Die wachsenden Ansprüche der Kunden, immer engere Zeitfenster und nicht zuletzt die steigende Konkurrenz setzen Immobilienmakler und Architekten zunehmend unter Druck. Um dennoch nicht auf eine ansprechende Präsentation – die wichtigste Waffe im Kampf gegen den immer stärkeren Online-Handel – verzichten zu müssen, bietet sich aktuell eine ganz neue Lösung an: Moderne Virtual-Reality-Brillen (VR-Brillen) und entsprechende Programme erschaffen eine realistische, dreidimensionale Umgebung, in der Kunden Objektbegehungen erleben können, ohne wirklich vor Ort sein zu müssen. Schon eine kleine Aktionsfläche reicht dafür aus.
Der Münchner VR-Spezialist Innoactive Digital Realities GmbH hat jetzt eine praktische Komplettlösung einschließlich Hardware, Software und diversen Services speziell für solche Point-of-Sale-Anwendungen entwickelt: Das einfach zu bedienende, rollout-fähige System, das als technische Basis die VR-Brille HTC Vive nutzt, wird bereits seit Herbst erfolgreich in deutschen Saturn-Filialen eingesetzt. Dabei zeigte sich ein weiterer positiver Nebeneffekt: Die Präsentationstechnik selbst lockt zahlreiche Kunden an, die die Lösung ausprobieren oder auf den dazugehörigen Displays zusehen wollen.
Weite Entfernungen und enge Terminpläne von Interessenten machen das Immobiliengeschäft zunehmend kompliziert, da sich Besichtigungstermine oft nur sehr schwer vereinbaren lassen. Makler, die deshalb darauf verzichten, verzichten auch auf einen ihrer größten Vorteile gegenüber Online-Portalen: das persönliche Erlebnis. Neben der Beratung ist für die meisten Kunden von Maklern vor allem der direkte Eindruck entscheidend: Schnitt und Gestaltung von Räumen lassen sich beispielsweise anhand von Bildern nur schwer einschätzen, ganz zu schweigen davon, wie eine ganze Wohnung im Zusammenhang wirkt. „Virtual Reality bietet hier ungeahnte Chancen für die Retail-Branche. Die dreidimensionale Simulation ermöglicht es, auf kleinsten Raum verschiedene Immobilien in einem realitätsnahen Szenario vorzustellen, die in der Wirklichkeit kilometerweit auseinander liegen können“, erklärt Daniel Seidl, einer der Geschäftsführer von Innoactive Digital Realities. Das Unternehmen, das weltweit zu den Vorreitern in Sachen VR zählt, hat bereits für zahlreiche Auftraggeber, darunter Carl Zeiss, Kawasaki und BSH Haushaltsgeräte, entsprechende Lösungen und Produkterlebnisse kreiert.
Individualisierbares VR-Konzept für Objektbegehungen
Insbesondere die praktische Umsetzung, sprich die möglichst einfache und bedienfreundliche Integration der Technik in den Makleralltag, lässt allerdings viele Unternehmen noch vor dem Schritt in die virtuelle Welt zögern. Um hier Berührungsängste zu mindern und den Einstieg zu erleichtern, hat das Unternehmen mit seinem modularen „Virtual Reality Showroom“ ein ganzheitliches Konzept geschaffen, das alle notwendigen Bestandteile und Leistungen umfasst, um flächendeckend an jedem beliebigen Standort virtuelle Objektbegehungen zu ermöglichen.
Grundlage dafür ist in jedem Fall eine umfassende Planung, in der die verschiedenen Anforderungen der Branche, allen voran eine hochqualitative Darstellung der Immobilien, berücksichtigt werden. Um hier eine fotorealistische Wiedergabe der Umgebung sicherzustellen, entschieden sich die Experten für die Technologie der HTC Vive, die eine Auflösung von 2160 x 1200 dpi bietet, als Hardware-Basis des Showrooms. Die notwendigen Inhalte und 3D-Modelle für den virtuellen Rundgang erstellt Innoactive Digital Realities ganz einfach anhand von CAD-Modellen beziehungsweise 3D-Scans. Dadurch können auch verschiedene Objekte sehr schnell virtualisiert werden.
Mit nur zwei Tasten ganze Wohnungen erkunden
Ebenso werden kundenspezifische Funktionslogiken erstellt, die bestimmen, was der Benutzer innerhalb des virtuellen Raumes tun und wie er die Umgebung erkunden kann. Um beliebig große Wohnungen oder Häuser begehbar zu machen, setzen die Experten dabei auf eine einfach zu bedienende Lösung mit Teleportationspunkten: Generell kann das Tracking-System der Vive je nach Platzangebot eine Fläche von bis zu 16 Quadratmeter abdecken, in der man sich frei bewegen kann. Sind die Grenzen erreicht, wird ein Gitter eingeblendet. Mittels der Sprungpunkte lassen sich jedoch verschiedene solcher Zellen verbinden, so dass der Nutzer jede gewünschte Stelle erreichen kann.
Gesteuert wird mit zwei Controllern. „Die große Herausforderung war hier für uns, eine Bedienungsform zu entwickeln, die auch für Menschen ohne große Computer-Erfahrung leicht zu verstehen ist und intuitiv wirkt“, berichtet Dirk Christoph, der das Unternehmen zusammen mit Seidl leitet. Die Showroom-Lösung nutzt deshalb nur jeweils eine Funktionstaste der Steuereinheiten. Links wird damit das Einstellungsmenü aufgerufen, rechts wird eine Art Laserpointer eingeschaltet, mit dem einzelne Objekte oder Punkte im Menü angewählt werden können. Zudem gehören auch Einführungsschulungen für Mitarbeiter, die den Kunden die Bedienung erklären und beim Anlegen der Brille helfen, zum Service-Paket des Showroom.
Technik bewährt sich in der Praxis als Kundenmagnet
Für die Integration der Technik in das Makler- oder Architekturbüro hat Innoactive Digital Realities verschiedene Aufbauoptionen entwickelt, unter anderem eine platzsparende Lösung mit zwei beleuchtbaren Designer-Säulen aus Holz. Eine davon trägt eine Vitrine zum Verstauen der Brille, die andere einen hochauflösenden Bildschirm, über den auch umstehende Zuschauer verfolgen können, was der Nutzer gerade im virtuellen Raum sieht. „Die Displays haben sich als echte Zuschauermagneten herausgestellt und wecken ein breites Interesse sowohl an der VR-Technologie als auch an den präsentierten Produkten“, so Christoph. Die nötige Rechenkapazität zum synchronen Spiegeln des 3D-Erlebnisses auf den 2D-Schirm liefern zwei vernetzte Hochleistungs-PCs, die unsichtbar in den Säulen verbaut sind. Das gesamte System ist dabei so angelegt, dass kein besonderes Know-how zum Einschalten und Betreiben erforderlich ist, was den Rollout sehr schnell und unkompliziert macht.
In einer Point-of-Sale-Variante hat sich das Konzept bereits für den Einzelhandel bewährt: Seit Herbst vergangenen Jahres hat der Technikhändler Media-Saturn in zwei Saturn-Märkten eine stationäre Version des Virtual Reality Showroom im Einsatz, in dem verschiedene Musterküchen von Kiveda erkundet und teilweise sogar nach eigenen Wünschen verändert werden können. So lassen sich etwa die Fronten umfärben oder die Elektrogeräte austauschen. Dazu ist an die Wohnraum-Simulation ein virtueller Elektromarkt gekoppelt, in dem verschiedene Modelle unter anderem von Bosch und AEG ausgesucht werden können. In einem weiteren Schritt soll daran auch ein System angebunden werden, mit dem die virtuell ausgewählten Produkte bezahlt werden können.
Zukunftspläne: Virtuelle Beratung am virtuellen Produkt
Ein anderes Ziel des Unternehmens, das sich aber erst in der Entwicklung befindet, ist der virtuelle Kontakt zu einem Berater oder Techniker an einem anderen Standort. Fachmann und Kunde könnten sich so trotzdem von Person zu Person unterhalten und beispielsweise zusammen eine Wohnung begutachten, wie Seidl ausführt: „Momentan arbeiten wir hierfür an Konzepten, wie die Personen in der virtuellen Umgebung dargestellt werden sollen. Immerhin wollen wir dem Nutzer ein möglichst natürliches Erlebnis bieten.“
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