Trübe Aussichten
Nicht immer bleibt der Blick durch neue Fenster oder auf neue Fassaden ungetrübt, wenn damit Rechtsfragen verbunden sind. Im nachfolgenden Artikel geht es um praktische Fälle aus dem Werkvertragsrecht bei der Ausführung von Baumaßnahmen für Fenster und Fassaden und aus dem Wohnungseigentumsrecht.
Fensterbau gegen Rasterplanung
Zur Errichtung eines repräsentativen Firmengebäudes am Stammsitz der Gesellschaft wurde vom Bauherrn ein Architekt für die Leistungsphasen 6 bis 9 der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI), also auch der Objektüberwachung, beauftragt. Der planende Architekt hatte zuvor in allen Stockwerken des Gebäudes umlaufende Fensterbänder in einer Metall-Glas-Konstruktion vorgesehen, die einem festgelegten Raster folgten. Diese Rastereinteilung sollte im Innern des Bauwerks fortgesetzt werden und verschiedene Systemwände zur variablen Gestaltung der Büroräume ermöglichen. Der mit den Metallbau-, Verglasungs- und Sonnenschutzarbeiten beauftragte Auftragnehmer führte die Arbeiten im Erdgeschoss sowie im ersten bis vierten Obergeschoss abweichend von dieser Rasterplanung aus. Deshalb konnten die Nachfolgegewerke nur abweichend von der ursprünglichen Planung ausgeführt werden. Der Bauherr ließ die von der Rasterplanung abweichende Ausführung zurückbauen. Wegen dieser Nachbesserung wurden bereits ausgeführte Leistungen anderer Handwerker ebenfalls zurückgebaut und mussten erneut ausgeführt werden.
Gesamtschuldner haften
In einem ersten Gerichtsverfahren wurde zunächst vom Landgericht (LG) festgestellt, dass der mit der Bauaufsicht beauftragte Architekt und der mit der Ausführung der Fensterbänder beauftragte Handwerker als Gesamtschuldner für den entstandenen Schaden haften. Die Berufung gegen dieses Urteil zum Oberlandesgericht (OLG) war erfolglos. Im zweiten Verfahren ging es um die konkrete Höhe des Schadenersatzanspruchs. Auch dieses Verfahren ging vom LG zum OLG, Urteil des OLG Stuttgart vom 8. Dezember 2015 (10 U 132/13). Der zuerst vor dem LG geltend gemachte Schadenersatzanspruch gegen den Architekten wurde vom OLG im Wesentlichen bestätigt. Bei der Festlegung des Schadenersatzanspruchs ging es um folgende Streitfragen.
Die insgesamt vier Nachfolgefirmen des ursprünglich mit der Ausführung der Fensterbänder beauftragten Unternehmens machten für die beim Fassadenaustausch erforderliche Versetzung der bereits angebrachten Heizkörper einen Nachtragsauftrag geltend, den der Auftraggeber akzeptierte und als Schadensposition im Prozess geltend machte. Nach Auffassung des OLG handelte es sich hierbei um einen neuen adäquat kausalen Schaden, der als Mangelfolgeschaden des mangelhaften Architektenwerks zu ersetzen war. Denn der Auftraggeber war gegenüber dem beklagten Architekten nicht verpflichtet, die von den vier Nachfolgeunternehmern bestrittene Gewährleistungspflicht zeitaufwendig in einem Gerichtsverfahren abzuklären. Der Architekt konnte nicht nachweisen, dass ein dritter Unternehmer die Mängelbeseitigung günstiger bewirkt hätte. Dem Auftraggeber steht es frei, ob er wegen eines Mangels am Bauwerk den Unternehmer oder – wie im zweiten Verfahren geschehen – den Architekten, der seine Aufsichtspflicht verletzt hat, in Anspruch nehmen will.
Beide haften als Gesamtschuldner in voller Höhe des geltend gemachten Anspruchs. Der vom Auftragnehmer verlangte Anspruch auf Nacherfüllung nach Paragraf 635 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) konnte vom Architekten nicht wegen Unverhältnismäßigkeit verweigert werden. Bei der Abwägung zwischen dem für die Nacherfüllung anfallenden Aufwand mit dem dadurch erzielten Erfolg am Gebäude kann sich der Architekt nur auf seinen eigenen Aufwand für die Nachbesserung des Planungsmangels berufen, nicht aber auf den hier geltend gemachten Mangelfolgeschaden. Die Berufung auf die Unverhältnismäßigkeit ist gegenüber der Schadenshöhe nicht möglich.
Fazit: Die Verletzung der Pflicht zur sorgfältigen Ausführung der geschuldeten Bauleistung kann weitreichende finanzielle Folgen haben, sowohl für den Architekten wie für den Unternehmer. Gesamtschuld mehrerer Handwerker
Für den von einem Baumangel betroffenen Bauherrn bietet die Gesamtschuldnerschaft mehrerer Beteiligter den Vorteil, dass er gegen einen Beteiligten seinen vollen Anspruch geltend machen kann, während dieser dann im Innenverhältnis unter allen Beteiligten einen Ausgleich nach Verursachungsanteilen hat. Im Werkvertragsrecht ist der klassische Fall die Gesamtschuldnerschaft wie im vorausgegangenen Fall derjenige zwischen dem Architekten und dem Bauunternehmer hinsichtlich der von ihnen gemeinsam oder wechselseitig zu verantwortenden Baumängel. Eine Gesamtschuldnerschaft ist auch möglich zwischen dem Architekten und dem Statiker.
Verschiedene Bauunternehmer haften dann als Gesamtschuldner, wenn ihre fehlerhaften Leistungen zu Mängeln geführt haben, die nur einheitlich beseitigt werden können. Der Regelfall bei Bauwerkleistungen ist dies jedoch nicht, auch nicht zwischen dem Haupt- und Subunternehmer. Ebenso wenig reicht es aus, wenn der Baumangel auf den Vorunternehmer zurückzuführen ist und der nachfolgende Unternehmer lediglich einen Hinweis auf die mangelhafte Leistung des Vorunternehmers unterlassen hat. Das OLG Düsseldorf hatte im Urteil vom 23. Oktober 2015 (22 U 57/15) die Frage der Gesamtschuldnerschaft bei einem undichten Neubau zu entscheiden, wofür der Fensterbauer, der Haustechniker und der Trockenbauer verantwortlich sein konnten. Es hat die Abgrenzung zwischen voneinander völlig getrennten Bauleistungen und einer Gesamtschuld danach getroffen, ob eine zweckgerichtete Verbindung der einzelnen Werkleistungen vorliegt, um eine einheitliche Bauleistung zu erbringen. Bei dem Neubau war durch einen Blower-Door-Test sachverständig festgestellt worden, dass der Mangel der Luftdichtigkeit der Gebäudehülle ihre Ursache zumindest teilweise in verschiedenen Gewerken der genannten Handwerker hatte. Da damit festgestellt war, dass die Werkleistungen der genannten Unternehmer Mängel aufwiesen, hat das OLG wegen der hinsichtlich der Dichtigkeit des Gebäudes gleichartigen Leistungspflichten der beteiligten Handwerker eine einheitliche Bauleistung angenommen und die Gesamtschuld bejaht.
Die nicht ganz schwarze Fassade
Ein Bauunternehmer sollte bei dem von ihm zu errichtenden Geschäftshaus über drei Etagen eine schwarze Designer- Glasfassade errichten. Die einzelnen Glaselemente sollten dabei mit ihrer Tragkonstruktion verklebt werden, sodass von außen nur feine Fugen sichtbar sind. Für die benötigten Abstandshalter wurde die Farbe schwarz vereinbart. Der Bauunternehmer beauftragte den Fensterbauer mit der Herstellung und der Verklebung der Fassadenelemente. Nach Errichtung der Glasfassade am Gebäude schienen die Abstandshalter teilweise in silbriger Farbe durch, weil sie nicht komplett mit schwarzem Kunststoff ummantelt waren. Das LG verurteilte den Bauunternehmer auf seine Zahlungsklage zu einer Leistung Zug um Zug gegen Nachbesserung.
Vor dem OLG Celle, Urteil vom 19. Dezember 2013 (6 U 73/13) hatte der Bauunternehmer dagegen Erfolg. Im Gegensatz zu den bei dem Urteil des OLG Stuttgart geschilderten Überlegungen war hier die geforderte Nacherfülmäßig. Ein besonderes Erscheinungsbild der Fassade war vertraglich nicht vereinbart worden. Den Bauunternehmer traf keine besondere Schuld an dem Mangel. Dagegen war der Beseitigungsaufwand im Vergleich zur optischen Beeinträchtigung extrem hoch. Das Durchschimmern der Abstandshalter in silbriger Farbe war nur bei einer Einzelbetrachtung bei fünf von insgesamt 14 Elementen feststellbar und beeinträchtigte den gesamten Eindruck der Fassade nicht. Der Minderungsbetrag für die fünf Elemente wurde vom Gericht auf 750 Euro geschätzt.
Der Fall zeigt auf, wie wichtig es ist, den Vertragsinhalt umfassend und eindeutig zu fixieren. Allein durch die Produktbeschreibung (schwarze Designer-Glasfassade) ergibt sich noch nicht die vom Bauherrn möglicherweise erwartete schwarze Farbe der Fassade.
Das Fenster zwischen Gemeinschafts und Sondereigentum
Die Jalousien vor den Fenstern sind in ihrer rechtlichen Eigenschaft unterschiedlich zu bewerten: Zugvorrichtung und Gurte sind Sondereigentum. Die Jalousien vor dem Fenster können Sondereigentum sein. Der Kasten und die offenliegenden Führungsschienen sind Gemeinschaftseigentum, insbesondere wenn sie außen liegen, so schon das OLG Frankfurt in einem Beschluss vom 12. Juni 2003 (20 W 558/00). Im Streit vor dem Amtsgericht (AG) Würzburg, Beschluss vom 12. April 2016 (30 C 820/15), wandte sich ein Miteigentümer gegen die Bezahlung des Aufwands für den Austausch einer Gurtscheibe im Rollladenkasten aus dem Gemeinschaftsvermögen, immerhin mit einem Betrag von 5623 Euro. Das AG billigte die Auffassung des Klägers, auch ohne Verweis auf den Beschluss des OLG Frankfurt. Nur der Panzer und der Rollladenkasten sind Gemeinschaftseigentum, da sie das äußere Erscheinungsbild der Fassade prägen. Dagegen ist die Zugvorrichtung (Gurtscheibe und Gurtband) Sondereigentum. Die Tatsache, dass die Gurtscheibe im Rollladenkasten (Gemeinschaftseigentum) liegt, ist ohne Bedeutung, da sich der Rollladenkasten regelmäßig beschädigungsfrei öffnen lässt.
Jalousien als bauliche Maßnahme?
Dem Grunde nach ist diese Frage zu bejahen. Allerdings stellt sich die Frage, ob damit die Relevanzgrenze nach Paragraf 14 Nummer 1 Wohnungseigentumsgesetz (WEG, Nachteil über das unvermeidliche Maß hinaus) überschritten wird. Im Urteil vom 18. Dezember 2015 (4 S 188/15) hat dies das LG Aurich verneint. Es ist dabei aber zu beachten, dass es immer auf das äußere Erscheinungsbild im Einzelfall ankommt. Im Fall des LG wurden in den Fensterlaibungen vor zwei Fenstern auf der Rückseite des Hauses silberfarbene Außenjalousien mit Jalousiekästen angebracht, nach Auffassung des Gerichts architektonisch, technisch und farblich unauffällig. Die Wohnung lag im obersten, vierten Obergeschoss, die Fenster waren gegenüber den anderen Fenstern in den unteren Stockwerken auf der Gebäuderückseite zurückversetzt. Von der Straßenseite konnte man die Rückseite des Gebäudes entfernt, aber überhaupt nicht insgesamt, sondern stets nur teilweise in Perspektiven durch die Lücken der Bebauung, der Bäume und des sonstigen Bewuchses entlang der Straße sehen. Diese vom Gericht durch in Augenschein festgestellten Einzelheiten zur Sichtverbindung zu den Jalousien zeigen auf, dass es tatsächlich immer auf die Einzelheiten der baulichen Ausführung ankommt.
Der unzulässige Fenstereinbau
Ein anderes Ergebnis für den betroffenen Wohnungseigentümer ergab die gerichtliche Auseinandersetzung vor dem AG München, Urteil vom 7. November 2014 (481 C 12.979/14) um die Zulässigkeit des Fensteraustauschs. In der Gemeinschaftsordnung war bestimmt, dass die Wohnungseigentümer die im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile so instand zu halten haben, dass keinem der anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus Nachteile erwachsen. Diese Verpflichtung umfasste unter anderem Außenfenster einschließlich Fensterstücke und Rollläden, in beiden Fällen jedoch mit Ausnahme des Außenanstrichs, der Sache der Eigentümergemeinschaft war. Ein Wohnungseigentümer hatte in zwei Wohnungen statt der ursprünglich vorhandenen flächenbündigen Fenster ohne Mittelsteg im Farbton Alu neue weiße Kunststofffenster mit Mittelsteg ohne raumbündigen flächenbündigen Abschluss einsetzen lassen. In einer ordentlichen Eigentümerversammlung wurde der Verwalter durch Beschluss beauftragt und bevollmächtigt, unter Einschaltung eines Rechtsanwalts den Rückbau durchzusetzen. Die Klage der Gemeinschaft war erfolgreich.
Die hier erhobene Klage auf Beseitigung nach Paragraf 1004 BGB muss im Gegensatz zu einem Anspruch auf Schadenersatz erst von der Gemeinschaft an sich gezogen werden (gekorener Anspruch nach Paragraf 10 Absatz 6 Satz 3 Halbsatz 2 WEG), was durch den geschilderten Beschluss geschehen war. Fenster sind zwingend Gemeinschaftseigentum, wenn keine abweichende Vereinbarung vorliegt. Dies war hier nicht der Fall, da schon der Außenanstrich nach der Gemeinschaftsordnung im Gemeinschaftseigentum verblieb, erst recht dann der vollständige Austausch der Fenster. Ein zustimmen der Beschluss der Gemeinschaft lag ebenfalls nicht vor.
Fensterbeschlüsse nach Paragraf 16 Absatz 2 WEG
Im Fall des AG Crailsheim, Urteil vom 23. Januar 2015 (3 C 380/14) war die Gestaltung der Fenster in einer Wohnungseigentümeranlage etwas aus dem Ruder gelaufen, weil einige Eigentümer auf eigene Kosten ihrer Fenster und die Verglasung hatten tauschen lassen. Die Gemeinschaft fasste deshalb in einer Versammlung einstimmig, aber nicht bei Anwesenheit aller Wohnungseigentümer einen Beschluss, dass künftig der Austausch von Fenstern oder Verglasungen auf eigene Kosten unter Beachtung von verschiedenen Materialvorgaben zur äußeren Gestaltung möglich sei. Auf Klage eines Eigentümers wurde der Beschluss hierzu für nichtig erklärt. Von der Grundregel des Paragrafen 16 Absatz 2 WEG (Kostentragung für das gemeinschaftliche Eigentum nach Miteigentumsanteilen) gibt Absatz 4 die Möglichkeit einer Einzelfallentscheidung durch Beschluss frei.
Daneben kann eine Vereinbarung getroffen werden, was aber im vorliegenden Fall wegen den bei der Versammlung fehlenden Miteigentümern nicht möglich war. Unzulässig ist nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2013 eine abstrakte Kostenregelung für künftige Maßnahmen, ebenfalls zu einem späteren Fensteraustausch. Der Zweck der Regelung liegt darin, dass die Eigentümer vor unvorhersehbaren Kosten geschützt werden sollen und bei der Beschlussfassung im konkreten Fall von der Gemeinschaft gefragt werden kann, ob ein Bedarf für die Änderung besteht und wie diese sich auf die übrige Wohnungseigentumsanlage auswirkt. Da im vorliegenden Fall dieser Bezug zu einer konkreten Einzelmaßnahme fehlte, war der Beschluss nichtig.
Dr. Hellmuth Mohr Rechtsanwalt, Stuttgart