfür die Waschkeller oder in einem Kellerabteil aufgestellte Feuchtequellen infrage kämen. Bei ständig geschlossenen Kellertüren erfolgte die Lüftung ganzjährig über Kippfenster in den Waschkellern und geöffnete Fensterflügel in den als Lagerräumen genutzten Kellerabteilen.
Mithilfe einer Infrarotkamera wurde ein Temperaturprofil erstellt, das die Lage der Räume (2. Untergeschoss unter einer Tiefgarage) als wesentlichen Faktor der relativen Luftfeuchte identifizierte. Die bauliche Situation ergab die Verwendungsgruppe A°; damit war der Keller nicht für die Lagerung von Kleidung geeignet, beziehungsweise erfolgte diese auf eigenes Risiko. Die Empfehlung von TÜV SÜD: eine mittels Sensorik überwachte und regelbare Lüftungsanlage, die einer in den Sommermonaten anfallenden hohen Luftfeuchtigkeit entgegenwirkt; darüber hinaus der phasenweise Einsatz von Entfeuchtern für die Raumluft. Ziel dieser Empfehlungen war, die relative Feuchte der Luft in den Monaten des Sommers zu begrenzen und so eine bessere Verwendbarkeit der einzelnen Kellerräume zu erreichen.
Dipl.-Ing. Martin Wenning, M.BP. Dipl.-Ing. (FH) Manuel Demel, Dipl.-Ing. Martin Beike, TÜV SÜD Industrie Service
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