Zwischen 2010 und 2015 sind die 78 Großstädte in Deutschland um mehr als 1,2 Millionen Einwohner beziehungsweise um 4,9 Prozent gewachsen. Allein die sieben größten deutschen Städte gewannen innerhalb von fünf Jahren mehr als 600.000 neue Einwohner. Das entspricht einem Plus von 6,6 Prozent. Eine Analyse des Bundesinstituts für Bau-, Stadt und Raumforschung (BBSR) nimmt die Bevölkerungsentwicklung der Großstädte seit Beginn der 90er-Jahre unter die Lupe und widmet sich den Herausforderungen, die das Wachstum für die Stadtplanung mit sich bringt.
Die Analyse zeigt: Die Zeichen stehen in den Großstädten erst seit der Jahrtausendwende auf Wachstum. Noch in den 90er-Jahren hatten viele Großstädte mit Bevölkerungsverlusten zu kämpfen – nicht nur in Ostdeutschland. Nur wenige sind in den letzten 30 Jahren dauerhaft gewachsen. Dennoch hat der Wachstumsschub im vergangenen Jahrzehnt frühere Verluste längst kompensiert, und die Siedlungsdichte hat zugenommen. Zwei Trends überlagern sich derzeit: Während die Zuwanderungszahlen aus dem Ausland gestiegen sind, geht die Binnenwanderungsbilanz in den Großstädten zurück. Einige Großstädte verlieren mehr Einwohner an andere Gemeinden als von dort zuziehen. Von einer negativen Binnenwanderungsbilanz ist unter anderen auch die Stadt München betroffen: „Dort treffen die höchste Siedlungsdichte und die geringsten Flächenpotenziale mit einem starken Bevölkerungswachstum zusammen“, sagt BBSR-Expertin Brigitte Adam. „Für viele Wohnungssuchende bleiben oft nur zwei Möglichkeiten: Entweder sie reduzieren die Wohnfläche oder suchen sich eine Bleibe im Umland.“
Auch in anderen Metropolen wie Hamburg, Köln und Frankfurt ist der Binnenwanderungssaldo zuletzt zurückgegangen. „Viele wollen nach wie vor in der Großstadt wohnen, weichen aber ins Umland aus und nehmen dafür mitunter lange Pendelwege inkauf“, erläutert Adam. Der hohe Nachfragedruck lastet der Studie zufolge in den Metropolen längst nicht mehr nur auf den lange Zeit schon besonders attraktiven, meist innenstadtnahen Stadtteilen, sondern weitet sich zunehmend auch auf deren Nachbarquartiere aus. Dort leben oft weniger zahlungskräftige Bevölkerungsgruppen. „Diese Gruppen geraten besonders in Bedrängnis, obwohl gerade sie auf kurze Wege und gute ÖPNV-Erreichbarkeiten angewiesen sind“, sagt Adam. „Die soziale Balance in den Städten durch die Bereitstellung bezahlbaren Wohnraums zu erhalten bleibt noch für lange Zeit eine zentrale Aufgabe der Städte.“