Bedarf von rund 3,6 Millionen altersgerechten Wohnungen in 2030
Der demografische Wandel verändert unser Land. Im Jahr 2035 wird Deutschland eine der ältesten Bevölkerungen der Welt haben. Knapp die Hälfte der Menschen wird dann 50 Jahre und älter, jeder dritte Mensch älter als 60 Jahre sein. Alt werden bei guter Gesundheit und guter Verfassung wünscht sich zwar jeder, doch Prognosen sagen dass sich die Zahl der unterstützungs- und pflegebedürftigen Menschen bis zum Jahr 2030 verdoppelt. Der Trend wird begleitet von der Tatsache, dass die Anzahl der Familien und Angehörigen, die Pflegeleistungen übernehmen, zurückgeht.
Abgesehen davon, dass es nicht dem Wunsch älterer Menschen entspricht, in stationäre Pflegeeinrichtungen zu gehen, wäre dieses auch finanziell nicht tragbar. Deshalb gilt es, gemeinsam mit lokalen Akteuren integrierte Wohn- und Pflegekonzepte im Quartier umzusetzen. Allerdings sind nicht nur bauliche Anpassungen von Wohnungen und Wohngebäuden notwendig, sondern umfassende Maßnahmen, die das gesamte Wohnumfeld betreffen. Dazu zählen die Anpassung der wohnortnahen Infrastruktur, Nahversorgung und Mobilität sowie die Bereitstellung ambulanter Serviceleistungen im Gesundheits- und Pflegebereich und Beratungsmöglichkeiten zu Förderung und Umbau von Wohnungen. Laut einer Berechnung des Instituts Prognos (2014) gibt es rund 700.000 altersgerechte Wohneinheiten. Für das Jahr 2030 ist mit einem Bedarf von zirka 3,6 Millionen altersgerechten Wohnungen zu rechnen.
Somit öffnen sich für die Kommunen und Wohnungsunternehmen folgende Handlungsfelder:
- Bereitstellung eines angepassten Wohnungsangebots
- Wohnberatung
- Aufbau von lokalen Beratungsnetzwerken für Fachkräfte und Hauseigentümer
- Angebot modularer Serviceleistungen
- Einrichtung eines Sozialmanagements im Wohnungsunternehmen
- Kernkompetenzen klug miteinander verknüpfen
- Finanzierungsmöglichkeiten miteinander verbinden
- Mit Anschubfinanzierung kleinerer Programme Hebelwirkung erzielen
Wohnraumförderung der Länder
Die Länder verfügen über vielfältige Förderinstrumente, um altersgerechtes Bauen und Modernisieren zu erleichtern. Die übliche Förderart sind zinsgünstige Darlehen oder kleine Anschubfinanzierungen. Dabei gibt es verschiedene Arten der Förderung:
- Zielgruppenspezifische Förderung für behinderte Menschen, aber auch Senioren
- Maßnahmenspezifische Förderungen für Neubauten, die behindertengerecht oder barrierefrei gestaltet werden
Eine einkommensunabhängige Förderung spielt nur eine untergeordnete Rolle, das heißt Personen mit höherem Einkommen haben kaum Möglichkeiten, länderspezifische Wohnraumfördermittel für die altersgerechte Umgestaltung zu erhalten. Eine Ausnahme bilden derzeit die Länder Nordrhein-Westfalen (Förderung von investiven Maßnahmen im Bestand) und das Saarland (Wohnraumförderungsprogramm), um im Hinblick auf die Zunahme älterer Menschen das barrierefreie Angebot insgesamt zu erhöhen (Quelle: BVBS, Wohnen im Alter, Heft 147, 2011).
Pflegeversicherung
Vorausgesetzt, eine Pflegestufe liegt vor, so wurde ab 2015 der Betrag von 2557 auf 4000 Euro angehoben. Für eine Pflege-Wohngemeinschaft von vorher 10.000 nun auf 16.000 Euro.
Zuschuss
Auch wird vom Bund ein Zuschuss von 5000 Euro wieder eingeführt, der unabhängig einer Pflegestufe für barrierereduzierte Maßnahmen Verwendung findet.
KfW-Förderung
Die KfW-Bank bietet Darlehen aus dem Programm „Wohnraum modernisieren – altersgerecht umbauen“ an. Pro Wohneinheit können für altersgerechte Umbaumaßnahmen bis zu 50.000 Euro Darlehen mit einem um durchschnittlich 2 Prozent gegenüber dem Marktzins abgesenkten Zinssatz über zehn Jahre in Anspruch genommen werden (zurzeit 1 Prozent).
Die Förderung wird unabhängig vom Alter des Kreditnehmers angeboten. Es ist zu begrüßen, dass dieses Programm wieder mit einer Bundesförderung versehen wird.
Städtebauförderung
Das Programm „Soziale Stadt – Investition im Quartier“ bietet Unterstützung in benachteiligten Stadtgebieten. Es kann zwar nicht sämtliche Maßnahmen der altersgerechten Quartiersentwicklung finanzieren, sinnvoll wäre es aber, mit Maßnahmen zur altersgerechten Quartiersentwicklung in den ausgeschriebenen Gebietskulissen anzuknüpfen.
Anlaufstelle für ältere Menschen
Das Bundesprogramm „Anlaufstelle für ältere Menschen“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend kann durch kleinere Anschubfinanzierungen zur Vernetzung von Akteuren und zur gemeinsamen Konzeptentwicklung bereits als investitionsvorbereitende Maßnahme dienen, die eine größere Hebelwirkung entfalten kann.
Bündelung von Finanzierungen
Mit vorhandenen Interessenlagen und Mitteln können in der Kombination deutlich mehr Kostenvorteile, aber auch eine bessere Qualität im Wohnumfeld älterer Menschen erreicht werden.
Ein möglicher Ansatz, unterschiedliche Finanzierungsquellen zu bündeln und eine finanzielle Hebelwirkung zu erzielen, besteht über Quartiersfondsmodelle, aus denen gemeinsam einzelne Projekte oder Maßnahmen finanziert werden. Diese können zweckgebunden für das Thema Wohnen im Alter eingerichtet werden oder offen für weitere Themen der Quartiersentwicklung.
Mit Quartiersfonds und Stadtteilfonds gibt es in Deutschland bereits seit einigen Jahren erste Erfahrungen. Das Instrument der Verfügungsfonds ist zudem seit 2010 in allen Programmen der Städtebauförderung bis zu 50 Prozent förderfähig.
Diese Fonds haben die Zielstellung, privates Engagement zu aktivieren, die Kooperation unterschiedlicher Akteure in den Stadt- und Ortsteilzentren zu stärken und einen flexiblen Einsatz von Mitteln der Städtebauförderung zu gewährleisten, aber auch um privates Kapital einzubinden. Mit öffentlichen Mitteln können nichtinvestive Maßnahmen umgesetzt, mit dem privaten Anteil auch investive Maßnahmen im Quartier durchgeführt werden. Grundlage hierfür ist ein integriertes Quartiersentwicklungsprojekt im ausgewiesenen Fördergebiet.
Der Ansatz der Verfügungsfonds über Städtebauförderprogramme ist jedoch auf die ausgewiesene Gebietskulisse begrenzt. Es wäre daher sinnvoll, die wertvollen Erfahrungen aus den Fondsansätzen auf nicht ausgewiesene Gebiete oder themenspezifisch für Maßnahmen zur altersgerechten Quartiersentwicklung zu erweitern.
Mögliche Beteiligte am Quartiersfonds
Ähnlich wie bei Verfügungsfonds ist die Einbindung aller Akteure denkbar, also auch von Bewohnern, Sozialwirtschaft, Banken oder Stiftungen mit privatem Kapital. Die unterschiedlichen Beteiligten bringen verschiedene Komponenten in den Fonds ein. Sinnvoll wäre es zu prüfen, ob über Städtebauförderprogramme hinaus, zum Beispiel durch die KfW-Bank, ein Kapitalgrundstock für den Aufbau des Quartierfonds zur Verfügung gestellt werden kann. Auch örtliche Sparkassen, Banken und Stiftungen wären gefragt, um das Grundkapital zusammenzubringen.
Bestandteile des Quartiersfonds
Eine Kommune kann beispielsweise Verwaltungsleistungen für den Quartiersfonds übernehmen. Wichtig ist, dass es eine Anlaufstelle für die Menschen aus dem Quartier gibt, wo sie sich über die Möglichkeiten des Fonds, aber auch über sonstige Fragen der Wohnumfeld-Verbesserung informieren können. Es besteht die Möglichkeit, Handwerkskammern mit in die Beratung einzubeziehen, ähnlich wie örtliche Geldinstitute. Vertreter der Handwerkerschaft könnten zu Möglichkeiten der Wohnraumanpassung beraten (wenn diese für barrierefreies Bauen qualifiziert sind), Vertreter der Banken zu Optionen der Finanzierung solcher Maßnahmen.
Leistungen des Quartiersfonds
Über den Quartiersfonds könnten Umbaumaßnahmen im öffentlich genutzten Umfeld finanziert werden (zum Beispiel Sitzbänke, Verbesserung der Gehwege), ebenso wie Gemeinschaftsbereiche größerer Wohnanlagen. Die Fonds könnten außerdem Bürgschaften geben, wenn auf privater Seite nicht genügend Sicherheiten für einen altersgerechten Umbau der eigenen Wohnung vorhanden sind. Insbesondere für ältere Menschen mit geringen Altersbezügen ist es schwierig, einen Kredit für Umbaumaßnahmen zu bekommen.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass es in den einzelnen Phasen der altersgerechten Quartiersentwicklung (Initiierung, Planung und Umsetzung) einen unterschiedlichen Finanzierungsbedarf gibt. Ein frühzeitiger Austausch im Akteurs- Netzwerk über Fördermöglichkeiten aus den verschiedenen Bereichen – zum Beispiel durch KfW-Mittel, Kranken- und Pflegekassen, Städtebauförderung, Landeswohnbauprogramme, Modellvorhaben – erhöht die Chance einer Realisierung einzelner Bausteine und trägt damit insgesamt zu einer erfolgreichen altersgerechten Quartiersentwicklung bei (Quelle: Deutscher Verband für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnun, September 2014).
Für Wohnungsunternehmen, die an Personen mit einer Pflegestufe Wohnungen vermietet haben, kann von der Pflegekasse das je nach Pflegestufe zustehende Geld für die Modernisierung zum Umbau der barrierefreien Wohnung Verwendung finden. Antragsteller muss aber in diesem Fall der Mieter sein.
Für Informationen stehen die jeweiligen Kranken- und Pflegekassen zur Verfügung, sowie das Gesundheitsministerium, zu erreichen unter www.bmg.bund.de. Hier findet man auch die Anträge für Zuschüsse zu Wohngruppenkonzepten. Weitere Informationen werden vom GDW veröffentlicht unter www.gdw.de und www.bbu.de (Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen). Zinsgünstige Kredite sind unter www.kfw.de/foerungerung abrufbar. Auf den Internet-Seiten der jeweiligen Stadtverwaltungen und Kommunen sind die Förderungen aufgelistet und abrufbar.
Diplom-Ingenieurin Monika Holfeld
Freischaffende Architektin
www.architektur-und-farbgestaltung.com