„Wir brauchen einen echten Modernisierungsschub am Bau, um unsere künftigen Lebens- und Arbeitswelten nachhaltig und resilient zu gestalten. Nötig sind mehr Digitalisierung und weniger Bürokratie bei der Stadt- und Infrastrukturplanung sowie straffere Genehmigungsprozesse. Ohne dynamischere, schnellere und flexiblere Ansätze lassen sich die baupolitischen Ziele einer neuen Regierung nicht erreichen.“ Diesen Appell richteten die Hauptgeschäftsführer der Spitzenverbände der Bau- und Immobilienwirtschaft, Tim-Oliver Müller, Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB), und Oliver Wittke, Zentraler Immobilien Ausschuss (ZIA), Ende Oktober in Berlin zum Start der Verhandlungen auf Fachebene an die potenziellen Koalitionäre.
Um schneller und nachhaltiger zu bauen, müssten die oft zu bürokratischen Prozesse, etwa für Baugenehmigungen, in standardisierte, digitale Verfahren überführt werden. „Was bei der Elster-Steuererklärung heute schon möglich ist, sollte auch bei Baugenehmigungsprozessen zum Standard werden. Zumindest eine digitale Vollständigkeitsprüfung von Antragsunterlagen sollte in kürzester Zeit eingeführt werden. Am Ende müssen aber virtuelle 5D-Pläne beziehungsweise der digitale Gebäudezwilling die Grundlage sein“, so Wittke. Durch diese digitalen Ansätze könne es auch endlich gelingen, Planung und Bau stärker miteinander zu verzahnen, um Bauwerke bereits im Planungsprozess durch eine Kooperation zwischen Auftraggebern, Planern und Bauunternehmen zu optimieren – Stichwort Building Information Modelling (BIM). „BIM ist in erster Linie ein Kooperationstool, um ganzheitlich im Team planen und daraufhin zielgenau bauen zu können. Eine gute Gelegenheit, damit der Bau künftig nicht nur smart, sondern auch vernetzt agieren kann, anstatt sein Silo-Denken zu pflegen“, betonte Müller.
Um die Produktivität weiter zu steigern und Baukosten zu senken, sprachen sich die Verbände zudem für eine weitere Förderung industrieller Bauverfahren aus. Serielle und modulare Fertigung ist ein entscheidender Hebel, um ressourceneffizientes und kostengünstiges Bauen enorm nach vorne zu bringen. Was heute im Wohnungsbau bereits gut funktioniert, sollte deshalb auch stärker im Bereich von Gewerbeimmobilien und Verwaltungsgebäuden eingesetzt werden. „Um bestmöglich von seriellen Bauweisen zu profitieren, brauchen wir eine bundeseinheitliche Anwendung der Musterbauordnung sowie länderübergreifende Typenbaugenehmigungen. Es kann nicht sein, dass unsere Unternehmen ganze Produktionsstätten neukonfigurieren, nur weil die Brüstungshöhe in Bundesland A zehn Zentimeter niedriger ist als in Bundesland B“, bemerkte Müller.
Auch die Städtebauförderung sei ein geeignetes Instrument einer modernen und nachhaltigen Stadtentwicklungspolitik. „Insbesondere aufgrund der Corona-Pandemie kämpfen viele Innenstädte um ihr Überleben“, so Wittke. „Heute brauchen wir lebendige, verdichtete und integrierte Stadtquartiere mit einer ausgewogenen Mischung aller Nutzungsarten im direkten Umfeld. Nur mit dem Dreiklang aus Leben, Arbeit und Versorgung können unsere Städte funktionieren und bleiben das Rückgrat der wirtschaftlichen Struktur unserer Gesellschaft. Wir werden uns daher auch in Zukunft für den Erhalt einer zielgerichteten Städtebauförderung einsetzen.“