Schlechte analoge Prozesse ergeben schlechte digitale Prozesse. Jörg Wirtz beschreibt in einem zweiteiligen Beitrag was man tun muss, um alle Möglichkeiten der Digitalisierung auszuschöpfen. Teil 1 befasst sich mit den anforderungen und dem Umfang für einen wirkungsvollen und erfolgreichen Digitalisierungsprozess in der Zinshaus- und WEG-Verwaltung. der zweite Teil des Beitrags beschreibt die Wichtigkeit, die Prozesse in der eigenen Immobilienverwaltung zunächst genau zu definieren, um überhaupt den gewünschten Erfolg einfahren zu können. Teil 2 erscheint im Januar in der Ausgabe 1/2021.
Das Thema Digitalisierung ist eine der aktuellen Herausforderungen der sich auch und vor allem die Immobilien- und Verwaltungsbranche stellen muss. Auch wenn ein Teil der Eigentümer altersbedingt nicht unbedingt große Anforderungen in diese Richtung stellt, so wird der Zug nicht aufzuhalten sein. Der Generationswechsel macht auch vor den Kunden nicht halt. Jünger werdende Eigentümer werden andere Anforderungen stellen. Wer im Bereich Zinshausverwaltung Bestände jenseits des Privateigentümers verwaltet, der wird sich sicherlich bereits entsprechenden Forderungen stellen müssen. Aber auch im WEG-Bereich wird es nicht mehr lange dauern, bis die Kundenanforderungen an Immobilienverwaltungen grundlegend anders werden.
Was aber hat das mit Prozessen zu tun, wird vielleicht mach einer fragen. Wenn wir alle unsere Verträge digitalisiert haben, dann können uns doch Prozesse herzlich egal sein, … oder? Bedauerlicherweise ist es nicht so einfach. Digitalisierung bedeutet weit mehr als alle Verträge papierlos zu verwalten. Wenn wir die Möglichkeiten der Digitalisierung ausschöpfen wollen, dann können wir einerseits einen deutlich besseren Service bieten und gleichzeitig sowohl unsere Verwaltungseffizienz steigern als auch Kosten einsparen. Wenn man diese Ziele realisieren will, dann müssen die Prozesse transparent definiert und einheitlich umgesetzt sein.
| Anforderungen und Umfang
Es geht also sicherlich um mehr, als mit großem Aufwand das Vertragswerk der Objekte zu scannen, wenngleich dies durchaus von zentraler Bedeutung ist. Zur Digitalisierung gehören weit mehr Themen. Aus meiner Sicht sind dies für die Immobilienverwaltung vor allem die folgenden Maßnahmen:
- Digitale Erfassung und Bereitstellung sämtlicher Stamm- und Vertragsdaten.
- Digitalisierung der täglichen Verwaltungsaufgaben
- Digitalisierung der Rechnungsbearbeitung
- Digitalisierung der Kommunikation mit externen Stellen (Handwerker, Dienstleister, …)
- Digitalisierung der Kommunikation mit dem Kunden (Portal)
- Digitalisierung der Bereitstellung von Informationen und Serviceleistungen für den Kunden
Hier stellt sich natürlich zunächst die Frage:
„Wie weit möchte ich mit meiner Verwaltung gehen und wie kann ich das mit der eingesetzten Verwaltersoftware realisieren?“ Die Antwort auf diese Frage wird wohl regelmäßig eher ernüchternd sein. Der größte Teil der am Markt verfügbaren und etablierten Produkte hinkt der Entwicklung im branchenübergreifenden Vergleich deutlich hinterher. Der Funktionsumfang ist in aller Regel nicht ausreichend, um die denkbaren Möglichkeiten auch nur annähernd nutzen zu können. Eine eher schmerzhafte Erkenntnis.
In der Praxis erleben man deshalb sehr häufig, dass Softwareprodukte kombiniert werden müssen, um den Anforderungen gerecht werden zu können. Dass dies nicht unbedingt die optimale Lösung ist, ist sicherlich jedem klar.
| Wichtige Informationen zur Lenkung
Wer meiner Mitarbeiter arbeitet eigentlich gerade woran? Wie viele Versicherungsfälle müssen pro Jahr im Unternehmen / pro Objekt bearbeitet werden? Welche Termine drohen gerade „überfahren“ zu werden. Antworten auf diese Fragen werden ohne digitale Vorgangsbearbeitung nicht oder nur mit einem immensen und regelmäßig nicht wirtschaftlichen Aufwand zu beantworten sein. Dennoch sind Antworten auf diese und ähnliche Fragen wichtig. Einerseits werden Risiken, Beschwerden und Unzufriedenheit vermieden, andererseits erhält man wichtige Informationen zur Lenkung und Optimierung des Unternehmens.
Bedauerlicherweise werden viele Immobilienverwalter erneut enttäuscht sein, wenn sie den Funktionsumfang ihrer eingesetzten Verwaltungssoftware hinsichtlich einer Vorgangsverwaltung hinterfragen. Eine absolute Minderheit bietet integrierte Lösungen in Form von Akten- und Vorgangsverwaltungen an. Weitere sehr wenige Hersteller bieten Zusatzprogramme an, die zwar zunächst Kosten erzeugen aber dafür dauerhaft eine doppelte Datenhaltung vermeiden und deutliche Effizienz- sowie Transparenzsteigerungen realisieren. Regelmäßig werden sie also auf eine alternative auf dem Markt verfügbare Lösung zurückgreifen müssen, um diesen Digitalisierungsschritt wirksam umsetzen zu können.
Jörg Wirtz
Foto: Antonioguillem/Adobe Stock