Der Vorsitzende der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU), Robert Feiger, hat vor einer neuen Sozialwohnungs-Not durch die Corona-Krise im kommenden Jahr gewarnt. Durch andauernde Kurzarbeit, Entlassungen, das Auslaufen befristeter Arbeitsverhältnisse und den Wegfall von Mini-Jobs als Folge der Corona-Pandemie werde in Deutschland die Zahl einkommensschwacher Haushalte deutlich steigen. Damit werde sich, so der IG BAUVorsitzende, das Problem des bezahlbaren und sozialen Wohnens, 2021 deutlich verschärfen und eine neue Dimension erreichen. „Es wird Zigtausende ‚Corona-Wohnverlierer‘ geben, weil
ihr Budget für Wohnkosten schrumpft“, so Feiger.
Insbesondere der Bedarf an Sozialwohnungen werde vor diesem Hintergrund weiter wachsen. Und dies vor dem Hintergrund, dass es hier schon seit Jahren einen enormen Nachholbedarf gebe. „Dass Bund, Länder und Kommunen in der Vergangenheit beim sozialen Wohnungsbau deutlich zu wenig getan haben, rächt sich jetzt in der Corona-Krise bitter. Und auch in der Nach-Corona-Zeit werden die Folgen des Niedergangs des sozialen Wohnungsbaus deutlich spürbarer sein als jetzt ohnehin schon“, so der IG BAU-Vorsitzende. Der Bestand an
Sozialwohnungen gehe seit Jahren zurück. „Im Schnitt der letzten fünf Jahre ist die Zahl der Sozialwohnungen in Deutschland um mehr als 43.000 pro Jahr gesunken. Rein rechnerisch verschwinden damit pro Stunde 5 Sozialwohnungen vom Markt – alle 12 Minuten eine. Der Bestand wird wohl zum Jahresende 2020 bundesweit die Marke von 1,1 Millionen Sozialwohnungen unterschreiten“, so Feiger.
Der IG BAU-Chef warnte ausdrücklich davor, die sozialen Probleme beim Wohnen weiter zu vernachlässigen. Feiger: „Mit Blick auf den sozialen und bezahlbaren Wohnungsbau ist es nicht fünf vor zwölf, sondern angesichts der Covid-19-Pandemie schon bald zwölf nach zwölf. Die Corona-Krise wird eine neue Sozialwohnungs-Not in Deutschland provozieren, die uns im schlimmsten Fall über Jahre erhalten bleiben wird. Die Zahl der Menschen, die sich hohe Mieten nicht mehr leisten können und eine bezahlbare Wohnung suchen, wird nochmals steigen. Bund, Länder und Kommunen müssen hier massiv gegensteuern.“ Feiger forderte hierzu die soziale Wohnungsförderung auf mindestens 6 Milliarden Euro pro Jahr aufzustocken, um in den kommenden zehn Jahren den Sozialwohnungsbestand auf mindestens 2 Millionen Wohnungen zu erhöhen. Zusätzlich sollten weitere 3 Milliarden jährlich für die Förderung des bezahlbaren Wohnungsbaus bereitgestellt werden.
Der Schaffung von sozialen, aber auch bezahlbaren Wohnungen müsse, so Feiger, endlich oberste Priorität eingeräumt werden – und zwar auch dann, wenn angesichts der finanziellen Corona-Folgen zukünftig die Haushaltskassen wieder deutlich leerer seien: „Die soziale Wohnfrage duldet kein Spardiktat. Die Förderung des sozialen Wohnungsbaus muss auch dann möglich sein, wenn der Handlungsspielraum von Bund, Ländern und Kommunen enger wird.“ Auch bei der Wohnungsbau-Bilanz der Bundesregierung insgesamt zog der IG BAU Bundesvorsitzenden zum Ende des Jahres und mit Blick auf das Bundestags-Wahljahr 2021 eine negative Bilanz. Es sei sicher, dass die Bundesregierung bis zum Ende der Legislaturperiode ihr selbst gestecktes Ziel von 1,5 Millionen neuen Wohnungen nicht erreichen werde. Robert Feiger: „Bis 2021 werden maximal 1,2 Millionen Wohnungen fertiggestellt sein.
Die Wohnraumoffensive der Bundesregierung ist qualitativ, aber auch quantitativ gescheitert. Es wird nach wie vor nicht nur zu wenig gebaut, sondern vor allem am Bedarf vorbei, weil Mieten und Kaufpreise für die meisten Haushalte nicht bezahlbar sind.“ Zu der von der IG BAU erwarteten Sozialwohnungs-Not kündigte Feiger eine Studie an, die die IG BAU gemeinsam mit dem Deutschen Mieterbund, der Caritas-Behindertenhilfe, dem Baustoff-Fachhandel und dem Dachverband der Mauerstein-Industrie Anfang Februar in Berlin vorstellen werde. Dazu werde dann auch ein „Akutplan 2025“ präsentiert, der als „Sozial-Kompass für die Wohnungsbaupolitik“ klare Forderungen für die neue Legislaturperiode des Bundestages an die Parteien richte.
Quelle: Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt Bundesvorstand
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