Viele Aufgaben von Wohnungsunternehmen und -verwaltungen sind lästig, zeitraubend und mit hohem Frustfaktor behaftet. Gleichzeitig birgt eine inadäquate Bearbeitung hohe Risiken mit sich. Bestes Beispiel sind die Verkehrssicherungspflichten. Für Immobilienmanager und Verwalter führt kein Weg an digitalen Tools und Prozessen vorbei, um effizienter und rechtssicher zu arbeiten. Nicht nur eine größere Verwaltungseffizienz spricht für die Digitalisierung – deutlich mehr als die Hälfte der Immobilienverantwortlichen sieht darin auch die Antwort auf steigende regulatorische Anforderungen und den Fachkräftemangel, wie verschiedene Studien zeigen.
Ein herabfallender Ast verletzt einen Passanten, eine Dachlawine beschädigt Autos, ein Hausbrand entsteht aufgrund einer defekten Gasleitung – Ereignisse wie diese sind keineswegs selten. Vor allem Immobilienunternehmen, Verwaltungen und andere Gebäudeunterhaltspflichtige, versetzen solche Meldungen in Alarmbereitschaft: Wie steht es um die Liegenschaften und Objekte, für die man selbst zuständig ist? Sind sie wirklich sicher oder drohen hier ähnliche Gefahren? Die Bandbreite der potenziellen Risiken reicht dabei von A wie Aufzügen bis Z wie Zentrale Trinkwasserversorgung.
Haftungsfalle Verkehrssicherungspflicht
Diese Sorgen sind durchaus berechtigt, denn alle Verantwortlichen müssen erheblichen Verkehrssicherungs- beziehungsweise Gebäudeunterhaltspflichten nachkommen. Das gilt auch für Wohnungseigentümergemeinschaften und die von ihnen beauftragten Dritten, etwa Hausverwaltungsunternehmen. Kommt jemand zu Schaden, weil diese Pflichten vernachlässigt wurden, drohen Schadensersatz- und Schmerzensgeldforderungen. Unter Umständen wird gegen die Verantwortlichen sogar ein Straf- oder Bußgeldverfahren eingeleitet.
Selbst dann, wenn Pflichten an Drittunternehmen delegiert wurden, sind die Auftraggeberinnen und Auftraggeber nicht gänzlich von der Verantwortung für die Verkehrssicherheit einer Immobilie befreit. Von einer Haftung freizeichnen können sie sich im Schadensfall nur, wenn sie die verantwortlichen Personen und Unternehmen sorgfältig angeleitet und vor allem fortlaufend kontrolliert haben. Kommt es zu einem Gerichtsverfahren, müssen sie dies im Zweifelsfall nachweisen können, zum Beispiel durch Begehungsprotokolle, Wartungspläne und ähnliche Dokumentationen. Übrigens zahlen auch Versicherungen nicht, wenn die Verkehrssicherungspflicht grob fahrlässig verletzt wurde. Auch hier muss gegebenenfalls ein Nachweis erbracht werden.
Umfangreicher Pflichtenkatalog
Die Liste der Verkehrssicherungspflichten ist lang. Aufzüge etwa müssen alle zwei Jahre durch einen Fachbetrieb geprüft werden. Bei Bäumen ist turnusmäßig ein- bis zweimal im Jahr eine Kontrolle von der Krone bis zu den Wurzeln erforderlich. Insbesondere bei erwarteten Unwettern mit Sturm sind zusätzlich Sichtkontrollen durchzuführen – davor und danach. Nach Stürmen sind zudem Dächer und elektrische Anlagen zu überprüfen. Gerade im Herbst ist die Beseitigung von (nassem) Laub ein relevantes Thema, ebenso die Beleuchtung von Wegen, Zufahrten und Treppenhäusern. Besonders strenge Verkehrssicherungspflichten gelten auf Spielplätzen, die mindestens einmal pro Woche auf Gefahren zu untersuchen sind. Ein vergleichsweise neuer Aspekt ist die Sicherheit im Zusammenhang mit smarter Gebäudetechnik. So können etwa Hackerangriffe auch sicherheitsrelevante Systeme von Gebäuden und Quartieren betreffen, etwa die Stromversorgung oder Alarmanlagen. Auch hier gilt es vorzusorgen.
Minimierung des Haftungsrisikos
Dies sind nur Auszüge aus den umfangreichen Aufgabenkatalog im Kontext der Verkehrssicherheit. Um Haftungsrisiken zu reduzieren, können die Verantwortlichen einiges tun, zum Beispiel:
- regelmäßige Begehung von Gebäuden und Außenanlagen, um einen ordnungsgemäßen Zustand sicherzustellen, inklusive entsprechender Dokumentation,
- Information an Wohnungseigentümer:innen und Bewohner:innen durch Schreiben und/oder Aushänge bei festgestellten Schäden oder Risiken sowie Warnhinweise an der Gefahrenstelle,
- zeitnahe Reparatur oder anderweitige Abhilfe bei etwaigen Gefahren,
- unverzügliches Reagieren auf und unmittelbares Protokollieren der Begutachtung bei Hinweisen von Eigentümer:innen, Mieter:innen oder anderen Personen,
- Herbeiführen einer zügigen Entscheidungsfindung der Eigentümer:innen zur Beseitigung der Schäden,
- regelmäßige Wartungen und Objektbegehungen durch Fachbetriebe,
- rechtlich einwandfreie und nachprüfbare Übertragung von Wartungs- und Objektbegehungspflichten an die zuvor sorgfältig ausgewählten Dienstleister,
- Blick auf aktuelle Vorschriften und Urteile zu Verkehrssicherungspflichten rund um Grundstücke und in Gebäuden.
Komplexität begegnen
Es ist Wohnungsunternehmen und Immobilienverwaltungen kaum zu verdenken, dass Verkehrssicherungspflichten vor diesem Hintergrund eher selten zu deren Lieblingsaufgaben gehören. Gleichzeitig ist ihre Wichtigkeit unbestreitbar. Was also tun?
Digitale Technologien versprechen hier wie in vielen anderen Bereichen der Immobilienwirtschaft Abhilfe, denn sie sind in der Lage, Komplexität zu verringern und effiziente Workflows zu schaffen. Das sehen auch die Branchenvertreterinnen und -vertreter so. Die im September 2023 veröffentlichte, achte Digitalisierungsstudie der Immobilienwirtschaft des ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss und von EY Real Estate zeigt, dass Immobilienunternehmen trotz schwieriger äußerer Umstände weiter auf Digitalisierung setzen und signifikante Budgets investieren, um ihre digitale Transformation voranzutreiben. Im Fokus standen dabei zuletzt vor allem interne Infrastrukturen und Prozesse. Das Ziel: Einspar-, Effizienz- und Optimierungspotenziale nutzen.
Anwendbar ist das auch auf Verkehrssicherungspflichten. Technologie kann hier etwa helfen, alle relevanten Daten strukturiert und aktuell zusammen zu bringen, sodass immer ein belastbarer Überblick besteht – von Einzelobjekt- bis Portfolioebene. Darüber hinaus lassen sich notwendige Maßnahmen schnittstellenfrei beauftragen und rechtssicher dokumentieren. Moderne Plattformlösungen beispielsweise sind in der Lage, die gesamten Prozesse rund um die Verkehrssicherungspflicht in einer zentralen Anwendung darzustellen, sodass alle Beteiligten stets im Bilde sind. Bewährt haben sich Dashboards, die einen übersichtlichen Überblick über alle Termine, Wartungs- und Objektbegehungspläne, Checklisten sowie Reparaturschritte geben. Im Idealfall ist ein Projektmanagement-Tool integriert, das einerseits die reibungslose Abwicklung von Wartungen, Objektbegehungen und Reparaturen ermöglicht und andererseits eine Schnittstelle zu Fachbetrieben und Dienstleistern beinhaltet, sodass sich diese direkt beauftragen lassen – von der Ausschreibung bis zur Rechnungslegung. Für die strukturierte Kommunikation mit Bewohner:innen, Eigentümer:innen, Handwerksbetrieben und Dienstleistern bieten individuell anpassbare Mustervorlagen eine wertvolle Arbeitserleichterung.
Das zeigt: Je komplexer die Aufgabe – und das ist beim Thema Verkehrssicherungspflicht zweifellos gegeben –, desto größer der Mehrwert, den Digitalisierung bieten kann. Dafür bedarf es durchdachter Tools, die sich an der Arbeitsrealität aller Beteiligten orientieren und deren Routinen bestmöglich unterstützen, um effiziente Workflows und Rechtssicherheit sicherzustellen.
Die Autorin
Karin Shalev Shogol ist General Managerin und Prokuristin für Plentific Deutschland. Zuvor war sie für mehrere renommierte Immobilien- und Technologieunternehmen tätig, unter anderem Elevation, WeWork und AFI Properties.
Die ganzheitliche Lösung von Plentific vernetzt Immobilienverwaltungen, Wohnungsunternehmen sowie Bewohner mit allen Dienstleistern nahtlos über eine zentrale Plattform und stellt Prozesse einfach und in Echtzeit dar. In Deutschland werden mit Plentific aktuell mehrere tausend Einheiten verwaltet, weltweit sind es mehr als 1,5 Millionen Einheiten.