Selbst nach langem Nachdenken ergibt sich keine denkbare Konstellation des täglichen Lebens, die sich mit dem Vergütungswesen in der Immobilienverwaltung vergleichen ließe. Im Alltag ist es ausnahmslos so, dass die Leistung, die begehrt wird, auch bezahlt werden will. Oft schon im Vorfeld, üblicherweise Zug um Zug und aus Kundensicht am besten mit langem Zahlungsziel.
Man stelle sich vor, man fährt zur zertifizierten Überwachungsstelle, weil das Fahrzeug die TÜV-Prüfung benötigt. Die Prüfung erfolgt, die Plakette ist drauf. Der qualifizierte Prüfer – Sachverständiger auf seinem Gebiet – schaut den Kunden nun mit demütigem Gesichtsausdruck an und bittet darum, sein Vergütungsgesuch doch positiv zu beurteilen, weil er andernfalls umsonst gearbeitet hätte. Der Kunde entscheidet sich dagegen. Man zahlt doch schon Steuer und Versicherung für das Fahrzeug, da muss das doch drin sein! Die Plakette ist da, und wenn man in zwei Jahren wieder zum gleichen Prüfer kommt, wird dieser extrem freundlich grüßen, bestens bedienen, die Plakette wieder aufkleben und erneut höflich um Vergütung bitten. Und so geht das bei allen – vom Arzt bis zum Zimmermann. Das gibt es nur im Märchen? Weit gefehlt – willkommen in einer Wohnungseigentümergemeinschaft!
Mehraufwand durch Gesetzänderungen und Neueinführungen
Die Konstellation ist bekannt: Die Wohnungseigentümergemeinschaft benötigt eine Leistung, weil der Gesetzgeber das so geregelt hat. Eine Unterlassung kann unangenehme Folgen haben. Die Gemeinschaft erhält diese Leistung auch innerhalb der gesetzten Frist. Und wie sieht es mit der Bezahlung aus?
Die Politik scheint sich bei der Schaffung mehr oder weniger sinnvoller Verordnungen und Gesetze zulasten von Eigentümergemeinschaften zu überschlagen. Deren Umsetzung kann nur durch Fachleute – Immobilienverwalter – erfolgen. Allerdings setzt dies ein hohes Fachwissen voraus. Nur gut geschulte Verwalter, also in der Regel verbandsorganisierte Firmen, verfügen über dieses – jedoch nur durch einen erheblichen Einsatz und Mehraufwand.
Die Praxis ist erschreckend. Noch heute sind viele Häuser beispielsweise ohne Entnahmeventile ausgestattet und nicht gemäß Trinkwasserverordnung verprobt, verfügen über keinen Wärmemengenzähler vor dem Boiler, werden über ungeeichte Zähler abgerechnet und vieles andere mehr. Immobilienverwaltungen kommen einfach nicht mehr nach mit der Abarbeitung politisch motivierter Zusatzaufgaben. Sie sind in der Regel gut ausgelastet. Für die Umsetzung von neuen Gesetzen mit häufig fragwürdigem Praxisbezug besteht keine Kapazität. Das Paradoxe aber ist, dass die Immobilienfachleute diese zusätzlichen Leistungen auch noch kostenfrei erbringen sollen. Die Verrechnung des unbestritten vorhandenen Aufwands setzt eine formelle Basis voraus, die hier näher erläutert werden soll:
Basis für Sondervergütungen im Verwaltervertrag
Folgende Fälle sind zu unterscheiden:
- Im Verwaltervertrag sind keine Sondervergütungen vereinbart – das Risiko des entstehenden Aufwands ist eingepreist.
- Der Vertrag enthält eine umfangreich ausdifferenzierte Auflistung aller Einzelleistungen.
- Der Vertrag umfasst die Pauschalleistungen und listet Einzelleistungen zusätzlich auf.
Im Fall a) entfällt ein Sondervergütungsanspruch. Nach hier vertretener Auffassung kann er jedoch mit unangefochtenem Mehrheitsbeschluss doch begründet werden. Der Fall b) ist in der Praxis sehr selten, c) ist der in der Praxis am häufigsten vorkommende Fall. Er berechtigt jedoch nur dann zu Sondervergütungen für durch gesetzliche Änderungen verursachten Zusatzaufwand, wenn eine entsprechende Klausel im Verwaltervertrag vereinbart wurde.
Auf die Formulierung kommt es an
Das von renommierten Berufsverbänden empfohlene Formulierungsbeispiel, wonach gesetzliche Änderungen Sondervergütungen generieren, ist sinnvoll. Es bleibt jedoch rechtlich umstritten, weil es in der Regel unbestimmt gefasst ist und oft eine Carte blanche vermuten lässt. In jedem Fall sollte diese Klausel zur Beschlussfassung berechtigen. In ihr sollte dann transparent, übersichtlich und genau festgelegt werden, welcher Mehraufwand der Verwalter leistet und was er dafür erhalten soll. Dieser Weg ist so oder so immer die beste Empfehlung.
Formulierungen – auch noch so professionelle – scheitern häufig an den formellen Voraussetzungen für Allgemeine Geschäftsbedingungen. Außerdem ist ein genehmigender Mehrheitsbeschluss in der Eigentümerversammlung Voraussetzung für die Gültigkeit des Verwaltervertrags. Für diesen müssen wiederum alle Eigentümer Kenntnis vom Inhalt des Vertrags haben. Das ist in der Praxis jedoch noch nicht Brauch. Dennoch schafft nur ein so gefasster Mehrheitsbeschluss Anspruchssicherheit für eine Sondervergütung. Womit das hier anfangs geschilderte Märchen – zumindest aus Kundensicht – wahr wird: „Verwalter, du hast unser Problem zu lösen, und ob du etwas hierfür erhältst, bleibt unserer Laune am Tag der Versammlung vorbehalten.“
Viele Verwalterkollegen haben sich – aus falsch verstandener Dienstleistungseinstellung oder aus mangelndem Bewusstsein für die eigene hochwertige Leistung – nicht zum Beschlussvorschlag über eine Sondervergütung durchringen können.
Der Mehraufwand für den Nachweis nach Paragraf 35 (a) Einkommensteuergesetz, den Nachweis der Kapitalertragsteuer und des Solidarzuschlags, die Durchführung des Zensus, die Prüfung der Freistellungsbescheinigung von der Umsatzsteuer, die Umsetzung der Trinkwasserverordnung, die Organisation der Meldepflicht im Zuge des Mess- und Eichgesetzes, die Umsetzung auf das Sepa-Lastschriftverfahren, die Zuarbeit wegen des Mindestlohngesetzes wurde praktisch geleistet, ohne dass sich dies notwendigerweise betriebswirtschaftlich ausgewirkt hätte.
Gerade diese Einstellung hat Folgen. Eine uneinheitliche Linie innerhalb der Verwalterbranche bremst die Akzeptanz von Sondervergütungen in Eigentümergemeinschaften erheblich. Die Skepsis von Eigentümern ist sogar verständlich: Warum braucht die Verwaltung A für ihren Zusatzaufwand eine Vergütung und die Verwaltung B nicht? Der Kunde könnte, wenn der berechtigte Sondervergütungsanspruch nicht erhoben wird, zum völlig falschen Fazit gelangen, die Pauschalvergütung sei von vorneherein zu hoch kalkuliert gewesen.
Sondervergütungsanträge auf Eigentümerversammlungen sind unbeliebt – beim Eigentümer sowieso und beim Verwalter erst recht. Man stößt auf Unverständnis, muss sich rechtfertigen und um etwas völlig Selbstverständliches bitten. Dazu fehlt oft der Mut.
In diese Verlegenheit überhaupt gebracht zu werden ist das Problem. Solange die Verwalterbranche – ungeachtet hervorragender Arbeit einzelner Bundesverbände – immer noch ein Schattendasein führt und eine dürftige politische Anerkennung erlangt, wird sich an der Situation nichts ändern. Solange die herrschende Meinung in der Rechtsprechung sich darauf fokussiert, Vertragsklauseln und Beschlussfassungen zugunsten der Verwalter durch spitzfindige Rechtsprechung zu blockieren, bleibt alles wie bisher. Nur in Deutschland ist es möglich, als treuhänderischer Vermögensverwalter ohne entsprechende Anerkennung zu agieren.
Billigster Anbieter ist regelmäßig die falsche Entscheidung
Eigentümer sind gut beraten, bei der Auswahl der Verwalterfirma äußerst sensibel vorzugehen. Der Anspruch an Immobilienverwalter, der vor allem durch Gesetz und Rechtsprechung festgelegt ist, ist hoch. Diesem kann eine professionelle Firma nur gerecht werden, wenn Sie entsprechendes Personal vorhält, einen ausreichenden Versicherungsschutz nachweist und vor allem ein hohes Maß an Weiterbildung betreibt. All dies sind Kostenfaktoren. Die Entscheidung zugunsten des billigsten Anbieters ist regelmäßig die falsche Entscheidung. Die oftmalige Ablehnung von notwendigen Sondervergütungsansprüchen bewirkt in den meisten Fällen einen schleichenden Prozess in Richtung Vertragsauflösung. Hausverwaltungen mit entsprechender hochwertiger Qualifikation werden sich ihre Kunden in Zukunft auswählen können. So laufen unrentable Eigentümergemeinschaften Gefahr, zugunsten realistisch kalkulierender wegrationalisiert zu werden. Ein Wechsel des Verwaltungsunternehmens ist dann mit hoher Wahrscheinlichkeit mit Kompromissen verbunden und stellt oft die teuerste Lösung dar.
Martin Metzger
(Geschäftsführer Alpina Hausverwaltung Panhans und Metzger Rosenheim)