Beispielhafte Urteile bei Baumaßnahmen
Im Zusammenhang mit Baumaßnahmen auf dem Nachbargrundstück durch fremde Eigentümer stellt sich die Frage, ob daraus Minderungsansprüche des Mieters gegen seinen Gebäudeeigentümer hergeleitet werden können. Ein Gesichtspunkt hierbei ist die Frage, ob der Mieter bei Vertragsbeginn mit einer solchen Baumaßnahme rechnen musste (erkennbare Baulücke), oder ob diese nicht zu erwarten war. Im Fall des Landgerichts (LG) Berlin, Urteil vom 7. Mai 2013, war der Fall eindeutig, weil der Vermieter durch seine eigene Baumaßnahme auf dem Nachbargrundstück unmittelbar neben der Mietwohnung die Fenster in der Küche und im Bad zugemauert hatte. Angesichts der Bedeutung dieser Räume für die gesamte Wohnung hält das Gericht eine Mietminderung von 20 Prozent für gerechtfertigt.
Ein Mieter muss nicht hinnehmen, dass der Schutz gegen die Möglichkeit des Einblicks von außen und die Sonneneinstrahlung durch ein Fenster im laufenden Mietverhältnis entfallen. Im Urteil des LG Düsseldorf vom 18. Juni 2014 machte der Mieter einen Mangel seiner Wohnung geltend, weil infolge einer Modernisierung zur Wärmedämmung die bisherigen Rollläden entfielen und der Vermieter ersatzweise dafür nur auf die Gardinen verwies. Dies war nach der Auffassung des Gerichts kein ausreichender Ersatz, der auch nicht durch die verbesserte Wärmedämmung geleistet werden konnte.
Zustand der Sache
Wie bereits mehrfach in anderem Zusammenhang erwähnt, muss der Mieter sich mit dem Zustand der Mietsache zufriedengeben, in dem sich die Mietsache bei Vertragsabschluss befand. Der technische Standard eines Gebäudes bestimmt sich nach dem Zeitpunkt seiner Einrichtung. Das Oberlandesgericht Saarbrücken entschied deshalb in seinem Urteil vom 8. Mai 2013, dass der gewerbliche Mieter eines Ladenraums die hohen Heizkosten in der Betriebskostenabrechnung hinzunehmen habe, die auf einer Einfachverglasung der Fensterflächen beruhten. Die Verglasung war zirka 30 Jahre alt und erfüllte die Voraussetzungen der damals gültigen Wärmeschutzverordnung, die Vorläuferin der Energieeinsparverordnung. Dieser Grundsatz gilt gleicherweise auch für den Zustand von Fenstern in Wohnungen.
Fenster haben in erster Linie eine Funktion zu erfüllen, sind aber nicht Schmuckstücke. In Berlin-Wedding verlangte eine Mieterin vom Vermieter, den Außenanstrich der Fenster zu erneuern. In das teilweise offene Holz könne Wasser eindringen. Beim Putzen der Fenster könnten die Farbablösungen des Fensteranstrichs am Putzmittel und an der Kleidung hängen bleiben. Die Mieterin verlangte die Erneuerung des Farbanstrichs, dazu die Feststellung einer Mietminderung um 5 Prozent und ihre Berechtigung der Zurückbehaltung von 15 Prozent der Miete bis zur Erneuerung.
Das Amtsgericht Berlin-Wedding wies die Klage ab. Eine Funktionsbeeinträchtigung des Fensters bestand nicht. Die Beeinträchtigung der Außenflächen der Fenster durch die abblätternde Farbe war zumutbar, da sie nur geringfügige Aufmerksamkeit beim Putzen erforderte. Eine Undichtigkeit des Fensters lag nicht vor. Die optische Beeinträchtigung spielt im Regelfall keine Rolle. Eine Ausnahme ist nur denkbar, wenn der Mieter etwa aus beruflichen Gründen auf einen ordentlichen optischen Eindruck gegenüber seinen Geschäftspartnern angewiesen ist.
Vereinbarungen unter Eigentümern
Die Fenster mit allen Bestandteilen sind Gemeinschaftseigentum. Wenn in der Teilungserklärung oder Gemeinschaftsordnung Fenster zu Sondereigentum erklärt werden, ist diese Erklärung nichtig und kann nach umstrittener Auffassung lediglich in eine Regelung zur Kostentragung umgedeutet werden. In der Praxis stellen sich immer wieder Fragen zum Umfang der Kostentragung für das Gemeinschaftseigentum an Fenstern durch einen Sondereigentümer. In dem genannten Artikel in der Zeitschrift Der Immobilien-Verwalter 6/2013, Seite 11, wurde bereits auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 2. März 2012 hingewiesen. Danach bleibt die vollständige Erneuerung der Fenster Sache der Gemeinschaft, wenn die Gemeinschaftsordnung nur die Pflicht zur Instandhaltung und Instandsetzung der Fenster und Rahmen im Bereich des Sondereigentums den einzelnen Wohnungseigentümern zuweist, den Außenanstrich hiervon aber ausnimmt.
Wenn also keine eindeutige Regelung vorliegt, bleibt die Verantwortung im Zweifelsfall bei der Gemeinschaft. Mit der Pflicht zur Instandhaltung und Instandsetzung wurde hier nicht nur die Kostenlast geregelt, sondern auch die Verwaltungsbefugnis des Sondereigentümers hierfür. Instandhaltung und Instandsetzung beinhalteten aber nicht die vollständige Erneuerung, zumal schon der Außenanstrich bei der Gemeinschaft verbleibt. Die Außenansicht des Gebäudes sollte damit einheitlich bleiben.
In dem Urteil des BGH vom 22. November 2013 hatte die Teilungserklärung die Instandhaltung und Instandsetzung an Fenstern (einschließlich Rahmen und Verglasung, ausgenommen der Farbanstrich der Außenseite der Fenster) im Sondereigentum oder als Gemeinschaftseigentum im Bereich des Sondereigentums den einzelnen Gemeinschaften auf eigene Kosten auferlegt. Außerdem war in der Teilungserklärung bestimmt worden, dass an der äußeren Gestaltung des Gebäudes keine Änderungen vorgenommen werden dürfen. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts wurde durch diese Regelung die Verantwortung für den Austausch der Fenster nicht dem einzelnen Sondereigentümer zugewiesen.
Deshalb war auch der Beschluss der Gemeinschaft über den Austausch des Fensters wegen der verbleibenden Kompetenz der Gemeinschaft nicht nichtig. Unter Bezugnahme auf Entscheidung vom 2. März 2012 kam der BGH hier zu dem Ergebnis, dass der Austausch der Fenster über die in der Teilungserklärung formulierte Instandhaltung und Instandsetzung hinausgeht und deshalb Sache der Gemeinschaft ist. Wenn die äußere Gestaltung des Gebäudes dort verbleibt, dann auch der Fensteraustausch wegen seiner Auswirkungen auf die Außenansicht des Gebäudes.
Interessenzwiespalt
Bei einem von Paragraf 16, Absatz 4 WEG geforderten Einzelfall kann der Einbau und die Bezahlung eines Fensters sowie die Kosten der späteren Pflege und Reparaturen durch einen Wohnungseigentümer genehmigt werden. Dagegen hat es die Rechtsprechung abgelehnt, dem Wohnungseigentümer auch die unmittelbaren Folgenkosten eines Fenstertauschs (infolge von Schimmelbildung) aufzuerlegen. Nach dem Urteil des LG Koblenz vom 3. Juli 2014 beinhaltet die Übertragung der Instandhaltung und Instandsetzung von Außenfenstern in einer Sondereigentumseinheit durch die Teilungserklärung auf die Rechnung eines Sondereigentümers auch die Pflicht, die Beseitigung anfänglicher Baumängel an den Fenstern vorzunehmen. Diese Entscheidung verdeutlicht den Interessenzwiespalt. Mit der Übertragung der Verwaltungszuständigkeit auf einen Sondereigentümer verliert die Gemeinschaft zwar die Kostenlast, aber auch die Möglichkeit, den Vorgang selbst zu steuern, und kann erst bei Fehlverhalten oder Untätigkeit des Sondereigentümers wieder eingreifen.
Es sprechen deshalb gute Gründe für eine Einschränkung der Übertragung von Aufgaben auf den einzelnen Sondereigentümer wie in den beiden Fällen der BGH Urteile.
Dr. Hellmuth Mohr
(Rechtsanwalt, Stuttgart)