Nirgendwo werden so hohe Anforderungen an die Trinkwasserhygiene gestellt wie in Gesundheitseinrichtungen. Bei Planung, Sanierung und Betrieb eines Krankenhauses oder Pflegeheims muss daher bei allem Kostendruck die Maxime gelten: Gesundheitsschutz geht vor Energieeinsparung. Wie kann es also gelingen, Trinkwasserinstallationen so zu planen und umzusetzen, dass Kosten bei Investition, Energie, Wasser und Abwasser gespart werden, ohne dabei die Trinkwassergüte zu gefährden? Welche Maßnahmen lassen sich in Neubauten und welche im Bestand realisieren? Dr. Peter Arens, Hygieneexperte beim Armaturenhersteller Schell, gibt Tipps.
Planung von Neubauten: Wassersparende Armaturen, Urinale und WCs, vorrangig in Kombination mit T-Stück-Installationen
Im Neubau sind erhebliche Einsparmaßnahmen bei Investitionen und Betriebskosten sowie ökologische Verbesserungen durch wassersparende Entnahmestellen möglich. Denn hier kann die Trinkwasserinstallation von vorneherein auf einen sparsamen und gleichzeitig hygienischen Betrieb ausgelegt werden. Der Planung kommt eine besondere Bedeutung zu, weil man hiermit bereits die Betriebskosten der Gebäude für die nächsten 50 Jahre festlegt. Allerdings nutzt der Fachplaner für die Dimensionierung der Trinkwasserinstallation nahezu immer die Berechnungsdurchflüsse gemäß DIN 1988-300 Tabelle 2, da diese pauschalisiert in seiner Planungssoftware hinterlegt sind. Mit diesen Werten lässt sich das Einsparpotenzial wassersparender Entnahmestellen allerdings nicht ausschöpfen. Grundsätzlich muss der Planer in diesem Fall von den normativen Berechnungsdurchflüssen abweichen. Dies ist in den Hinweisen unter dieser Tabelle 2 in der DIN 1988-300 auch ausdrücklich erwähnt. Möchte man die Trinkwasserinstallation also monetär und ökologisch optimieren, sollten Auftraggeber und Fachplaner über mögliche Wege sprechen. Mit gemeinsamem Einverständnis sollte die Dimensionierung der Trinkwasserinstallation mit verringerten Berechnungsdurchflüssen erfolgen. Heißt konkret: Von Anfang an mit einer 6- statt 9-Liter Dusche rechnen, bei Waschbecken mit 3 Litern/min statt 4,2 Liter/min usw. So können Einsparungen von bis zu 40% bei Wasserinhalt und Verbrauch und damit auch beim Energieeinsatz der Warmwasserbereitung erzielt werden. Sehr wahrscheinlich ist dies die einzige ökologische Maßnahme, durch die auch die Investitionskosten sinken. Denn geringere „Literleistungen“ der Entnahmestellen bedingen bei angepasster Berechnung deutlich verringerte und damit kostengünstigere Dimensionen bei Rohren, Verbindern, Dämmungen und Rohrschellen. Der Materialeinsatz bei Rohren und Fittingen lässt sich um bis zu 40 Gewichtsprozent reduzieren. Zudem gewinnt man durch eine verschlankte Trinkwasserinstallation mehr Nutzfläche, da die Schächte kleiner werden können. Eine schlanke Trinkwasserinstallation lässt sich durch T-Stück-Installationen umsetzen. Im Vergleich zu übergroßen, hydraulisch oftmals nicht beherrschbaren Ring-in-Ring-Installationen weisen sie einfache klare Fließwege auf, führen weniger Wasserinhalt und besitzen weniger Oberflächen, die Wärme aufnehmen. Dadurch lassen sich im Mittel Wasserinhalt und Investitionskosten noch einmal um rund 20 Prozent senken. Gleichzeitig wird ein Beitrag zum passiven Schutz des Trinkwassers kalt gegen Erwärmung und somit zum Schutz der Trinkwasserhygiene geleistet. Ein geringerer Wasserinhalt erhöht auch den Wasserwechsel im Betrieb um diesen Wert und damit die hygienische Sicherheit, denn die Anzahl an Nutzern ist in beiden Fällen identisch.
Trinkwasser muss fließen – Wassermanagement-Systeme helfen
Die wirksamste Strategie, um die Trinkwasserhygiene zu unterstützen und einer zu hohen Legionellenkonzentration vorzubeugen, ist der regelmäßige Wasserwechsel. In Deutschland muss dieser nach spätestens drei Tagen erfolgen und gemäß VDI 6023 Blatt 1 über alle Entnahmestellen stattfinden, weil Bakterien über ungenutzte Entnahmestellen auch gegen die Fließrichtung, also retrograd, in die Trinkwasserinstallation gelangen können. Diese Zeiten ohne Wasserwechsel von maximal drei Tagen sind jedoch nur dann hygienisch akzeptabel, wenn das Kaltwasser (PWC) nicht wärmer als 25 Grad Celsius (°C) wird und das Warmwasser (PWH) mindestens 55 °C warm ist. Der Grund dafür ist, dass sich alle Krankheiterreger bevorzugt in einen Temperaturbereich um die 37 °C vermehren – also im Bereich der Körpertemperatur von Menschen. Daher sind Temperaturen um die 37 °C „weiträumig“ zu vermeiden.
Bei großen (halb-)öffentlichen Gebäuden im Gesundheitssektor, wo Teilbereiche der Trinkwasserinstallation aus verschiedenen Gründen immer mal wieder nicht genutzt oder nicht so genutzt werden, wie mit dem bestimmungsgemäßen Betrieb in der Planung ursprünglich hinterlegt, hilft ein Wassermanagement-System bei der Erhaltung der Trinkwassergüte. Es ist sinnvoll, dieses bei Neubauten von vorneherein miteinzuplanen. Aber es gibt Lösungen, die sich auch gut im Bestand nachrüsten lassen. Der Vorteil: Trinkwasserinstallationen lassen sich damit wesentlich effizienter und nachhaltiger betreiben als über manuelles Spülen, da automatisiert umgesetzte Spülvorgänge viel genauer und ohne zusätzlichen Aufwand gleichzeitig möglich sind. Diese Gleichzeitigkeit des Spülens ist notwendig, um einen qualifizierten, hygienisch wirksamen Wasserwechsel zu erreichen. Möchte der Facility Manager dies in der Praxis händisch umsetzen, ist damit ein hoher Personal-, Zeit- und Kostenaufwand verbunden.
Befüllung der Trinkwasserinstallation – mit trocken geprüften Bauteilen
Der bestimmungsgemäße Betrieb der Trinkwasserinstallation beginnt mit ihrem Befüllen. Dabei ist es empfehlenswert, trocken geprüfte und in dieser Weise auch gegen mikrobiologische Verunreinigungen geschützte Bauteile einzusetzen. Dies ist so bedeutsam für die Praxis, dass hierzu aktuell neue Regelwerke entstehen. Wenn dann die Installation mit Trinkwasser gefüllt ist, ist der Fachhandwerker bis zur Übergabe für den Wasserwechsel verantwortlich. In einem Krankenhaus mit 800 Betten sind dafür mindestens drei Mitarbeiter an fünf Tagen je Woche nur für Spülmaßnahmen von Hand im Einsatz. Auch hier ist der Einsatz eines Wassermanagement-Systems von Vorteil, mit dem sich schon vor der Inbetriebnahme auch diese Wasserwechsel automatisiert umsetzen lassen. Zudem ist es bei Gebäuden mit erhöhten hygienischen Anforderungen, wie Krankenhäusern, empfehlenswert, die Befüllung der Installation schrittweise durchzuführen – immer verbunden mit einer mikrobiologischen Probenahme und Freigabe.
Maßnahmen für Bestandsbauten – Wassertemperatur verringern, aber nicht unter 55°C
Auch bei Bestandsgebäuden gibt es Möglichkeiten, die Energiekosten zu verringern, ohne einen kritischen Legionellenbefall zu riskieren. Unter bestimmten Bedingungen kann man an der Stellschraube „Wassertemperatur“ drehen. So laufen zum Beispiel viele Warmwasserbereiter ohne Kenntnis der Nutzer mit einer automatisierten wöchentlichen oder gar täglichen thermischen Desinfektion, der so genannten Legionellenschaltung. Sie kann ohne hygienische Risiken abgeschaltet werden, wenn die Anlage ansonsten fachgerecht betrieben wird. Darüber hinaus sollte bei Großanlagen überprüft werden, ob die Temperatur am Austritt des Trinkwassererwärmers bei deutlich mehr als 60 °C liegt. Auch dann kann oftmals noch der Energieeinsatz gesenkt werden.
Wenn die Temperaturspreizung zwischen Speicheraustritt und Rücklauf der Zirkulation deutlich mehr als fünf Kelvin beträgt, sollte der hydraulische Abgleich der Zirkulationsstränge und/oder die Wärmedämmung optimiert werden. Bei mangelhaftem hydraulischem Abgleich sind elektronische Zirkulationsregulierventile die erste Wahl im Bestand, da sie ohne detaillierte Berechnung eingebaut werden können. Weiteres Optimierungspotenzial besteht in Anlagen, bei denen die Temperaturspreizung zwar nur rund fünf Kelvin beträgt, aber die Wassertemperatur an den Entnahmestellen und beim Wiedereintritt der Zirkulation in den Trinkwassererwärmer deutlich über 55 °C liegt. In diesem Fall kann die Anlage allein schon durch die Verringerung der Austrittstemperatur am Speicher energetisch optimiert werden.
In Maßen: Wassermenge an Entnahmestellen reduzieren
Bei der Reduzierung der Wassermengen bieten sich die deutlichsten Einsparpotenziale. Trotzdem gilt auch hier: nur in Maßen, denn der Hygienegrundsatz „Wasser muss fließen“ ist weiterhin zu berücksichtigen. Daher darf auch nach solchen Maßnahmen die Verweilzeit des Wassers in der Trinkwasserinstallation – egal ob kalt oder warm – nicht über 72 Stunden liegen. Für Gesundheitseinrichtungen empfiehlt die VDI 6023 sogar noch kürzere Verweilzeiten von 24 Stunden. Dies gilt für jede Entnahmestelle und Teilstrecke einer Trinkwasserinstallation. Denn ein „Stau“ des Trinkwassers in der Installation könnte zu gesundheitlichen Risiken führen. Daher sind Entnahmestellen mit extrem geringer oder gar keiner Nutzung regelmäßig zu spülen, entweder manuell oder automatisiert. Bei sehr selten genutzten Entnahmestellen, wie erfahrungsgemäß an vielen Waschtischen in Chefarztzimmern, empfiehlt sich auch ein Rückbau. Sonst wird hier dauerhaft Trinkwasser aufgrund von Stagnationsspülungen verschwendet. Im Gegensatz dazu können an Entnahmestellen mit hohem Verbrauch und häufiger Nutzung große Einspareffekte mittels Wasserspararmaturen oder Durchflussbegrenzern und Strahlreglern erzielt werden. Demnach ist es sinnvoll, die Durchflussmengen an Entnahmestellen zu prüfen und die Mengen einzustellen, die der Planer bei der Dimensionierung der Trinkwasserinstallation zugrunde gelegt hat: Dies geschieht durch den Vergleich der Berechnungsdurchflüsse aller Entnahmestellen aus der Planung, also mit Werten aus der DIN 198-300 Tabelle 2, gegen die realisierten Literleistungen in der Praxis. Hier ergeben sich oft schon erhebliche Einsparpotenziale von 40 bis 50 Prozent.
Waschtischarmaturen mit einem hohen Verbrauch können zumeist durch den einfachen Tausch des Strahlreglers auf eine normative Literleistung von 4,2 Liter pro Minute optimiert werden, wenn das Gebäude auf Basis der DIN 1988-300 Tab. 2 dimensioniert wurde. Auch die Wassermengen von WCs und Duschen lassen sich oftmals reduzieren: Bei WC-Spulkästen reicht in aller Regel eine Sechs-Liter-Spülung.
Doch es gibt auch Grenzen: In modernen Altenheimen sollte man zum Beispiel die Waschtischarmaturen mit einem überhöhten Durchfluss von 8 bis 10 Litern pro Minute nicht auf die normativ geringeren Berechnungsdurchflüsse reduzieren. Diese Waschtische werden erfahrungsgemäß so selten genutzt, dass es gut ist, wenn dann die doppelte Wassermenge pro Nutzung oder Spülung ausgetauscht wird. Man muss also immer den Einzelfall betrachten und bewerten.
Fazit – Beim Neubau ergibt sich das höchste ökonomische und ökologische Potenzial aus der Kombination zweier Einsparmöglichkeiten: Reduzierte Literleistungen an den Entnahmestellen mit überwiegend T-Stück-Installationen. Für Bestandsbauten empfiehlt es sich zu prüfen, an welchen hoch frequentierten Entnahmestellen sich die Literleistung reduzieren lässt – oftmals sind Armaturen mit höheren Literleistungen montiert worden als bei der normgerechten Planung berücksichtigt wurden. In diesem Fall können diese reduziert werden, ohne die Trinkwassergüte zu gefährden.