Bei sommerlichen Temperaturen steigt das Verlangen auf den Aufenthalt im Freien, und ein Balkon kommt zu seinem vollen Recht. Der Jurist denkt dabei nicht an einen Cocktailgenuss bei sommerlichen Temperaturen auf dem Balkon, sondern an den Cocktail aus Fragen zum Werkvertrags-, Miet- und Wohnungseigentumsrecht, der den Balkongenuss schmälern kann. Rezepte zu diesem Cocktail finden sich ganzjährigin den juristischen Fachzeitschriften. Beispiele hierzu wurden zuletzt behandelt im Modernisierungs-Magazin, Ausgabe 7–8/2017, Seite 16, und werden nachfolgend fortgeführt.
| Balkonsanierung und Aufsichtspflicht des Architekten
Es gehört zum kleinen Alphabet des Architektenrechts, dass der Architekt sein Augenmerk bei der Bauüberwachung auf schwierige oder gefahrträchtige Arbeiten, typische Gefahrenquellen und kritische Bauabschnitte richten muss. Klassische Anwendungsfälle sind Betonierungs- und Bewehrungsarbeiten sowie Ausschachtungs- und Unterfangungsarbeiten. Das Risiko für den Architekten besteht dabei, dass die Gerichte oft aus dem Vorliegen eines Mangels des Bauwerks auf eine entsprechende Pflichtverletzung des Architekten schließen. Nur teilweise findet sich der Hinweis, dass bei der allgemeinen Schlamperei am Bau dieser Schluss auf die Pflichtverletzung des Architekten nicht zulässig ist.
Eine Wohnungseigentümergemeinschaft hatte den Architekten beauftragt, die Sanierung von Balkonen zu planen und zu beaufsichtigen. Später traten Mängel an den Kastenrinnen und den Gewändern auf. Außerdem war die Abdichtung der Balkonböden mangelhaft. Die Wohnungseigentümergemeinschaft verlangte deshalb vom Architekten die Zahlung des für die Behebung des Schadens erforderlichen Betrags. Eine Nachfrist zur Behebung des Mangels musste die Gemeinschaft nicht setzen, da der Mangel in der dem Architekten vorgeworfenen Pflichtverletzung bei der Überwachung nachträglich nicht mehr behobenwerden konnte.
Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf, Urteil vom 19. April 2016 (21 U 102/05), verurteilte den Architekten wie zuvor das Landgericht (LG). Der Architekt hatte es versäumt, die vom Handwerker tatsächlich nicht erstellten Planungsunterlagen zu überprüfen und dabei zu kontrollieren, ob ein statischer Nachweis für die geplanten Metallarbeiten vorhanden war. Nach Überzeugung des Gerichts beruhten hierauf und auf der fehlenden Überprüfung der Umsetzung bei der Bauausführung durch den Handwerker die genannten Mängel des Bauwerks.
| Entscheidung des OLG Düsseldorfs kein Ausreißer
Oft stellt sich bei Baumängeln die Frage des Mitverschuldens, hier der Gemeinschaft, die vom OLG aber abgelehnt wurde. Mit der Übernahme der Pflicht, die Baumaßnahmen zu koordinieren, hatte der Architekt auch die Verantwortung für das Vorliegen ordnungsgemäßer Pläne. Zur Erfüllung dieser Pflicht konnte die Gemeinschaft keinen Beitrag leisten.
Dass die geschilderte Entscheidung des OLG Düsseldorf kein Ausreißer ist, zeigt ein weiteres Urteil des OLG Brandenburg vom 30. März 2017 (12 U 71/16). Auch hier war der Architekt mit der Planung und Bauüberwachung beauftragt. Nach Abschluss der Bauarbeiten trat Wasser ins Mauerwerk ein. Die Feuchtigkeit beruhte auf unzureichenden Entwässerungs- und Abdichtungsarbeiten an den Balkonen. Der Bauherr verlangtevom Architekten Schadenersatz für die aufgewendeten Kosten der Mängelbeseitigung,und dies mit Erfolg. Unter Verweis auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) aus dem Jahr 2000 konnte das OLG sich darauf stützen, dass die genannten Arbeiten (Abdichtung, Entwässerung) besonders gefahrträchtig sind und der Architekt deshalb inbesonderer Weise diese beobachten und überprüfen muss.
| Bauüberwachungspflicht verletzt
Liegt ein solcher Ausführungsmangel vor, kann davon ausgegangen werden, dass der Architekt seine Bauüberwachungspflicht schuldhaft verletzt hat und für die Folgen hieraus haftet (Beweis des ersten Anscheins). Der Architekt muss sich zur Entlastung dieses Vorwurfs substanziiert verteidigen und unter Vorlage von Unterlagen (Bautagebuch, Protokolle) darlegen, wann und wie er diese Arbeiten überwachthat. Im vorliegenden Fall konnte dies der Architekt nicht…
Den kompletten Artikel lesen Sie im Modernisierungsmagazin 7-8!
Text: Dr. Hellmuth Mohr, Rechtsanwalt, Stuttgart