Kommt der Deal zustande oder nicht? Nein, die rede ist dieser Tage ausnahmsweise nicht vom Brexit, sondern von der Fusion zwischen Vodafone und Unitymedia. Nachdem das Thema zunächst hohe Wellen schlug, ist es seit der Prüfung durch die europäische Kartellbehörde verdächtig ruhig geworden.
Auf den ersten Blick wirkt das Thema harmlos – teilen sich Vodafone und Unitymedia die Kabel-TV-Landschaft doch immer schon untereinander auf. Vodafone besitzt nach der Integration von Kabel Deutschland in 13 Bundesländern den größten Marktanteil. Unitymedia ist dagegen in Hessen, Nordrhein-Westfalen und seit der Übernahme von Kabel Baden-Württemberg auch in diesem Bundesland Marktführer.
| Auswirkungen auf die Wohnungswirtschaft
Auch für die Wohnungswirtschaft hätte die Fusion größere Auswirkungen. Die Branche hätte, abgesehen von wenigen kleineren Kabelunternehmen, quasi nur noch einen Ansprechpartner und könnte bei Preisverhandlungen zur Medienversorgung keine Vergleichspreise eines anderen großen Anbieters aus einem anderen Bundesland aufführen. Das Interesse der Branche an einem Wettbewerb unter verschiedenen Anbietern ist daher groß. Davon könnte nach einer Fusion nicht mehr viel übrig sein, denn der neue Konzern käme auf einen Marktanteil von über 80 Prozent. Auch von Seiten der Fernsehsender gibt es Bedenken. Die großen Kabelnetzbetreiber erhalten neben den Teilnehmerentgelten auch ein Entgelt der Sender für die Einspeisung in das jeweilige Netz. Die Angst der Sender: Durch seine gestiegene Marktmacht könnte der neue Konzern die Einspeisekonditionen deutlich anheben.
| Glasfaserausbau
Auch beim Thema Glasfaserausbau gibt es von vielen Seiten Bedenken gegen den geplanten Zusammenschluss. Die Glasfaser gilt als Königsweg, um die Nachfrage nach einer höheren Bandbreite zu bedienen. Viele Experten gehen davon aus, dass sich die Anforderungen an die Anschlussnetze bis 2025 mehr als verdoppeln werden. Besonders die sogenannte Top-Level-Nachfrage mit Geschwindigkeiten von 1 Gigabit pro Sekunde und mehr wird dabei deutlich ansteigen. Noch kann die benötigte Bandbreite auch über die bestehenden Kabelnetze bereitgestellt werden – der neue Konzern hätte aktuell daher keinen Grund, beim Glasfaserausbau auf das Gaspedal zu treten, sondern würde wahrscheinlich versuchen, die bestehende koaxiale Infrastruktur so weit wie möglich auszureizen. Verbände fürchten, dass der Glasfaserausbau ob des großen Marktanteils gebremst werden könnte.
| Vodafone kontert
Freilich lässt Vodafone die Spekulationen und Befürchtungen der Branche nicht unbeantwortet. Den Sorgen der Wohnungswirtschaft entgegnet der Konzern damit, dass es bisher auch keinen Wettbewerb zwischen Vodafone und Unitymedia um den Bestand gab. Hier würde sich also in Zukunft nichts ändern, auch wenn es letztendlich nur ein Unternehmen wäre, das sich um diesen Bestand bemüht. Hier würde sich in Zukunft also auch nichts ändern – abgesehen davon, dass es eben nur noch einen Anbieter gibt. Beim Thema Einspeisekonditionen beruft sich Vodafone auf einen Deal, der kürzlich mit ARD und ZDF geschlossen wurde, der sogar eine Kostensenkung vorsieht und der auch allen anderen Sendern angeboten wurde. Beim Glasfaserausbau setzt das Unternehmen auf den Wettbewerb. Die Annahme: Der Ausbau beschleunigter Kabelnetze wird dazu führen, dass die Konkurrenz ihrerseits versucht, schnellere Netze zu installieren – der Glasfaserausbau würde sogar vorangetrieben, und letztendlich sei man als nationaler Player damit auch in der Lage, der Telekom stärker Paroli zu bieten und sogar den Wettbewerb bei Telekommunikationsangeboten zu steigern.
Bei den verschiedenen Interessen der einzelnen Parteien ist es schwer zu beurteilen, welche Auswirkungen Wohnungsunternehmen konkret erwarten. Die Branche ist daher gut beraten, wenn sie sich bereits jetzt und nicht erst nach der Fusion beim Thema Medienversorgung Beratung einholt. Bundesweit tätige Beratungsunternehmen haben das Thema stets im Blick und verfolgen die neusten Entwicklungen. Aktuell kann man davon ausgehen, dass die Fusion, falls sie zustande kommt, nur unter harten Auflagen genehmigt wird.
| Harte Auflagen möglich
Diese Auflagen könnten beispielsweise ein Sonderkündigungsrecht laufender Versorgungsverträge einhalten, aber für viel mehr Wohnungsunternehmen unterschiedlicher Größenordnung, als es bei der Übernahme von Kabel BW durch Unitymedia der Fall war. Auch der sogenannte „Open Access“, die Öffnung der Kabelnetze für Drittanbieter, derzeit technisch noch nicht möglich, könnte zur Auflage werden. Diese könnten Kapazitäten für eigene Angebote nutzen. Eher unwahrscheinlich ist die staatliche Regulierung des neuen Konzerns. Wie die Telekom müsste der neue Kabelgigant dann seine Preise von der Bundesnetzagentur genehmigen lassen.
Die finale Entscheidung über die Fusion wird für den Sommeranfang erwartet. Ob ja oder nein, mit oder ohne Auflagen und mit welchen Konsequenzen, steht derzeit noch in den Sternen.
Dietmar Schickel
Geschäftsführer der DSC Dietmar Schickel Consulting, Berlin