Bei der Bundestagswahl im September werden auch die Weichen für eine neue Wohnungsbaupolitik gestellt. Vorschläge für eine bessere Bau- und Stadtplanung formuliert Clemens Kuhlemann, Geschäftsführer Deutsche Poroton in einem Beitrag für das Modernisierungs-Magazin. Auf den ersten Blick scheinen die Initiativen verschiedener Marktakteure, insbesondere des Bündnisses für bezahlbares Wohnen, gefruchtet zu haben. 2016 wurden in Deutschland knapp 280.000 Wohnungen fertiggestellt. Das waren 12 Prozent oder etwa 30.000 Wohnungen mehr als im Vorjahr. Doch bei genauem Hinsehen zeigt sich, dass der Anstieg der genehmigten
Wohnungen mit knapp 20 Prozent deutlich höher ist als die Zunahme der Fertigstellungen. Dieser Trend lässt sich seit Jahren beobachten. Laut Statistischem Bundesamt ergibt sich daraus ein Überhang von inzwischen mehr als 600.000 genehmigten, aber nicht fertiggestellten Wohnungen. Womit wir bei einem der grundlegenden Probleme des Wohnungsbaus wären.
1. Bodenwert darf kein Objekt der Spekulation sein
Wer über Bauland in guten Lagen verfügt, kann nach Angaben des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) derzeit mit Preissteigerungen von 10 bis mehr als 15 Prozent pro Jahr rechnen. Solange sich Warten lohnt, brauchen wir uns weder über knappes Bauland noch über steigende Baupreise wundern. Was wir brauchen, ist eine von der Bebauung unabhängige Bodenwertsteuer, die einen Anreiz für schnelles Bauen setzt und langjährige Spekulation unrentabel macht. Dringend notwendig sind darüber hinaus Baugenehmigungen mit Verfallsdaten. Spätestens nach einem Jahr muss gebaut werden. Das erhöht nicht nur das Tempo, sondern auch den Druck, besser und vorausschauender zu planen.
2. Kommunen brauchen Wachstumskonzepte
In seiner Studie „Aktuelle Trends der Wohnungsbautätigkeit“ hat das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) bereits im letzten Jahr gezeigt, dass Bereitschaft und Fähigkeit der Kommunen, Bevölkerungswachstum systematisch in Bestandserweiterung und Neubau umzusetzen, unzureichend sind. Bauhemmend wirken natürlich auch komplexe Planungs- und Genehmigungsverfahren sowie permanent steigende Anforderungsniveaus, für die die Kommunen nicht verantwortlich sind. Entscheidend ist aber, das zeigt die BBSR-Studie: Systematisch angelegte Stadtplanung sowie aktives Flächenmanagement fehlen. Anstatt aktiv die Zukunft zu gestalten, wird aufgrund knapper personeller Verwaltungsressourcen eher der wohnungspolitische Mangel verwaltet. Die kommunalen Baubehörden brauchen dringend mehr Fachpersonal. Hinzu kommen leider, das muss man in aller Deutlichkeit so ansprechen, konservierende städtebauliche Vorstellungen in Bürgerschaft und Politik.
In Berlin kann man dies derzeit wie durch ein Brennglas beobachten: In der Annahme, Mietpreise günstig halten zu können, hat der Senat viele Quartiere im Innenstadtbereich zu sozialen Erhaltungsgebieten erklärt und damit eine Entwicklung praktisch unmöglich gemacht. Verdichtung durch Aufstockung, Ausbau von Dachstühlen, Zusammenlegung von Wohnungen, Abriss- und Neubauprojekte, um Platz für Familien mit Kindern in der Stadt zu schaffen, Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen – all das ist hier nicht mehr erwünscht. Wenn gleichzeitig riesige Flächenressourcen zur Schaffung günstigen Wohnraums – Stichwort Tempelhofer Flughafen – aufgrund zweifelhafter Volksentscheide ungenutzt bleiben, ist das an Absurdität kaum zu überbieten. Als Positivbeispiel sei hier die Stadt Freiburg genannt. Schon in den 90er-Jahren sind dort neue Stadtgebiete mit der benötigten Infrastruktur für zehntausende von Menschen entstanden, derzeit wird ein neuer Stadtteil für etwa 15 000 Menschen entwickelt. Ziel ist ein ausgewogener Mix an Wohnformen, eine soziale und technische Infrastruktur vom Pflegeheim bis zur Stadtbahn, und Freiflächen, auf denen sich die Bewohner gerne aufhalten. Wer will, findet Wege, wer nicht will, findet Gründe.
Den vollständigen Beitrag von Clemens Kuhlemann, Geschäftsführer Deutsche Poroton, lesen Sie im Modernisierungs-Magazin 09/2017.