Rund ein Jahr vor der Bundestagswahl legte der GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen Anfang November seine Positionen zur Bundestagswahl 2017 vor, die sich in die drei Themenwelten „Bauen“, „Wohnen“ und „Leben“ aufgliedern.
Keine politischen Experimente beim Wohnen
„Deutschland braucht in der nächsten Legislaturperiode ein eigenständiges Bundesbauministerium. Denn Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und digitale Infrastruktur haben in den vergangenen drei Jahren so enorm an Bedeutung gewonnen, dass sie gebündelt auf oberste staatliche Ebene gehören“, forderte unlängst Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW in Berlin. „Die Wohn-Herausforderungen rund um die Energiewende, Wohnungsknappheit in Ballungsräumen, ausblutende Schrumpfungsregionen, den demografischen Wandel und die Integration von Zuwanderern können nur bewältigt werden, wenn sie in einem eigens dafür geschaffenen Ministerium mit dem Hauptziel ‚gutes, bezahlbares Wohnen für Deutschland‘ angegangen werden“, so Gedaschko weiter. Diese Themenfelder wurden in den beiden jüngsten Legislaturperioden Stück für Stück in der politischen Zuständigkeit atomisiert, der Baubereich zusätzlich noch personell stark ausgedünnt und dann dem Umweltbereich zugeschlagen.
Bauen: Deutschland braucht eine Wohnungsbaubeschleunigungs-Initiative
„Alle politischen Ankündigungen der vergangenen Monate haben nicht zum erhofften Ziel – ausreichend bezahlbarer Wohnraum in Wachstumsregionen – geführt. Deshalb braucht Deutschland eine Wohnungsbaubeschleunigungs-Initiative“, erklärte der GdW-Präsident auf der Pressekonferenz. Zwar hört und liest man derzeit häufig vom angeblichen Wohnungsbau-Boom in Deutschland, doch der lässt sich nur so beschreiben: zu wenig, zu langsam, zu teuer. Bis August 2016 wurden in diesem Jahr rund 245.000 Wohnungen genehmigt. Damit werden wir Ende des Jahres immer noch meilenweit von den 400.000 Wohneinheiten entfernt sein, die pro Jahr zusätzlich gebraucht werden. Und die Dynamik beim Wohnungsbau nimmt auch schon wieder ab: Im ersten Halbjahr hatte die Steigerungsrate bei den Genehmigungen gegenüber dem Vorjahr noch bei über 30 Prozent gelegen, Ende August betrug das Plus nur noch 25 Prozent.
„Eine zügigere Baulandvergabe, mehr Personal in den Ämtern und eine bundesweit einheitlichere Musterbauordnung – all das sind Punkte, die zwar seit Monaten in sehr vorbildlichen Bündnis-Papieren festgehalten und damit im Prinzip beschlossene Sache sind. Passiert ist aber in der Realität bisher wenig. Bei einer ganzen Palette von Bau-Regelungen müssen endlich Ergebnisse her“, so Gedaschko. Bei der Novelle des Baugesetzbuches müsse beispielsweise dafür gesorgt werden, dass innerstädtischer Wohnungsbau in höherer Dichte und flexibler Funktionsmischung möglich wird.
Wohnen: Klimaschutz für alle = Energiewende vor Ort
„Freiwillig, wirtschaftlich, technologieoffen und sozialverträglich. Dieser Vierklang muss die Grundlage für alle Maßnahmen bei der Neukonzeption des Energieeinsparrechts sein. Statt Zwangssanierungen und Bevormundung brauchen Wohnungsunternehmen wirtschaftliche Anreize“, betonte der GdW-Präsident. Die Verringerung von CO2-Emissionen müsse zum Hauptziel der Klimaschutzmaßnahmen im Gebäudebereich werden. Dabei müssten ganze Quartiere in den Blick genommen und der Endenergieverbrauch in den Fokus rücken. „Die Energiewende kann nur funktionieren, wenn sie endlich vor Ort ermöglicht wird. Deshalb brauchen wir faire Regeln für die dezentrale Stromerzeugung und -verwendung. Die steuerlichen Hemmnisse für Wohnungsunternehmen müssen hier abgebaut werden“, sagte Gedaschko. Die KfW Bankengruppe müsse ihre Förderpolitik grundlegend so anpassen, dass nicht die teuersten Modernisierungsmaßnahmen am stärksten gefördert werden, sondern diejenigen mit dem besten Kosten-Nutzen-Effekt auch für den Mieter und Nutzer.
„Wohnen darf im anstehenden Bundestagswahlkampf nicht zum politischen Spielball werden“, mahnte der GdW-Präsident insbesondere mit Blick auf die anhaltenden Diskussionen um eine Reform des Mietrechts und den Vorschlag einer Neuen Wohnungsgemeinnützigkeit. „Wir haben es hier zunehmend mit einer ‚Label‘-Politik zu tun: Begriffe wie ‚gemeinnützig‘ klingen zwar auf Anhieb gut und sozial, sind aber in Wirklichkeit das Gegenteil. Im besten Fall sind sie, wie die Mietpreisbremse, Placebos und verfehlen schlicht ihre Wirkung. Vorhaben wie eine Neue Wohnungsgemeinnützigkeit, die überhaupt nicht ökonomisch durchdacht sind, stellen allerdings eine ernsthafte Gefahr für den Wohnungsmarkt in Deutschland dar. Sie führen zu einem Abbau der sozialen Durchmischung, zu überforderten Nachbarschaften und neuen Ghettos in deutschen Vorstädten“, warnte der 57-jährige Ex-Senator Hamburgs. Es müssten intelligente, zielgerichtete Regelungen her, im Mietrecht beispielsweise eine durchdachte Härtefallregelung, mit denen den wenigen schwarzen Schafen im Falle von Verdrängungs-Modernisierungen das Handwerk gelegt wird, statt durch pauschalisierte Mietrechtsverschärfungen eine ganze sozial orientierte Branche in regulierungspolitische „Geiselhaft“ zu nehmen.
Leben: Soziale Wohn-Verantwortung wahrnehmen
Die Wohnungswirtschaft begrüßt, dass der Bund die Mittel für die soziale Wohnraumförderung deutlich auf 1,5 Milliarden Euro aufgestockt hat. „Die Länder müssen bei der sozialen Wohnraumförderung nach 2019 aber dann auch tatsächlich der von ihnen übernommenen Verantwortung nachkommen. Im Klartext heißt das: Sie müssen die finanziellen Mittel dafür auch wirklich auf den Markt bringen“, so Gedaschko. Für den Bau von Sozialwohnungen sind drei Milliarden Euro jährlich notwendig um den Verlust von rund einer Million Wohnungen in den vergangenen 16 Jahren auszugleichen.
Angesichts der enormen Aufgaben im Zuge der Zuwanderung nach Deutschland führt auch kein Weg an einem bundesweiten, flexiblen Sonderprogramm Integration vorbei – so Gedaschko abschließend.
„Beim Thema Wohnen ist häufig ausschließlich von den angesagten Großstädten die Rede. Es dürfen aber keinesfalls die demografisch ausblutenden Schrumpfungsregionen aus den Augen verloren werden, in denen die Infrastruktur und die Attraktivität deutlich verbessert werden müssen“, so der GdW-Chef. Deshalb müsse das Erfolgsmodell der Städtebauförderung gestärkt und Stadtumbau Ost und West zu einem einheitlichen Stadtumbau-Programm zusammengeführt werden.
www.gdw.de