Was war passiert?
Die Beklagte ist Halterin eines Pkw, der von einem Dritten auf dem Kundenparkplatz eines Verbrauchermarkts abgestellt wird. Nach Ablauf der 90 Minuten, die insoweit über eine entsprechende Beschilderung kenntlich gemacht erlaubt sind, schreitet der mit der strategischen Parkraumüberwachung betraute Unternehmer ein. Gemäß seiner rahmenvertraglichen Verpflichtung gegenüber der Grundstücksbesitzerin setzt er den Pkw der Beklagten um. Dafür berechnet er ihr gut zwei Jahre später 219,50 Euro. Als diese sich zu zahlen weigert, erhebt er Klage, unter anderem gerichtet auf diesen Betrag. Das Amtsgericht (AG) Berlin-Köpenick spricht 130 Euro zu (sich zusammensetzend aus 110 Euro „ortsüblichen“ Abschleppkosten und 20 Euro „Vorbereitungskosten“); das Landgericht (LG) Berlin weist die Klage ab.
Die Meinung des Gerichts
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshof (BGH) stellt das amtsgerichtliche Ergebnis wieder her: Die zugesprochenen 130 Euro leitet der BGH aus dem Rechtsinstitut der „berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag“ ab. Weil nämlich nicht nur der Fahrer des jenseits von 90 Minuten erlaubniswidrig abgestellten Pkw störe, sondern auch dessen Halter, entspreche es dessen Willen, dass der Berechtigte – sei er Grundstückseigentümer oder auch nur -besitzer (wie der Mieter) – im Rahmen von Selbsthilfe tätig werde und die Störungshandlung effektiv und zeitnah beseitige, ohne lang nach dem Halter forschen, den Fahrer ausrufen oder vergleichbare „mildere“ Tätigkeiten entfalten zu müssen.
Objektiv vorteilhaft sei dieses Tätigwerden, weil die Beklagte ja selbst zur Entfernung des Pkw verpflichtet gewesen sei, weil sie den berechtigten Besitz eines anderen störte. Nur die Halterermittlungskosten versagt der BGH, weil die Halteranfrage unter den konkreten Fallumständen nicht dem mutmaßlichen Willen der Beklagten entsprochen habe. Denn anders als in der Praxis üblich sei der Standort des Pkw ohne vorherige Begleichung der Umsetzungskosten bekannt gegeben worden (und dürfte somit Kenntnis der Parteien voneinander vorliegen).
Ratschlag für den Verwalter
Auch in der Praxis der Wohnungseigentumsverwaltung sind die Falschparker-Fälle an der Tagesordnung. Die neue BGH-Entscheidung gibt insoweit eine günstige Leitlinie vor, sobald nur klar ist, dass tatsächlich der gemeinschaftliche Grund betroffen ist (siehe dazu auch meinen Bericht in DIV Heft 6/2014, S. 11). Auch sollte stets geklärt sein, dass tatsächlich „geparkt“ und nicht bloß „gehalten“ wird: Denn erst längeres als dreiminütiges Halten macht den Vorgang auch zum „Parken“ im Sinn der Straßenverkehrsordnung. Aber auch insoweit hält die BGH-Rechtsprechung Erleichterungen bereit, die gerade gegenüber den „dauernd selben Sündern“ Abhilfe verspricht. Denn eine Wiederholungsgefahr kann schon dann vorliegen, wenn der beeinträchtigte Eigentümer – oder der Mieter – erkennbar in Eile ist, ihm ein Abstellen seines Kfz andernorts nicht möglich oder auf Grund größerer Entfernung nicht zumutbar ist (siehe dazu meinen Bericht in DIV Heft 6/2011, S. 308).
Dokumentation: BGH, Urteil vom 11. März 2016 – V ZR 102/15, Entscheidungsabdruck in NZM Heft 16 vom 26. August 2016.
Von Rechtsanwalt Dr. Andreas Kappus, Frankfurt a.M.,
Schriftleiter der Neuen Zeitschrift für Miet- und Wohnungsrecht (NZM),
Verlag C. H. Beck, München und Frankfurt a.M.
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