Die Europäische Kommission hat Mitte Dezember ihre neue Gebäuderichtlinie vorgelegt. Die Kommission will mit der Richtlinie den Klimaschutz bei Gebäuden beschleunigen und schlägt dafür vor allem Mindesteffizienzstandards vor. Bis spätestens 2030 soll kein Gebäude mehr der schlechtesten Effizienzklasse G angehören. In diese Klasse wiederum will die Kommission 15 Prozent des Gebäudebestandes eingruppieren, das entspricht in Deutschland 3 Millionen Gebäuden. So entsteht die schon in der EU-Renovierungswelle geforderte Sanierungsrate von 2 Prozent. Da bis 2033 zudem kein Gebäude mehr der Klasse F angehören soll, entsteht zusammengerechnet sogar eine Sanierungsrate von 3 Prozent.
„Eine faktische Sofort-Verdoppelung der Sanierungsrate ist unter den aktuellen Bedingungen von knappen Handwerkskapazitäten sowie angesichts Materialmangel und -verteuerung absolut realitätsfern. Klimaschutz und bezahlbares Wohnen miteinander verbinden – das hat sich die Europäische Kommission mit ihrer großen Initiative Fit for 55 eigentlich vorgenommen. Diesem Ziel wird der Entwurf der neuen Gebäuderichtlinie noch nicht gerecht“, sagt Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW.
Ein entscheidendes Manko der Richtlinie ist, dass in den Berechnungen und vorgeschlagenen Maßnahmen lediglich Einzelgebäude im Fokus stehen. „Der Blick fürs Ganze fehlt. Um für den Klimaschutz schnell und bezahlbar echte Erfolge zu erzielen, muss das ganze Wohnquartier und nicht nur das einzelne Gebäude in die Maßnahmen mit einbezogen werden können“, sagt Gedaschko. Alternative Quartiers- und Flottenlösungen kommen aber im Entwurf nicht vor, obwohl sie erfahrungsgemäß schnellere und kostengünstigere Treibhausgasminderungen bewirken. Im Gegensatz zur EU-Richtlinie sehen der Koalitionsvertrag der neuen Regierung in Deutschland und die neuesten Beschlüsse der Bauministerkonferenz Quartiersansätze vor.
Das Fehlen der Quartiersansätze in der Richtlinie ist besonders bedauerlich, weil gleichzeitig in dem Entwurf endlich die Verminderung der Treibhausgasemissionen als eigentliches Ziel des Klimaschutzes angegangen wird – mit sogenannten Nullemissionsgebäuden. Der reine Gebäudebezug ist aber nicht ausreichend, es braucht auch alternativ einen Quartiers- oder Flottenansatz.
Einer notwendigen kurzfristigen Verdoppelung der Sanierungsrate infolge der Richtlinie und später weiteren Erhöhungen stehen zudem jetzt schon sehr knappe Handwerkskapazitäten im Weg. Wenn die Sanierungsrate allerdings nicht schnell erhöht werden kann, entsteht hier in wenigen Jahren ein echter Sanierungsstau. Der zunehmende Nachfragedruck wird die Preise weiter hochtreiben. Die Wohnungsunternehmen werden bei den notwendigen Investitionen dann unter starken Druck geraten, da neben der Modernisierung der Gebäude mit dem höchsten Energieverbrauch der Klassen G und E kaum noch Mittel für den Wohnungsbestand und -neubau da sein werden.
„Für eine wirtschaftliche und sozialverträgliche Energiewende beim Wohnen gilt: Es muss gefördert werden, was gefordert wird. Wenn man Mindesteffizienzstandards einführt, muss es deshalb gleichzeitig einen Rechtsanspruch auf Förderung geben“, sagt Gedaschko. Eigentümern, die kein Eigenkapital besitzen, muss der Staat zudem eine Lösung anbieten, damit sie sanieren können, ohne ihr Eigentum zu verlieren.