Verwalters neue WEMoG-Kleider: Richtige Beschlussbezeichnung in der Beschlussanfechtung und Grundsätze der Jahresabrechnung bei Kontenmehrheit
Was war passiert? Im neuen Fall des Bundesgerichtshofs (BGH) wird über die Jahresabrechnungsbeschlussfassung vor Gericht gezankt. Und zwar in gleich zwei Prozessen. Damit hat es folgende Bewandtnis: Am 1. Dezember 2017 wird über die Jahresabrechnung 2016 beschlossen, gefolgt von der Beschlussanfechtung des Klägers. Daraufhin wird in neuer Versammlung bereits am 2.1.2018 (!) erneut über die Jahresabrechnung 2016 beschlossen, wiederum ficht der Kläger an. In diesem zweiten, nun zum BGH gelangten Verfahren passiert allerdings das Missgeschick, dass das Datum der (zweiten) Eigentümerversammlung nicht genannt wird. Immerhin weist das AG Kaiserslautern die Klage wegen Nichtwahrung der Beschlussanfechtungsfrist ab.
Die Meinung des Gerichts: Das Landgericht (LG) Landau in der Pfalz ist großzügiger und der BGH folgt seinem Ansatz. Denn das LG entnimmt den Angaben in der Klageschrift, dass der angefochtene Beschluss infolge einer wörtlichen Übernahme des in der Versammlungseinladung für den 2. Januar 2018 enthaltenen Textes (zu TOP 2) identifiziert und darüber von anderen Beschlüssen unterschieden werden kann. Dagegen, so der BGH, sei revisionsrechtlich nichts zu erinnern, denn weder für die beklagten („übrigen“) Wohnungseigentümer noch für den
Verwalter habe zu irgendeinem Zeitpunkt Unklarheit über den mit der Beschlussanfechtung angegangenen Beschluss bestehen können. Interessant ist, dass der BGH die Einzelfallumstände als entscheidenden Parameter anspricht, so dass in jedem Fall ganz genau hingesehen werden muss. Was naturgemäß dann unterbleiben darf, wenn der Anfechtungskläger (respektive sein Rechtsanwalt) nur gründlich genug arbeitet.
ratschlag für den Verwalter: Der Fachverwalter wird in Zukunft, die BGH-Entscheidung erging noch zum altem Recht, in den Fokus geraten. Denn weil „Beschlussklagen“, wie es seit 1. Dezember 2020 heißt und worunter auch die Beschlussanfechtung verstanden wird (siehe Paragraf 44 Absatz 1 und Absatz 2 Satz 1 WEG 2020), seither gegen den (rechtsfähigen) Verband der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu richten sind, wird es nunmehr maßgeblich auf die Sicht des den Verband kraft Gesetzes vertretenden Verwalters ankommen (Paragraf 9b Absatz 1 Satz 1 WEG 2020).
Nur wenn ein Verwalter, wie gern in Zweiergemeinschaften (dazu zuletzt BGH [V ZR 288/19] Entscheidungsabdruck in NZM, Heft 4 vom 18. Februar 2021), fehlt, wird weiterhin der womöglich weniger professionelle Blick der dann den Verband gemeinschaftlich vertretenden Wohnungseigentümer (voraussichtlich inklusive des Beschlussanfechtungsklägers) maßgeblich bleiben. In der Sache selbst ist die BGH-Entscheidung deshalb von herauszuhebender Bedeutung, weil der BGH die Grundsätze der Jahresabrechnung bei Existenz von – wie in der Praxis üblich – mehreren Gemeinschaftskonten festzurrt. Die Darstellung der Instandhaltungsrücklage bezieht sich danach auf die Entwicklung der buchhalterischen Konten im Abrechnungsjahr (Soll- und Ist-Bestand). Deshalb sollte die Entscheidung vom Fachverwalter intensiv herangezogen werden, zumal der BGH, voraussichtlich mit entsprechender (Instruktions-)Absicht, das im Fall fragliche Rechenwerk abgebildet hat.
Dokumentation: BGH, Urteil vom 25. September 2020 (V ZR 80/19), Entscheidungsabdruck in NZM, Heft 24 vom 30. Dezember 2020