Die in der Rechtsprechung trotz zahlreicher Urteile noch nicht immer klar entschiedene Verantwortung zwischen Vermieter und Mieter für Feuchtigkeitsschäden ist bereits mehrfach dargestellt worden. Die Grundlage der Rechtsprechung soll deshalb nachfolgend hinterfragt werden. Dazu kommen Entscheidungen zu den Risiken des Vermieters, des Wohnungseigentümers und des Käufers bei Feuchteschäden.
Verhaltenspflicht des Mieters
Nach der durch den Bundesgerichtshof (BGH) eingeführten Beweisverteilung zwischen Vermieter und Mieter beim Streit um die Verursachung von Feuchtigkeitsschäden wird in der zweiten Stufe – erste Stufe: Nachweis durch den Vermieter, dass keine baulichen Mängel vorhanden sind – geprüft, ob der Mieter seine Lüftungspflichten erfüllt hat. Zum Umfang der Nachweispflicht hat das Amtsgericht (AG) Hamburg–Blankenese im Urteil vom 27. November 2013 (553 C 80/112) lehrbuchartig entschieden: Sind sämtliche Feuchtigkeitserscheinungen und Schimmelpilzbildungen auf Oberflächenfeuchtebildungen und nicht auf Bauteildurchfeuchtung und von außen zurückzuführen, sind alle Fensterelemente in einem konstruktiv ordnungsgemäßen Einbauzustand und liegen keine Schadensstellen an der Außenwand vor, ist allein falsches Heiz- und Lüftungsverhalten des Mieters Schadensursache.
Der Umfang dieser Pflichten wird vor Gericht regelmäßig vom Sachverständigen bestimmt. Diese Pflichten hängen wesentlich vom Nutzungsverhalten des Mieters und der damit verbundenen Feuchtigkeitsentwicklung ab. Hierbei ist kritisch zu hinterfragen, wodurch eine solche Obhutspflicht des Mieters entstehen kann, wenn keine vertragliche Regelung hierzu besteht. Im Gegensatz zu der erwähnten Prüfungsabfolge der Rechtsprechung, die bei der Bestimmung des Umfangs der Lüftungspflicht eine solche dem Grunde nach voraussetzt, muss deshalb zunächst gefragt werden, worauf sich diese Pflicht stützen kann. Denn dem Mieter ist zwar grundsätzlich bekannt, dass er die Mietsache nicht über den normalen Mietgebrauch hinaus verschlechtern darf. Welche Maßnahmen dazu im Einzelnen (hier: Häufigkeit und Dauer des Lüftens) erforderlich sind, weiß er jedoch nicht. Es bedarf also zunächst einer Unterrichtung durch den Vermieter.
Pflicht zur Intensivierung
Die Pflicht zur Lüftung oder Intensivierung derselben kann erst im laufenden Mietverhältnis eintreten, insbesondere durch den Einbau neuer Fenster. Auch hier muss der Vermieter die neue Lüftungspflicht dem Mieter mitteilen, weil der Mieter das neue Lüftungsverhalten nicht kennt. Aktuelle Beispiele hierfür:
- Urteil des Landgerichts (LG) Gießen vom 2. April 2014 (1 S 199/13): Nach dem Einbau neuer Fenster kann nur das bisher übliche Lüftungsverhalten verlangt werden, Mietminderung im konkreten Fall 15 Prozent.
- LG Aachen, Urteil vom 2. Juli 2015 (2 S 327/14): Besteht die Schadensursache für Schimmelbildung nach Feststellung eines Sachverständigen aus einer Kombination von normalem Lüftungsverhalten und Möblierung einerseits und andererseits einer Möblierung mit unterbliebener überobligationsmäßiger Lüftung/Heizung, so hat der Vermieter den Entlastungsbeweis nicht geführt. Denn der Vermieter hat auf die Mangelhaftigkeit der Mietwohnung nicht oder nicht in ausreichender Weise hingewiesen. Ohne einen solchen Hinweis liegt keine schuldhafte Pflichtverletzung des Mieters vor. Zu einem über die normale Pflicht hinausgehenden Lüften ist der Vermieter also nur auf einen entsprechenden konkreten Hinweis des Vermieters verpflichtet.
- AG Bremen, Urteil vom 18. Juni 2015 (9 C 447/13): Nachdem der Mieter die Schimmelpilzbildung in der Mietwohnung gerügt hatte, kam der vom Vermieter beauftragte Sachverständige zum Ergebnis, dass die Schimmelpilzbildung auf ein unzureichendes Heiz- und Lüftungsverhalten des Mieters zurückzuführen sei. Der Gerichtssachverständige bestätigte dies nicht. Die Feuchtigkeit in der Wohnung sei überwiegend auf bauseitige Ursachen zurückzuführen, wofür er einige bauseitige Defizite benannte. Bei Außentemperaturen von minus 3 bis minus 5 Grad Celsius müsse der Mieter auf mindestens 23 Grad heizen, um die Konzentratbildung an den Wärmebrücken zu vermeiden. Nach Auffassung des AG bestand eine Heizpflicht des Mieters nur bis 18 Grad. Mehr als zweimal am Tag müsse nicht gelüftet werden. Auch dürfe der Mieter seine Möbel an die Wand heranstellen. Durch den Einbau von Isolierglasfenstern in einem Altbau war die Schimmelpilzanfälligkeit gesteigert worden, Außenwandstärke nur 24 Zentimeter. Eine gesteigerte Obhutspflicht des Mieters zum Heizen oder Lüften konnte der Vermieter nicht nachweisen. Allein durch die Übergabe einer Informationsbroschüre kam eine solche Pflicht nicht zustande.
Umfang der zumutbaren Lüftung
Zum Umfang der zumutbaren Lüftung kann auf die vorliegende Rechtsprechung zurückgegriffen werden. Angesichts der vielfältigen Entscheidungen der Instanzgerichte wird nochmals auf die Entscheidung des BGH aus dem Jahr 2007 hingewiesen. Danach ist bei Anwesenheit ein viermaliges Lüften während des Tags durch Stoßlüftung der Fenster für drei bis acht Minuten zumutbar. Nach der Entscheidung des LG Frankfurt vom 16. Januar 2015 gilt dies nicht für die Zeit der Abwesenheit, während der keine Feuchtigkeit entstehen kann. Die Wohnung muss aber mit normaler Luftfeuchtigkeit verlassen werden. Die Trennungslinie ist nicht immer einfach zu finden. So verlangt das AG Tempelhof– Kreuzberg, Urteil vom 19. Oktober 2015 (20 C 234/15), dass der Mieter bis zu dreimal am Tag lüften und der Vermieter darüber hinaus durch zusätzliche Belüftungseinrichtungen ein Raumklima schaffen muss, bei dem eine Lüftung in dieser Häufigkeit ausreicht.
Informationspflicht des Vermieters
Hinsichtlich der Informationspflicht des Vermieters ist der Fall anders zu beurteilen, wenn der Mieter sein Nutzungsverhalten ändert, etwa die Waschmaschine und den Trockner nicht mehr im gemeinsamen Waschraum benutzt, sondern in der eigenen Wohnung, oder, wie von der Rechtsprechung entschieden, ein Terrarium anschafft, das eine hohe Luftfeuchtigkeit benötigt. Wenn dies nicht der vertraglich vorgesehenen Nutzung entspricht, muss sich der Mieter die notwendigen Informationen zum Lüften besorgen.
Bei einer vertraglichen Regelung der Lüftungspflicht ist Folgendes zu beachten: Die Regelung muss ausreichend klar und erkennbar getroffen sein, also zum Beispiel nicht versteckt in der Hausordnung, die nur Pflichten zwischen den Mietern, aber nicht zum Vermieter regelt. Inhaltlich müssen die Umstände genannt werden, die die Lüftung und deren Umfang erforderlich machen, ebenso der Wegfall der Pflicht bei Ortsabwesenheit.
Streit um Feuchtigkeitsschäden
Nach einem durch Feuchtigkeit verursachten Hausschwammbefall gewährte der Mieter dem Vermieter zur Durchführung von Notmaßnahmen den Zutritt und zog vorübergehend in ein Hotel. Zur Durchführung weiterer Sanierungsmaßnahmen verweigerte der Mieter den Zutritt und verlangte für seine Zustimmung die Erstattung der Hotelkosten. Der Vermieter erwirkte eine einstweilige Verfügung, gegen die der Widerspruch des Mieters erfolglos war. Der Vermieter erklärte die fristlose Kündigung, die nach Auffassung des BGH gegen die Entscheidung des LG wirksam war (Urteil vom 15. April 2015; VIII ZR 281/13). Eine fristlose Kündigung wegen Missachtung der Duldungspflicht setzt weder einen rechtskräftigen Titel noch ein querulatorisches Verhalten des Mieters voraus.
Ein Mieter war im April 2011 rechtskräftig zur Räumung verurteilt worden, räumte aber erst im April 2012 und bezahlte die Miete nur bis Dezember 2011. Der Vermieter verlangte für den Zeitraum Januar bis April 2012 Nutzungsausfall in Höhe der zuletzt vereinbarten Miete. Der Mieter wandte ein, zwischen Dezember 2011 und April 2012 seien wiederholt Wasserschäden aufgrund einer mangelhaften Dachentwässerung aufgetreten, die ihn zur Mietminderung berechtigten. Der BGH, Urteil vom 27. Mai 2015 (XII ZR 66/13), bestätigte eine Rechtsprechung bereits aus dem Jahr 1960, dass es für den Anspruch auf Nutzungsentschädigung unerheblich ist, ob sich der Gebrauchswert der vorenthaltenen Mietsache nach Vertragsbeendigung reduziert. Nach Beendigung des Mietvertrags besteht ein gesetzliches Schuldverhältnis, gerichtet auf Abwicklung, dem der Anspruch des Mieters auf Mängelbeseitigung fremd ist. Der BGH hielt an seiner Rechtsprechung fest und verwies nur im Ausnahmefall auf eine Korrektur nach Paragraf 242 Bürgerliches Gesetzbuch, wenn eine nachvertragliche Verpflichtung zur Instandhaltung der Mietsache geboten ist, die den Vermieter nicht unzumutbar belastet. Dieser Ausnahmefall lag hier nicht vor.
Ein Fall zum Wohnungseigentum (Urteil des BGH vom 17. Oktober 2014 (V ZR 9/14): Das Sondereigentum eines Wohnungseigentümers an Kellerräumen war nachträglich zulässigerweise zu Wohnzwecken ausgebaut worden. Aufgrund mangelhafter Abdichtungsmaßnahmen kam es zu massiven Feuchtigkeitsschäden, sodass das Sondereigentum nicht mehr als Wohnung genutzt werden konnte. Unter den Wohnungseigentümern kam kein Beschluss über die Erhebung einer Sonderumlage zur Durchführung von Instandsetzungsmaßnahmen zustande. Instandsetzungs- oder Vorbereitungsmaßnahmen hierzu (Planung) waren nicht Gegenstand der Beratung.
Der geschädigte Sondereigentümer begehrte Zustimmung zum Beschluss über die Erhebung der Sonderumlage mit der anteiligen Kostentragung der Wohnungseigentümer und Schadenersatz wegen verzögerter Instandsetzung. Nach Auffassung des BGH besteht ein Anspruch auf Zustimmung, weil die Durchführung der Sanierung nur dann ordnungsgemäß ist, wenn die Aufbringung der Mittel gesichert ist. Darüber hinaus besteht ein Schadenersatzanspruch gegen diejenigen Wohnungseigentümer, die schuldhaft entweder an der Beschlussfassung nicht mitgewirkt, gegen die erforderliche Maßnahme gestimmt oder sich enthalten haben. Beim vom Vermieter zu vertretenden Schimmelbefall einer Wohnung stellt sich für den Mieter die Frage der angemessenen juristischen Gegenwehr. Zum einen kann er die Miete mindern. Wenn er dabei aber übermäßig mindert, riskiert er die Kündigung wegen Verzugs der Mietzahlung. Ratschlag deshalb: Zahlung unter Vorbehalt. Im Fall des BGH, Beschluss vom 27. Oktober 2015 (VIII ZR 288/14), war der Mieter noch weiter gegangen und hatte zur Mietminderung wegen Schimmelbefalls die Miete auf die Hälfte gemindert und einen Monat überhaupt nicht bezahlt (sogenanntes Zurückbehaltungsrecht, Bürgerliches Gesetzbuch, Paragraf 273).
Das LG hatte die Mietminderung nur um 20 Prozent gebilligt. Das Zurückbehaltungsrecht kennt die dreifache Höhe (60 Prozent) an. Es kam deshalb zum Ergebnis, dass die Kündigung durch den Vermieter wegen Zahlungsverzugs unwirksam sei. Dem BGH war dies zu viel. Während die Mietminderung die ungenügende Leistungserbringung durch den Vermieter berücksichtige, solle das Zurückhaltungsrecht den Mieter veranlassen, das mangelbedingte Ungleichgewicht in der Vertragsbeziehung für die Zukunft zu beseitigen. Deshalb könne das Zeugplanungsrecht nicht ohne zeitliche Begrenzung auf einen mehrfachen Betrag der monatlichen Minderung oder der Kosten für die Mangelbeseitigung bemessen werden. Bei einem solchen Doppelschlag durch den Mieter durch Mietminderung und Zurückbehaltungsrecht ist deshalb Vorsicht geboten.
Feuchtigkeit im Haus des Käufers
Die Rechtsprechung gibt immer wieder neuen Anschauungsunterricht, wie risikoreich der Kampf des Käufers einer feuchten Immobilie sein kann. Im Urteil des OLG Düsseldorf vom 10. März 2015 (I 21 U 93/14) hatte der in einem selbstständigen Beweisverfahren beauftragte Sachverständige Feuchtigkeitserscheinungen festgestellt: eine fehlende Abdichtung und Dränage des Außenpodests sowie eine fehlende Abdichtung der Kelleraußenwände. Der Käufer klagte deshalb wegen des Mangels auf Rücktritt vom Kaufvertrag, hilfsweise auf Anfechtung seiner Willenserklärung zum Abschluss des Kaufvertrags wegen arglistiger Täuschung.
Der Sachverständige hatte die Sanierungskosten auf einen Betrag zwischen 22.400 und 27.300 Euro berechnet bei einem Kaufpreis von 312.500 Euro. In beiden Instanzen war der Käufer ohne Erfolg. In der ersten Instanz hatte das LG nach Auffassung des OLG zu Unrecht die Wesentlichkeit des Mangels als Voraussetzung zur Ausübung des Rücktrittsrechts verneint. Es sah die Grenze erst bei 10 Prozent. Hier ist durch die Entscheidung des BGH vom 28. Mai 2014 eine Klärung eingetreten, weil nun im Regelfall 5 Prozent ausreichen. Diese Grenze gilt nach Auffassung des OLG auch bei einer gebrauchten Immobilie. Einen Risikoaufschlag muss sich der Käufer also hierbei nicht bieten lassen. Wie im vorausgegangenen Artikel lag das Problem hier bei dem Nachweis der Arglist. Hiervon konnte der beweispflichtige Käufer das Gericht nicht überzeugen. Der Verkäufer hatte zwar in einem Schreiben an den Käufer auf Feuchtigkeit im Keller bei starken Regenschauern hingewiesen, dies aber durch die Kelleraußentür und nicht, wie durch den Sachverständigen festgestellt, durch das Mauerwerk.
Der Nachweis der Arglist ist deshalb für den klagenden Käufer schwierig, weil aufgrund von Beweisanzeichen der Nachweis geführt werden muss, dass der Verkäufer mit bedingtem Vorsatz gehandelt hat. Eine leichtfertige oder grob fahrlässige Unkenntnis allein reicht für die Arglist nicht aus. Da die Arglist ein innerer Vorgang ist, müssen dem Gericht entsprechende Sachverhalte vorgetragen werden, aus denen der Richter dann auf die Arglist schließen kann. Aus dieser Erläuterung ergibt sich, dass dies immer ein Spiel mit dem Risiko ist. Die Lehre kann deshalb nur sein, ausreichend klare Aussagen durch schriftliche Bestätigungen oder Zeugenaussagen, die möglichst nicht, wie im vorliegenden Fall, wegen der eingeschränkten Glaubwürdigkeit aus der eigenen Familie stammen sollten, zu schaffen.
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[tab title=“Der Autor“]Dr. Hellmuth Mohr
Rechtsanwalt, Stuttgart[/tab]
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Dieser Fachbeitrag von Dr. Hellmuth Mohr ist zuerst im Modernisierungs-Magazin, Ausgabe 06/2016 (Juni) erschienen. Das Modernisierungs-Magazin ist eine der führenden Fachpublikationen für Entscheider in der Wohnungswirtschaft. Weitere Informationen zur Zeitschrift, auch zu einem möglichen Bezug, finden Sie » hier.