Kritik von Verbänden zum Beschluss des Bundestags
Wie angekündigt ist nun die Deckelung der Mietpreise bei Neuvermietungen auf höchstens 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete Gesetz. Kostet eine Wohnung bisher 5,50 Euro pro Quadratmeter und die ortsübliche Vergleichsmiete liegt bei 6,00 Euro, darf der Vermieter die Miete nur bis auf 6,60 Euro anheben.
In welchen Gebieten die Mietpreisbremse zum Zuge kommt, werden die Bundesländer festlegen. In vielen Ländern soll zunächst geprüft werden, in welchen Städten und Gemeinden sie tatsächlich notwendig ist. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) geht davon aus, „dass die Mietpreisbremse in Deutschland für fünf Millionen Wohnungen greifen kann und über 400.000 Mieterinnen und Mieter pro Jahr auch in den Genuss der Mietpreisbremse kommen können.“
Einige Spitzenverbände der deutschen Immobilienwirtschaft jedoch kritisieren den neuen Gesetzesentwurf. Haus-&-Grund- Präsident Rolf Kornemann bezeichnet es als befremdlich, mit welcher Leichtigkeit eine große Mehrheit der Bundestagsabgeordneten verfassungsrechtliche Bedenken beiseiteschiebt. „In ihrer Funktion als Gesetzgeber sind die Abgeordneten in ganz besonderem Maße dem Grundgesetz verpflichtet. Deshalb müssten begründete Hinweise auf verfassungsrechtliche Hürden zumindest ernsthaft diskutiert werden“, fordert der Verbandschef. Dies sei bei der Mietpreisbremse nicht ansatzweise geschehen. Er verwies dabei auf ein im November vergangenen Jahres veröffentlichtes Gutachten von drei renommierten Verfassungsrechtlern der Berliner Humboldt-Universität, in dem detailliert auf die verfassungsrechtlichen Probleme hingewiesen wird und mögliche Lösungswege aufgezeigt werden.
Laut Kornemann zeugt das Votum des Bundestags zudem von Unkenntnis marktwirtschaftlicher Prinzipien. „Wer glaubt, dass die Qualität, aber auch die Quantität des Wohnungsangebots von einer Preisobergrenze unbeeinflusst bleiben, der irrt. Die Eigentümer werden künftig nur noch das Notwendigste tun, um ihre Immobilien instand zu halten, weil sie ihre Aufwendungen nicht mehr refinanzieren können“, stellt Kornemann klar. Langfristig werde sich die Wohnungsqualität verschlechtern, was gerade auch Mieter spüren werden.
Vermieter-Mieter-Verhältnis leidet
Andreas Mattner, Präsident des Zentralen Immobilien-Ausschusses (ZIA), äußert ebenfalls Bedenken: „Die Entscheidung des Bundestags wird die Gerichte belasten und das Vermieter-Mieter-Verhältnis verschlechtern. Das Mietrechtsnovellierungsgesetz bleibt zudem auf eine Vielzahl von Fragen praxistaugliche Antworten schuldig, sodass insbesondere der Begriff ‚ortsübliche Miete‘ zukünftig für eine Vielzahl von Rechtstreitigkeiten sorgen wird“, so Mattner. Darüber hinaus leiste das Gesetz keinen Beitrag dazu, dass neuer und bezahlbarer Wohnraum in der erforderlichen Zahl geschaffen werde, da es sich einzig und allein auf die Verwaltung des Bestands beschränke. „Wir appellieren an die Bundesländer, das Instrument der Mietpreisbremse nur behutsam einzusetzen. Sinnvoll ist zudem eine steuerliche Förderung des Wohnungsbaus in den Gebieten, in denen die Mietpreisbremse künftig gilt. Der ZIA wird sich weiterhin dafür einsetzen, dass die Regulierungswut der Großen Koalition endlich gezügelt wird“, so Mattner weiter. Bauen sei besser als regulieren, denn über ein größeres Angebot könnten Mieten nachhaltig bezahlbar werden. Die Mietpreisbremse bekämpfe die wirklichen Ursachen für hohe Mieten daher nicht, die lägen nämlich an den sprunghaft gestiegenen Betriebskosten sowie in den durch den Staat verursachten hohen Kosten für den Neubau. „Hohe Grundstückskosten, unverhältnismäßig steigende technische und energetische Anforderungen, städtebauliche Wünsche und Vorgaben und Kostentreiber wie Abschöpfungsmodelle und natürlich die immer weiter steigende Grunderwerbsteuer verhindern die Herstellung bezahlbaren Wohnraums. Der Staat sollte endlich auch seine Selbstverantwortung akzeptieren und nicht immer die Lösungen woanders suchen“, sagt Mattner abschließend.
Auch die Bundesarbeitsgemeinschaft Immobilienwirtschaft Deutschland (BID) sieht den Rechtsfrieden zwischen Vermietern und Mietern gefährdet. Auch wenn im Gesetz zentrale Forderungen der Immobilienwirtschaft berücksichtigt wurden – wie die unbefristete Herausnahme neu errichteter Wohnungen, die Befristung der Mietpreisbremse auf fünf Jahre und die Beschränkung der Mietpreisbremse auf tatsächliche Mangellagen – zeigt sich die BID mit dem Ergebnis unzufrieden. Das eigentliche Ziel – mehr bezahlbarer Wohnraum in angespannten Wohnungsmärkten – werde eindeutig verfehlt. „Statt den Hebel bei der Mietbegrenzung anzusetzen, müssen Bundesregierung und Länder dafür sorgen, dass mehr Wohnraum entsteht“, kommentiert BIDVorsitzender und Immobilienverband- Deutschland-(IVD-)Präsident Jens-Ulrich Kießling den Beschluss des Koalitionsausschusses.
Mietspiegel sind nicht aussagefähig
Als offene Flanke im Gesetz bezeichnet Kießling, dass sich die Mietpreisbremse auf die Bezugsgröße der ortsüblichen Vergleichsmiete bezieht, die – soweit vorhanden – über qualifizierte Mietspiegel erhoben wird. „In Deutschland gibt es längst nicht in allen Städten qualifizierte Mietspiegel – und dort, wo sie vorhanden sind, sind sie statistisch und damit auch rechtlich angreifbar“, erklärt der BID-Vorsitzende. „Am Ende wird es für Vermieter in Zukunft sehr schwierig zu ermitteln sein, welche Miete sie nun verlangen dürfen.“ Diese Problematik scheint das Bundesjustizministerium billigend in Kauf zu nehmen: Laut Berechnungen des Ministeriums müssen Vermieter in Deutschland künftig eine Million Stunden jährlich aufwenden, um das zulässige Mietniveau zu ermitteln. „Ein Gesetz, das von vorneherein nicht für Rechtssicherheit sorgt, sondern sogar den Rechtsfrieden gefährdet, ist nicht akzeptabel“, so Kießling.
Der IVD fordert weiter eine Übergangsfrist für das Inkrafttreten des Bestellerprinzips. „Ohne eine solche Regelung wird es zu einer Rechtsunsicherheit kommen, wer den Immobilienmakler für die Wohnungsvermittlung bezahlt“, sagt Jürgen Michael Schick, Vizepräsident des IVD. Es herrsche Verunsicherung, wer den Makler bezahlen muss, wenn der Vermieter den Auftrag zur Vermietung noch vor Inkrafttreten der Neuregelung erteilt hat. Da dieser Auftrag aufgrund der bisherigen Rechtslage für den Vermieter provisionsfrei war, kann es nicht sein, dass auch der Mieter nichts zahlen muss. Der IVD fordert daher eine Übergangsregelung, nach der die Neuregelung erst für die Fälle gilt, in denen der Vermieter den Auftrag zur Vermittlung nach Inkrafttreten des Gesetzes erteilt hat.
Zudem fordert der IVD eine Frist von mindestens drei Monaten zwischen Verkündung im Bundesgesetzblatt und Inkrafttreten des Bestellerprinzips, damit Makler die Möglichkeit haben, sich auf die Neuregelung einzurichten. Die Forderung nach einer angemessenen Frist steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG). Im Wege einer einstweiligen Anordnung hat das Gericht auf Antrag eines Call-Center-Unternehmers den Zeitpunkt des Inkrafttretens einer Änderung des Telekommunikationsgesetzes als zu früh erachtet (BVerfG vom 4. Mai 2012, Aktenzeichen. 1 BvR 367/12). Die vom Gesetzgeber gewählte Frist war zu kurz bemessen, um sich auf die neue Rechtslage einzustellen. „In der vorliegenden Situation ist ebenfalls eine gewisse Vorbereitungszeit für die Wohnungsvermittler erforderlich, zumal die vorliegende Regelung sehr kompliziert ist“, sagt Schick. „Eine Provisionspflicht des Wohnungssuchenden ist nur noch in sehr engen Grenzen möglich, die zunächst erst einmal rechtlich ausgelotet werden müssen. Wird keine angemessene Frist gewährt, wird der wahre Wille der Politik endgültig erkennbar – es soll den Wohnungsvermittlern geschadet werden.“