Verunsicherung bei Anzeigepflicht
Mit Inkrafttreten des Mess- und Eichgesetzes (MessEG) zum Jahresanfang ist in der Immobilienbranche eine Diskussion um die Anzeigepflicht entbrannt. Konkret geht es darum, wer dafür zuständig ist, eichpflichtige Messgeräte bei den Eichbehörden zu melden. Zentral ist hier der Begriff des „Verwenders von Messgeräten“ (im Sinne des Paragrafen 3 Nummer 22, 32 MessEG), da dieser letztendlich für die Erfüllung dieser Anzeigepflicht verantwortlich ist. Bisher gibt es dazu keine eindeutige Aussage, sodass bei allen Beteiligten beträchtliche Unsicherheit herrscht.
Das am 1. Januar 2015 in Kraft getretene novellierte Mess- und Eichgesetz soll unter anderem die Verwendungsüberwachung von Messgeräten vereinfachen. Im Rahmen dessen wurde auch eine Anzeigepflicht für neue und erneuerte Messgeräte geregelt, von der alle Immobilienunternehmen unmittelbar betroffen sind. Laut Gesetz müssen seit Anfang des Jahres zur Erfüllung der Anzeigepflicht alle neu installierten und ausgetauschten Wasser- und Wärmezähler innerhalb von sechs Wochen nach Inbetriebnahme bei der zuständigen Eichbehörde gemeldet werden.
Kritisch ist dabei, dass das Gesetz nicht klar definiert, wer als „Verwender“ der Messgeräte anzusehen ist. So kommt theoretisch sowohl der Gebäudeeigentümer, der Messdienstunternehmen als auch der Messstellenbetreiber als Verwender in Betracht. Die Frage, wer denn nun rechtlich als Verwender gilt, wird von allen Beteiligten seit Herbst 2014 kontrovers diskutiert. Die Bundesregierung, die Landeseichbehörden, die Verbände der Wohnungswirtschaft sowie der Hausverwalter und nicht zuletzt die Messdienstleister vertreten hier unterschiedliche Positionen, ohne dass bisher eine eindeutige juristische Klärung gegeben worden wäre.
Verwenderbegriff nicht geklärt
Ein maßgebliches Kriterium für die Frage nach dem Verwender ist die „Funktionsherrschaft“ über die Messgeräte. Demnach gilt als Verwender, wer die rechtliche und tatsächliche Kontrolle über deren Funktionen hat. Wurden die Messgeräte gekauft, sind sich alle Parteien einig, dass der Gebäudeeigentümer als Verwender anzusehen ist. Ihn trifft die Pflicht zur Anzeige bei den Eichbehörden, wobei aber ein Dritter, etwa ein Messdienstleister, auf zivilrechtlicher Ebene damit beauftragt werden kann.
Im Zentrum der aktuellen Diskussion steht allerdings die Frage nach dem Verwender, wenn die Messgeräte gemietet wurden. Dieser gängige Fall bietet deutlich mehr Interpretationsspielraum, da die Zähler ja im Eigentum des Messdienstleisters bleiben. Unabhängig davon, wie sich die beteiligten Verbände und Institutionen hier bereits positioniert haben, ist die rechtliche Situation gegenwärtig ungeklärt. Eine abschließende juristische Bewertung steht aus und ist nach aktuellem Stand auch nicht in absehbarer Zeit in Sicht. Damit ist für die Vielzahl betroffener Immobilienunternehmen, aber auch für die Messdienstleister eine erhebliche Unsicherheit verbunden, wie den nun bei gemieteten Zählern mit der Anzeigepflicht umzugehen ist – insbesondere weil deren Nichtbeachtung mit einem Bußgeld von bis zu 20.000 Euro pro Einzelfall geahndet werden kann.
Erheblicher Mehraufwand
Ein wesentlicher Grund für die teils scharf geführte Auseinandersetzung – einzelne Immobilienunternehmen haben ihrem Messedienstleister sogar bereits mit einem Anbieterwechsel gedroht, wenn von dort die Meldung nicht erfolgt – liegt darin, dass die Anzeige der Messgeräte mit einem erheblichen Aufwand verbunden ist. Für jeden neuen oder erneuerten Wasser- oder Wärmezähler muss ein aus fünf Einzeldaten bestehender Datensatz erhoben und an die jeweilige Landeseichbehörde übermittelt werden. Zwar kann dieser Aufwand zunächst durch eine übergreifende Erstmeldung für die jeweilige Messgeräteart abgemildert werden. In der Folge muss dann allerdings sichergestellt sein, dass die vollständigen fünf Daten der Eichbehörde auf Anforderung unverzüglich zur Verfügung gestellt werden können.
Für Immobilienunternehmen bedeutet dies, dass die geforderten Daten für jedes einzelne betroffene Messgerät aufgenommen und aufbereitet werden müssen, was auch nach jedem Geräteaustausch zu erfolgen hat. Dies stellt insbesondere dann eine Herausforderung dar, wenn die Messgeräte bereits durch einen Fachmann installiert wurden. Befinden sich die Zähler direkt in den Nutzeinheiten, muss sich das Immobilienunternehmen zudem nachträglich Zugang verschaffen, um die Daten zu ermitteln, die es dann noch aufzubereiten und an die Landeseichbehörde zu übermitteln hat.
Etwas einfacher ist die Situation für die Messdienstleister. Hier entfällt die Erhebung vor Ort, und zumindest ein Teil der benötigten Angaben kann in der Regel aus dem eigenen Datenbestand ermittelt werden. Trotzdem müssen auch hier ergänzende Daten erhoben und vorhandene Daten manuell bearbeitet und eingepflegt werden. Dazu kommt der Abgleich von Messgeräten, die der Gebäudeeigentümer in Eigenregie montieren lassen hat und die nicht im Datenbestand des Messdienstunternehmens vorhanden sind. Weiterhin muss sichergestellt sein, dass nicht anzeigepflichtige Zähler (zum Beispiel Brauchwasserzähler) auch nicht an die Eichbehörden gemeldet werden. Insgesamt ist es erforderlich, sämtliche Daten manuell zusammenzustellen und auf Plausibilität zu prüfen. Auch aufgrund der Haftung und der damit verbundenen Sorgfaltspflicht stellt dies einen erheblichen Arbeitsaufwand dar, der nicht einfach „auf Knopfdruck“ für die Messdienstunternehmen zu erledigen ist.
Frühe Kritik
Die Anzeigepflicht bedeutet also für den Verwender, unabhängig davon, ob Immobilienunternehmen oder Messdienstleister, eine nicht unerhebliche Mehrbelastung. Gleichzeitig ist beim Einsatz gemieteter Messgeräte noch nicht rechtssicher geklärt, wer von beiden der Verwender ist. Dies ist eine unglückliche Situation, die gegenwärtig bei allen Beteiligten zu großer Verunsicherung führt. Damit stellt sich natürlich die Frage, wie es überhaupt so weit gekommen ist und welche Positionen die jeweiligen Institutionen und Verbände vertreten. Das MessEG wurde bereits am 25. Juli 2013 als Bundesgesetz verabschiedet. Für den Vollzug der in Paragraf 32 MessEG festgelegten Anzeigepflicht sind die jeweiligen Landeseichbehörden zuständig. Diese bestimmen auch die konkrete Auslegung des Gesetzes in ihrem Zuständigkeitsbereich, sodass hier in den einzelnen Bundesländern durchaus unterschiedliche Interpretationen des Verwenderbegriffs möglich sind. Schon früh wurde von verschiedenen Seiten kritisiert, dass dieser nicht eindeutig genug definiert sei und in der Praxis zu massiven Problemen führen könne.
Verbände reagieren unterschiedlich
Vor diesem Hintergrund hat die Arbeitsgemeinschaft Mess- und Eichwesen (Ageme) als Koordinierungsorgan der Eichaufsichtsbehörden der 16 Bundesländer am 28. Oktober 2014 ein Informationsblatt herausgegeben. Danach ist bei der Vermietung von Messgeräten durch Messdienstleister davon auszugehen, dass diese der Verwender des Messgeräts sind. Diese Position wird allerdings nicht weiter begründet und ist nach aktuellem Sachstand juristisch zumindest fraglich.
Bereits sehr früh hat der Dachverband Deutscher Immobilienverwalter reagiert und die Position der Agme in seinen Handlungsempfehlungen für die Verbandsmitglieder und in diversen Veröffentlichungen aufgegriffen – allerdings offensichtlich ohne weitere juristische Prüfung oder Begründung. Der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) hingegen vertrat insbesondere aus juristischer Sicht zunächst die Auffassung, dass der Verwender in jedem Fall der Eigentümer der Immobilie und damit das Wohnungsunternehmen ist. Ausschlaggebend hierfür waren vor allem haftungsrechtliche Bedenken.
Eigentümer in der Pflicht
Die Arbeitsgemeinschaft Heiz- und Wasserkostenverteilung (Arge Heiwako) als Interessenvertretung der Messdienstunternehmen hat ein juristisches Gutachten zu dieser Thematik erstellen lassen. Dieses kommt zu dem Ergebnis, dass der Gebäudeeigentümer sowohl bei gekauften als auch bei gemieteten Messgeräten als Verwender anzusehen ist. Die wichtigsten Gründe dafür sind hier kurz angeführt:
- Da der Gebäudeeigentümer die rechtliche und tatsächliche Kontrolle über die Funktionen der Messgeräte hat, hat er auch die alleinige Funktionsherrschaft über die Messgeräte. Das kurzfristige Auslesen der Erfassungsgeräte durch das beauftragte Messdienstunternehmen – sei es durch Funk oder durch eine manuelle Auslesung – hat hierauf keinen Einfluss. Dies gilt unabhängig davon, ob der Gebäudeeigentümer die Messgeräte gekauft oder vom Messdienstunternehmen angemietet hat.
- Schon in der Heizkostenverordnung wird der Gebäudeeigentümer als Verwender angesehen. Nach Paragraf 4 Absatz 1 der Heizkostenverordnung ist er verpflichtet, für die Erstellung der verbrauchsabhängigen Heiz- und Warmwasserkostenabrechnungen geeignete Messgeräte zu verwenden.
- Auch im MessEG selbst wird der Gebäudeeigentümer indirekt als Verwender bezeichnet. Nach Paragraf 32 Absatz 2 Nummer 1 MessEG besteht die Möglichkeit, dass der Verwender die zuständige Behörde informieren „lässt“, das heißt, dass diese Anzeige für den Verpflichteten durch einen Dritten erfolgen kann. Da Messdienstleister bereits als „Dritte“ im Verhältnis zu ihren Kunden stehen, wenn es um die Erstellung von verbrauchsabhängigen Heizkostenabrechnungen geht, zielt der Gesetzgeber auch hier auf deren Beauftragung durch den Gebäudeeigentümer als Verwender ab.
Sicht der Bundesregierung
Im Januar 2015 wurde eine parlamentarische Anfrage an die Bundesregierung gerichtet, mit der Bitte um eine Klarstellung bezüglich der Frage, wen die Anzeigepflicht bei gemieteten Messgeräten nun tatsächlich trifft. In der relativ knappen Antwort schließt sich die Bundesregierung der Position der Agme an und begründet dies damit, dass es naheliegend sei, den Messdienstleister bei der Vermietung von Messgeräten als Verwender im Sinne des MessEG anzusehen. Im Ergebnis überlässt die Bundesregierung die Entscheidung, ob ein Messdienstleister im Einzelfall unter den Verwenderbegriff fällt, aber den Landeseichämtern.
Damit hat die Bundesregierung eine Position eingenommen, ohne diese jedoch juristisch abzusichern. Zur Einschätzung, ob diese Position tatsächlich naheliegend ist, hätte es zumindest einer genaueren Begründung bedurft – auch um in dieser Fragestellung von prädestinierter Stelle für Klarheit zu sorgen. Der bloße Verweis auf die grundsätzlich den Landeseichbehörden zustehende Entscheidungskompetenz trägt nicht zu einer bundesweit einheitlichen und klaren Definition bei.
In der Folge hat sich der GdW mittlerweile der offiziellen Linie der Bundesregierung angeschlossen, fordert aber trotzdem eine klare, mit allen Ländern abgestimmte Definition des Verwenderbegriffs im Sinne des Paragrafen 32 MessEG. Dieser Forderung schließt sich auch die Arge Heiwako an und bittet im Zuge dessen darum, auch die im eigenen Rechtsgutachten angeführten Argumente zu berücksichtigen.
Fazit
Festzuhalten bleibt: Für alle Beteiligten ist die derzeitige Unklarheit mit Blick auf den „Verwender“-Begriff mehr als unglücklich. Sowohl die Wohnungswirtschaft als auch die Messdienstleister brauchen Planungs- und Rechtssicherheit. Dass die Bundesregierung in Anlehnung an die Interpretation der Adme zuletzt davon ausgeht, es sei „naheliegend“ im Falle von Mietgeräten die Messdienstleister zum Verwender zu machen, trägt dabei wenig zu einer tatsächlichen Klärung bei.
Im Gegenteil: Die bis heute einzige juristische Position im Markt, das Gutachten der Arge Heiwako, nennt durchaus plausible Gründe, warum es aus juristischer Sicht eben nicht naheliegend sein kann, die Messdienstleister zum „Verwender“ zu machen. Sollte sich diese gegenteilige Position auch rechtlich im weiteren Verlauf der Diskussion erhärten, kämen Bundesregierung, Agme und die übrigen Stellen, die momentan die Messdienstunternehmen als Verwender ansehen, in große Erklärungsnot – und nicht zuletzt die Wohnungseigentümer müssten sich im schlimmsten Fall mit empfindlichen Bußgeldern auseinandersetzen.
Die einfachste Lösung besteht momentan schlichtweg darin, zunächst seinen Messdienstleister mit der Anzeigepflicht zu beauftragen. Hier sollte von Fall zu Fall geklärt werden, ob der jeweilige Messdienstleister Spielräume anbietet oder gegebenenfalls Konditionen „unter Vorbehalt“ einräumt. Das jeweilige Vertragsmodell sollte berücksichtigen, dass die Kosten im Zweifelsfall umlagefähig sind.
Tim Geßler, Haltern am See