Die Wohnungsmärkte sind angespannt: nicht nur in den sieben großen, sondern auch in mehr als 130 weiteren deutschen Städten und Landkreisen. Und wenn dort nicht mehr gebaut wird als bisher, bleibt es auch so. neben dieser Bestandsaufnahme der Prognos AG im Auftrag des „Verbändebündnisses Wohnungsbau“ (Modernisierung 6/2019) hat das Bündnis auch Vorschläge zur Verbesserung gemacht. Die Verbände setzen vor allem beim Bauland an.
„Wasch mir den Pelz und mach mich nicht nass, gibt es nicht mehr.“ Das hatte bei der Vorstellung der Prognos-Studie Axel Gedaschko, Präsident des Bundesverbands deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW), zur Diskussion um eine Flächenverbrauchsminderung einerseits und um die Knappheit von Bauland an A- und B-Standorten andererseits gesagt. Aus seiner Sicht ist die Antwort klar: „Wir brauchen Flächen für das Bauen.“ Und er steht damit nicht allein: Bei einer Befragung der Mitgliedsunternehmen des Bundesverbands freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW) gaben 95 Prozent an, dass das dringlichste Problem für den Wohnungsneubau die Verfügbarkeit von Bauland sei.
Was die Knappheit angeht, kann sich diese Auffassung außerdem auf Daten aus der Prognos-Studie „Wer baut Deutschland?“ stützen. Demnach stieg der durchschnittliche Preis für baureifes Land an den A-Standorten von 910 Euro pro Quadratmeter im Jahr 2015 auf 1120 Euro pro Quadratmeter im Jahr 2017. Relativ gesehen noch stärker war die Steigerung an den B-Standorten: von 340 Euro pro Quadratmeter im Jahr 2015 auf 500 Euro pro Quadratmeter im Jahr 2017. Dass der relative Zuwachs im Münchner Umland oder in Städten wie Regensburg und Darmstadt sogar stärker war als in den sieben größten, führen die Autoren auf Nachhol- und Ausweichbewegungen von Bauherren, Investoren und Pendlern zurück.
| Forcierung der Flächenausweisung
Als Mittel gegen die Baulandknappheit empfiehlt die Prognos-Studie Kommunen und Planungsbehörden eine deutliche Forcierung der Flächenausweisung. Über den aktuellen Bedarf hinaus rät sie an A-, B- und C-Standorten zu einer aktiven Bodenbevorratung mit Fluktuationsreserven, und zwar auch mit neuen Instrumenten wie kommunalen Grundstücksfonds, Flächenpool und Flächentausch, Erbpachtmodellen.
Weiter wird in der Studie gefordert, Kommunen sollten Grundstücke unterhalb des Verkehrswertes an bestimmte Bauträger und Investoren abgeben, und zwar über Konzeptvergaben mit Quoten für sozialen Wohnraum, Zielgruppen, Nutzungsmischung. Anders ließen sich vielerorts keine bezahlbaren Mietwohnungen für Zielgruppen der unteren und mittleren Preissegmente entwickeln. Auch sollten Kommunen verstärkt Instrumente wie Baugebote aktiv und gezielt einsetzen, überprüfen und nachhalten, die eine Bebauung innerhalb eines definierten und begrenzten Zeitrahmens vorgebe. Damit und mit der erwähnten Bodenbevorratung könne nebenbei auch das spekulative Erwerben von Bauland eingedämmt werden.
Meist, so der Direktor des Deutschen Mieterbunds Lukas Siebenkotten, müsse die Nutzung von Bauland gegen Widerstände durchgesetzt werden. Siebenkotten: „Die Konflikte vor Ort, die da entstehen, müssen ausgehalten werden von verantwortungsvollen Bürgermeistern.“ Der Mieterbund ist Teil des lockeren Verbändebündnisses Wohnungsbau, dem außerdem die Bau- und Wohnungswirtschaft samt der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG Bau) angehören.
Auch in der Studie wird zu Konsequenzen gemahnt: Die Kommunen werden darin aufgefordert, im Rahmen von Genehmigungsverfahren verstärkt darauf zu achten, dass das Maß der baulichen Nutzung, das in den Bebauungsplänen festgelegt werde – also Höhe, Geschossflächen, Dichte, Baufenster und anderes mehr –, nach Möglichkeit im Rahmen des gegebenen Gestaltungsspielraums auch voll ausgeschöpft wird. Mit einer Modellrechnung wird gezeigt, dass so die Investitionskosten und damit auch die Mietpreise stabilisiert und reduziert werden können. Für ein Standardobjekt mit 24 Wohneinheiten rechnet Prognos vor, dass bei einem hohen Grundstückspreis wie in München (2740 Euro pro Quadratmeter) die Verringerung der Geschossflächenzahl von 2,0 auf 1,0 die Nettokaltmiete von 13,50 Euro auf 18 Euro hochschnellen lassen würde. Bei der Neuaufstellung von Bebauungsplänen solle auf entsprechende Mindestvorgaben geachtet werden.
Außerdem sei es möglich und nötig, den Planungs- und Genehmigungsprozess in Kommunen und Bundesländern zu beschleunigen. Zum einen könnten Baurecht und Verfahren vereinfacht werden und Nachweispflichten wegfallen: Mit einfacherem Bauen könnten mit den bestehenden Kapazitäten bereits mehr Projekte umgesetzt werden.“ Gemeint sind damit nicht nur die Kapazitäten bei den Behörden, sondern auch die, die durch unnötig komplizierte Verfahren in der Bauwirtschaft gebunden würden. Zum anderen sollten in der kommunalen Bauverwaltung digitale Antrags- und Genehmigungsprozesse eingeführt werden, denn standardisierte Abläufe machten Post- und Behördenläufe sowie Stellungnahmen Dritter effizienter und schneller.
| Vorübergehende Maßnahmen reichen nicht
Auch die Forderung nach öffentlicher Förderung fehlt nicht in der Studie – und zwar nach langfristiger Förderung von sozialem und bezahlbarem Wohnungsbau. Nur vorübergehende Maßnahmen wie Baukindergeld und die Sonder-Afa Mietwohnungsbau reichten nicht aus, um in der Bauwirtschaft mittel- bis langfristige Kapazitätserweiterungen zu rechtfertigen. Ein weiteres Rezept, um kostengünstig Wohnraum zu schaffen, nämlich bundesweite Typengenehmigungen, vereinheitlichte Landesbauordnungen und eine serielle Bauweise, taucht in der 40-seitigen Studie nur in einem einzigen Absatz auf. Während beim Wohnungsbau-Tag 2018 noch davon geschwärmt worden war, man könne mit seriellem Bauen durch Mengeneffekte bei großen Projekten und zusammenhängenden Baugrundstücken 15 Prozent oder mehr an Kosten einsparen, heißt es in der aktuellen Studie, es gelte, die Potenziale des seriellen Bauens realistisch einzuschätzen.
Dagegen wird ein anderer Punkt angesprochen, der in der Diskussion sonst keine Erwähnung findet: In einigen Regionen – Ross und Reiter nennen die Prognos-Autoren hier nicht – fehlten Deponiekapazitäten. Transportentfernungen und in der Folge die Entsorgungskosten nähmen dadurch zu. Dabei geht es zum einen um mineralische Bau- und Abbruchabfälle, zum anderen um zu entsorgende Böden. Da außerdem zunehmend auch lediglich gering verunreinigte Böden ausgetauscht würden, hätten sich die Entsorgungskosten im Bereich Böden zwischen 2008 und 2015 um 300 Prozent erhöht.
Alexander Morhart
www.impulse-fuer-den-wohnungsbau.de