Eigentümerversammlung ist häufig ein Reizwort, ganz besonders während der Verwalter-Hauptsaison in der ersten Jahreshälfte mit jeder Menge Abendterminen. Doch ein halbes Jahr Ruhe vor Versammlungen gibt es keinesfalls. Immerhin gilt es bereits nach der Sommerpause so manche außerordentliche Versammlung einzuberufen.
Sonderhonorar – vorausgesetzt kein Selbstverschulden
Üblicherweise findet sich im Verwaltervertrag eine Regelung, die besagt, dass der Verwalter eine solche Zusammenkunft nicht unentgeltlich abhält. Ein Sonderhonorar für die Durchführung einer außerordentlichen Eigentümerversammlung hat nachvollziehbarerweise nur dann Wirksamkeit, wenn die Einberufung nicht auf einem Verschulden des Verwalters beruht, so beispielsweise das Oberlandesgericht München, Beschluss vom 20. März 2008, 34 Wx 46/07.
Es stellt sich nun die Frage nach der Höhe dieses Sonderhonorars. Bisher üblich sind pauschale Sätze. Laut DDIV-Branchenbarometer von 2014 werden durchschnittlich 203,48 Euro pro WEG oder 13 Euro pauschal je Wohneinheit verlangt. Von der Belastbarkeit solcher Zahlen einmal generell abgesehen: Ein unternehmerisch denkender Verwalter wird kaum eine außerordentliche Versammlung mit 200 Euro abrechnen. Dies würde allenfalls die reine Versammlungszeit und bestenfalls noch die An- und Abfahrt abdecken.
Bisher wird üblicherweise der komplette Aufwand weder vom Verwalter erfasst noch den Eigentümern bewusst gemacht. Hierzu gehören die enorm zeitaufwendige Planung mit diversen Gesprächen und Beiratstreffen zur außerordentlichen Versammlung, der Entwurf der Einladung und die Veranstaltung an sich. Hinzu kommt die Beschlusssammlung, die höchstens einmal im Jahr kostenlos geführt wird.
Sondervergütung kein Tabu
Diesen Aufwand festzuhalten ist ein Muss, auch wenn Zeiterfassung für Sondervergütungen bei manchen Kollegen häufig unbekannt ist. Hier trifft man oft auf die Gattung des „eher karitativ tätigen Verwalters„. Glücklicherweise geht der Trend dazu, dass in unserer Branche durch die stark zunehmende Professionalisierung höhere Vergütungen verlangt werden und das Thema Sondervergütung kein Tabu mehr ist.
„Wozu Zeiterfassung?“ wird sich mancher Verwalter fragen, im Vertrag findet sich doch eine Pauschale für mehr als eine Versammlung im Jahr. Hier birgt ein fester Betrag ein viel zu hohes Streitpotenzial und benachteiligt beziehungsweise bevorzugt automatisch entweder die Eigentümer oder den Verwalter. Schließlich geht es um unkalkulierbare Einzelfälle, bei denen eine Mischkalkulation nicht gerade kaufmännischem Denken entspricht.
Eine kurze und schmerzlose Versammlung in der Waschküche wegen eines einzigen Tagesordnungspunkts ist eben etwas anderes als eine Vielzahl von Beschlusspunkten zur dringend notwendigen Dachsanierung. Die daher sinnvollere Abrechnung nach Zeitaufwand benötigt als Grundlage einen angemessenen Stundensatz. Wer hier unter 70 Euro abrechnet, verkauft sich in den meisten Regionen unter Wert, darüber wurde bereits mehrfach geschrieben. Dem Feedback zu diesen Artikeln ist übrigens zu entnehmen, dass eine massive Erhöhung des Stundensatzes viel leichter umzusetzen ist als vorher gedacht. Es lohnt sich also, hier neue Wege zu gehen.
Abrechnung nach Zeitaufwand ratsam
Sicherlich ist es in manchen Regionen schwieriger als im Bundesdurchschnitt. Fakt ist jedenfalls, dass ein 50-Euro-Verwalter bei jeder abgerechneten Sondervergütungs-Stunde im Zweifelsfalle noch Geld drauflegt. Es geht auch auf Kosten der Mitarbeiter, die weitere Abendtermine im Kalender stehen haben, ohne angemessenen finanziellen Ausgleich. Wie auch, wenn das Unternehmen mit bestenfalls kostendeckenden Stundensätzen arbeitet.
Ein üblicher Passus in Sachen Stundensatz für Sondervergütungen könnte so lauten: „Folgende über die Grundleistungen des Verwalters hinausgehenden besonderen Leistungen werden mit einem Stundensatz von 75 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer der Gemeinschaft beziehungsweise den betreffenden Eigentümern berechnet, falls keine andere Vergütung vereinbart ist.“ Es wird also kein Stundensatz speziell für die außerordentliche Versammlung festgelegt, sondern findet sich an solch übergeordneter Stelle. Verzichtet werden kann auf die meist wenig hilfreiche und konfliktträchtige Abstufung nach Geschäftsführer, Sachbearbeiter etc.
Ein Standard wie der folgende Absatz findet sich regelmäßig in Verwalterverträgen. Die Inhalte gehören bei der außerordentlichen Versammlung ebenfalls mit in die Rechnungsaufstellung: „Bei den aufgeführten besonderen Leistungen gilt generell folgender Auslagenersatz: Die dem Verwalter im Zusammenhang mit der Erbringung der besonderen Leistungen zustehenden Auslagen wie Fahrtkosten, Porto, Telefon, Telefax werden gegen Nachweis erstattet. Dies insbesondere auch im Zusammenhang von Umlaufbeschlüssen, Sonderumlagen, Gerichtsverfahren, öffentlich-rechtliche Verfahren. Bis 50 Kopien werden pro Vorgang 0,50 Euro je Stück, darüber hinaus 0,30 Euro je Stück berechnet.“
Wenig Streitpotenzial
Im Katalog der Sondervergütungen sollte der genaue Wortlaut zur außerordentlichen Versammlung überprüft werden. Schließlich geht es dem Verwalter hier im Prinzip um jede Versammlung, die über die durch das Gesetz geschuldete einmalige ordentliche Versammlung hinausgeht. Grund für eine nicht zu eng gefasste Beschreibung des Sachverhalts ist, dass eine Wiederholungs- oder Fortsetzungsversammlung nicht automatisch eine außerordentliche Versammlung darstellt. Hier sollte von vornherein Klarheit herrschen mit so wenig Streitpotenzial wie möglich.
Ein denkbarer Sonderleistungs-Vertragstext mit dieser Intention lautet: „Die Abwicklung einer außerordentlichen, einer Wiederholungs- oder einer Fortsetzungsversammlung, sofern diese aus Gründen erforderlich ist, die der Verwalter nicht zu vertreten hat …“. Denkbar ist darüber hinaus eine Passage im Verwaltervertrag, die für jeden Handwerksbetrieb eine Selbstverständlichkeit darstellt, nämlich Spätzuschläge mit der Berechnung von beispielsweise 20 Prozent Zuschlag nach 18 Uhr.
Bislang ist dies in unserer Branche völlig ungebräuchlich, doch eigentlich sehr naheliegend und sicherlich häufig mehrheitsfähig, da es der Erwartungshaltung der Eigentümer entspricht. Nach Feierabend kosten die meisten Dienstleistungen mehr, warum nicht auch beim Verwalter? Die ordentliche Eigentümerversammlung ist davon vertraglich ausgenommen. Für die außerordentliche Versammlung wäre ein solcher Zuschlag das Paradebeispiel schlechthin. Mancher Kollege wird hier auch von Schmerzensgeld sprechen.
Außerordentliche Abendtermine müssen entlohnt werden
Zu hinterfragen ist auch, dass der Beirat sich bisher meist nur abends Zeit für die Rechnungsprüfung nimmt, dasselbe gilt für Vorab-Gespräche zur außerordentlichen Versammlung. Schließlich arbeiten die Beiräte ja tagsüber. Der Verwalter jedoch auch. Wenn dieser dann abends Kapazitäten aufrechterhält, dürfen sich die Eigentümer freuen und sollen ihren Anteil dazu beitragen. Es ist allerdings die Frage zu stellen, ob es vom meist ehrenamtlichen Beirat erwartet werden kann, dass er sich einmal im Jahr die Zeit tagsüber nimmt oder nicht. Eine kleine Aufwandspauschale als Lösung dürfte bei den Eigentümern gewiss kein Problem sein und dem Verwalter bei der Argumentation helfen.
Generell anzustreben ist es, Abendtermine im Vorhinein zu verhindern. Wobei sich folgender Vertragspassus meist nur bei kleineren Objekten durchsetzen lässt. Ein Versuch dürfte es in jedem Falle Wert sein: „Die Verwaltung wird ermächtigt, Eigentümerversammlungen an Werktagen ab 15 Uhr durchzuführen.“ Solche Änderungen dürften künftig von großer Bedeutung sein. Die Gehaltsansprüche von erfahrenen Verwaltern werden deutlich steigen. Zusätzliche Abendtermine ohne Honorierung sind kaum mehr akzeptabel.
Egal, ob es sich um die ordentliche oder außerordentliche Versammlung handelt, welche Uhrzeit auch immer, folgende Grundsätze sind zu beachten:
- Zeit ist Geld, eine straffe Versammlungsführung ist dafür hilfreich und kommt bei der Masse der Eigentümer stets gut an.
- Kleinere Versammlungen sind besser zu führen als große. Nicht nur deshalb sollte wirklich nur derjenige eingelassen werden, der im Grundbuch steht. Bei Lebenspartnerschaften und Konsensgemeinschaften wird meist pragmatisch vorgegangen und nicht groß nachgefragt. Der Grundsatz der Nichtöffentlichkeit nach Paragraf 23 Absatz 1 WEG schließt jedoch aus, dass die ganze Familie zur Versammlung mitgeht.
- Wenige Tagesordnungspunkte bieten mehr Transparenz für alle Beteiligten und gleichzeitig weniger Stress und Anfechtungspotenzial. Bei Bedarf sind eben mehrere Versammlungen zu terminieren – mit entsprechender Sondervergütung.
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[tab title=“Der Autor“]Der Autor Alexander Haas ist Immobilienverwalter in Stuttgart und Unternehmensberater für Immobilienverwaltungen mit dem Schwerpunkt Prozessoptimierung.
- Homepage: www.haas-immobilienverwaltung.de
- Kontakt: alexander.haas@haas-immobilienverwaltung.de[/tab]
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