Was war passiert?
Im aktuellen Fall des Landgerichts (LG) Frankfurt a. M. wollte die Mehrheit der Wohnungseigentümer die bestehende Hausordnung abändern. Folglich wurde ein Beschluss gefasst, wonach „im allgemeinen Interesse die Haustür in der Zeit von 22.00 Uhr abends bis 6.00 Uhr morgens verschlossen zu halten (ist)“. Die später erhobene Beschlussanfechtungsklage wies das Amtsgericht (AG) Kassel ab!
Die Meinung des Gerichts
Nicht so das LG Frankfurt a. M. Es sieht im genannten Beschluss einen Verstoß gegen das Gebot ordnungsmäßiger Verwaltung. Offen bleibt deshalb, ob ein derartiger Beschluss schon gegen einschlägige Regelungen in der Hessischen Bauordnung verstößt und damit nach § 134 BGB nichtig wäre. Das LG meint nämlich, dass die Beschlussmehrheit bei der Abwägung der widerstreitenden Interessen nicht richtig liegt: Einerseits sei sicherlich zu gewärtigen, dass man aus Sicherheitsgründen – etwa aus Angst vor Einbruch oder Diebstahl – zur Nachtzeit eine abgeschlossene Haustür bevorzuge. Andererseits, und das wollte die Beschlussmehrheit in der Eigentümerversammlung, wiewohl der Aspekt angesprochen worden war, nicht gelten lassen, muss gegen das Sicherungsinteresse abgewogen werden das Interesse am effektiven Offenhalten des jederzeitigen und problemlosen Fluchtwegs für Notfälle, namentlich wenn es brennen sollte.
Ratschlag für den Verwalter
Panikschlösser können in Situationen wie der vorbeschriebenen die Ideallösung darstellen, über die die widerstreitenden Interessen „unter einen Hut“ gebracht werden können. Problematisch sind insoweit allein die durchaus nicht unerheblichen Kosten, die schnell vierstellig pro Tür ausfallen können. Auch ist ein regelmäßiger Wartungsintervall einzuhalten und sind die dafür anfallenden Kosten abzudecken. Ob den gewerblichen Nutzern in einem Wohn- und Geschäftshaus durch Mehrheitsbeschluss dahingehend entgegengekommen werden kann, dass zu definierten Tageszeiten das Schließsystem der Hauseingangstür so eingestellt wird, dass sich die Tür auf bloßen Druck öffnen lässt, zum Beispiel für den Zutritt von Patienten und Kunden (das „Häkchen“ hochgestellt wird), hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a. M. in NZM 2009, 440, bearbeitet. Es hat eine derartige Regelung als vom Ermessensspielraum der Wohnungseigentümer gedeckt angesehen.
Dokumentation: LG Frankfurt a. M., Urt. v. 12. 5. 2015 – 2-13 S 127/12, Entscheidungsabdruck in NZM Heft 15 vom 17.8.2015.
Von Rechtsanwalt Dr. Andreas Kappus, Frankfurt a.M.,
Schriftleiter der Neuen Zeitschrift für Miet- und Wohnungsrecht (NZM),
Verlag C. H. Beck, München und Frankfurt a.M.
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