Von Xaver Haas |
Schon heute leben weltweit mehr Menschen in urbanen Ballungsgebieten als im ländlichen Raum. Dieser Trend wird sich weiter fortsetzen – auch in Deutschland. Eine Herausforderung dieser Urbanisierung ist, ausreichend bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Gefragt sind Bauweisen, mit denen zwar standardisierte, aber dennoch individuelle Wohnungen aus seriell oder industriell vorgefertigten Bauteilen errichtet werden. Hier setzt der heimische Rohstoff Holz an. Als flexibler und nachhaltiger Baustoff kann er gerade bei der Nachverdichtung, also dem Aufstocken von Gebäuden und dem Schließen von Baulücken, sein volles Potenzial entfalten:
- Aufgrund der standardisierten, seriellen Bauweise sind die Holzbauteile bei Ankunft an der Baustelle weitestgehend vorgefertigt. Selbst die elektrische und sanitäre Infrastruktur ist bereits enthalten und die mehrmonatige Trockenphase entfällt. Dies erlaubt kurze Bauzeiten und verringert sowohl Baukosten als auch Störungen im Bauumfeld.
- Aufstockungen mit dem leichten Baustoff Holz können oft ohne Änderungen des statischen Systems der Bestandskonstruktion erfolgen.
- Bei städtischer Nachverdichtung muss kein neues Bauland erschlossen werden. Neue Nutzflächen können so ohne zusätzlichen Flächenverbrauch geschaffen und die schon vorhandene Infrastruktur genutzt werden.
- Das CO2-neutrale Holz ersetzt Baustoffe, deren Herstellung energieintensiver und damit der CO2-Ausstoß höher ist. Durch diesen sogenannten Substitutionseffekt können Städte und Gemeinden ihre CO2- Bilanz verbessern.
Ausreichend Fläche für Aufstockungen?
Ja, sagt die Technische Universität Darmstadt. Laut einer Studie vom März diesen Jahres wäre es möglich, allein durch Dachaufstockungen 1,5 Millionen zusätzliche Wohnungen zu schaffen. Der Großteil dieser Wohnungen könnte, so die Analyse, auf Mehrfamilienhäuser entstehen, die zwischen 1950 und 1990 gebaut wurden.
Was kann serielles Bauen?
In vielen Städten und Kommunen steht heute zu wenig Wohnraum zur Verfügung. Bund, Länder und Gemeinden bemühen sich derzeit, auch aufgrund der großen Zahl nach Deutschland einreisender Flüchtlinge, in möglichst kurzer Zeit zusätzliche Wohnfläche zu schaffen. Dabei spielt nicht nur die schnelle Bereitstellung von Wohnraum eine Rolle. Bei aller Dringlichkeit sollten unserer Ansicht nach ein flexibles Nachnutzungskonzept vorhanden sein und die neusten ökologischen und energetischen Standards gemäß der Energieeinsparverordnung (EnEV) eingehalten werden. Für alle diese Anforderungen kann der Holzbau eine Lösung bieten.
Der Deutsche Holzwirtschaftsrat e.V. (DHWR) hat für Kommunen das Informationsportal www.wohnraum-fuerfluechtlinge.info erstellt. Hier finden Interessierte unter anderem Beispielbauten und regionale Ansprechpartner.
Wie wird die Versorgung mit Holz?
Rund ein Drittel der Bundesrepublik ist mit Wald bedeckt und die mehr als 300-jährige nachhaltige Waldbewirtschaftung gilt weltweit als vorbildlich. Pro Jahr werden rund 20 Millionen Kubikmeter Waldrohholz im Baubereich eingesetzt – bei einem Rohholzaufkommen von jährlich rund 76 Millionen Kubikmetern. Es steht also ausreichend heimisches Holz zur Verfügung. Wichtig ist besonders das Nadelholz, aus dem 70 bis 95 Prozent der gängigen Holzprodukte bestehen.
Wie unterscheiden sich die Quoten?
Der Anteil der Wohnbauten, die überwiegend aus Holz bestehen, reicht von knapp sechs in Bremen bis zu circa 25 Prozent in Baden-Württemberg. Gründe für die Unterschiede sind zum einen regional vorherrschenden Bautraditionen, zum anderen verschiedene Regelungen in den einzelnen Landesbauordnungen, besonders im mehrgeschossigen Wohnbau. Der DHWR setzt sich dafür ein, dass der Holzbau bundesweit anderen Bauweisen bauordnungsrechtlich gleichgestellt wird.
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Präsident des Deutschen Holzwirtschaftsrates e.V.
1969 erwarb der jetzt 67-Jährige als jüngster Zimmerer Deutschlands den Meistertitel. Im Jahr 1971 legte Haas (geboren in Falkenberg-Kasten) mit dem Kauf einer Schreinerei den Grundstein für die heutige Haas Group. Zwei Jahre später wurde das erste Haas-Fertighaus gebaut. Seit 2015 ist Haas DHWR-Präsident. Die Dachorganisation der deutschen Holzwirtschaft vertritt die Interessen von rund 70.000 Betrieben, die mit mehr als 650.000 Beschäftigten einen Umsatz von 120 Milliarden Euro generieren.[/tab]
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