Die Grundsätze zur Verantwortung für Schimmel sind zwar durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) geklärt. Die Instanzgerichte weichen teilweise jedoch hiervon ab. Nachfolgend geht es um die Grundsätze, um offene Fragen und neue Entscheidungen.
Schimmel – Vermieter muss seiner Beweislast nachkommen
Der Ausgangspunkt des rechtlichen Problems liegt in der technischen Verbesserung der Bausubstanz, insbesondere durch Außenhautdämmung und Isolierverglasung, und im geänderten Nutzungsverhalten der Mieter, insbesondere der berufsbedingten Abwesenheit am Tage. Der BGH weist im ersten Prüfungsschritt dem Vermieter die Beweislast dafür zu, dass die Schadensursache für den Schimmel nicht durch den baulichen Zustand der Mietsache verursacht ist. Es gibt also kein typisches Schadensbild, das direkt zu einer Verantwortung des Mieters führt. Zuerst muss immer der Vermieter seiner Beweislast nachkommen. Der Vermieter ist nicht nur dafür verantwortlich, dass keine Feuchtigkeit von außen in die Wohnung eindringt. Wie noch im Einzelnen darzulegen ist, ist er auch für das Raumklima und – allerdings nicht unstreitig für Wärmebrücken verantwortlich. Da der vom Mieter hinzunehmende bauliche Zustand der Mietsache durch den vertragsgemäßen Gebrauch bestimmt wird, spielen hierbei technische Regelwerke wie etwa DIN-Vorschriften, die vorrangig im Baurecht Bedeutung haben, ohne ausdrückliche Erwähnung im Mietvertrag keine Rolle. Der Mieter kann sich zumindest darauf verlassen, dass die im Errichtungszeitpunkt der Mietsache – nicht im späteren Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags oder erst während des Mietvertrags! – geltenden Vorschriften eingehalten worden sind.
Bei einer Wärmebrücke beschränkt sich die Beweislast des Vermieters nach dieser Sphärentheorie des BGH zumindest darauf, dass die Gebäudesubstanz im Zeitpunkt der erstmaligen Abnahme des Bauwerks den damaligen Normen entsprach. Man kann zwar annehmen, dass insbesondere in der Zeit ab 1945 in zahlreichen Fällen die damals einschlägige DIN 4108 hinsichtlich Wärmebrücken nicht eingehalten wurde. Das hat aber vor den Maßnahmen zur Energieeinsparung durch Isolierglasfenster nur ganz selten zu Rechtstreiten wegen Feuchtigkeitsschäden durch Wärmebrücken geführt. Heute bejahen die Instanzgerichte teilweise bei Wärmebrücken unabhängig von der größeren Sorglosigkeit in der Vergangenheit bei der Errichtung des Gebäudes einen Mangel der Mietsache. Dagegen wird aber angenommen, dass der Mieter zur Vermeidung seiner Pflicht zur häufigen Belüftung der Mietsache wegen des Risikos eines Feuchtigkeitsschadens in einem älteren Gebäude vom Vermieter nicht den nachträglichen Einbau einer Wärmedämmung im Bereich der Kältebrücken verlangen kann. Hierzu wird darauf verwiesen, dass mangels einer ausdrücklichen vertraglichen Vereinbarung die Beschaffenheit die Mietsache wie gerade erwähnt nach den Regeln der Bautechnik im Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes bestimmt wird. Mit diesem Zustand muss sich der Mieter abfinden. Dagegen beruht die für den Mieter günstigere Rechtsprechung der Instanzgerichte auf der in anderem Zusammenhang formulierten gegenläufigen Tendenz des BGH, einen Mindeststandard des zeitgemäßen Wohnens bei der Prüfung eines Mangels unabhängig vom Zustand des Gebäudes im Errichtungszeitpunkt anzuerkennen. Dieser Sachverhalt ist in der Rechtsprechung also noch nicht endgültig geklärt.
Der Mieter hat darüber hinaus keinen Anspruch auf eine spätere Verbesserung der Mietsache, etwa infolge von Veränderungen technischer Vorschriften, Ausnahme bei neuen zwingenden Vorschriften (Beispiel Rauchmelder). Er ist nicht einmal berechtigt, vom Vermieter hierzu die Duldung für die Durchführung der Maßnahme durch den Mieter selbst zu verlangen. Unabhängig von diesen Regeln zur Verantwortung stellt jedoch ein Schimmelfleck immer einen Mangel der Mietsache dar, der den Mieter bei fehlender eigener Verantwortung zur Beseitigung, Mietminderung oder sogar zur fristlosen Kündigung bei einer erheblichen Gesundheitsgefährdung berechtigen kann. Dem Vermieter stehen gegen den Mieter bei dessen Verantwortung der Anspruch auf Erhaltung der Mietsache, das Kündigungsrecht und ein Schadensersatzanspruch zu.
Die Abweichungen der Instanzgerichte
Teilweise berücksichtigen die Gerichte ein Mitverschulden beider Parteien, Baumängel des Vermieters und falsches Lüftungsverhalten des Mieters. Das entspricht aber nicht der Systematik des BGH. Denn wenn dem Vermieter der Nachweis der Entlastung von einem Baumangel nicht gelingt, kommt es auf das – möglicherweise den Schaden vergrößernde – Verhalten des Mieters nicht an. Der Mieter muss nicht über das noch zu erörternde von ihm geschuldete Lüftungsverhalten hinaus mehr lüften oder heizen, um die Folgen des Baumangels auszugleichen.
Die Entlastung des Vermieters führt nicht automatisch zum Beweis der Haftung des Mieters (kein Anscheinsbeweis für einen Fehler des Mieters). Der Mieter schuldet nur ein vertragsgemäßes Lüftungs- und Heizverhalten. Insbesondere neue Wohnungen sind heute so dicht, dass auch bei einem korrekten Verhalten des Mieters Feuchtigkeitsschäden möglich sind (Beispiel Passivhaus). Wenn die Verursachung eines Schimmelschadens durch diese Beweisregeln nicht geklärt werden kann, verliert derjenige seinen Anspruch und den Prozess vor Gericht, der hierfür die Beweislast trägt: in der ersten Stufe der Vermieter, in der zweiten Stufe der Mieter, jeweils für die genannten Ansprüche.
Der Streit um das Lüftungsverhalten
Neben der Frage des richtigen Heizens geht es bei einer Vielzahl von Entscheidungen um die dem Mieter obliegende Pflicht zum Lüften. Zumindest im Mietrecht besteht Einigkeit darüber, dass das bloße Kippen des Fensters nicht ausreicht, sondern ein Stoßlüften bei einem in der Horizontalen voll geöffneten Fenster erforderlich ist. Unabhängig von der persönlichen und beruflichen Situation (zum Beispiel berufstätiger Single) fordern die Instanzgerichte überwiegend mehrfaches Lüften am Morgen und wiederum am Nachmittag/ Abend nach der Rückkehr von der Arbeit. Eingeschränkt hat diese Pflicht bisher nur das Landgericht (LG) Konstanz in einem Urteil vom 20. Dezember 2012 (siehe Modernisierungs-Magazin 9/2013, Seite 27: ausreichend zweimaliges Lüften täglich mit weiteren Nachweisen).
Je nach der Grenze des vom Vermieter geschuldeten Lüftens stellt sich die Frage, in welcher Form der Vermieter den Mieter auf ein abweichendes Lüftungsverhalten festlegen kann. Er sollte zur Vermeidung von späteren Prozessrisiken das von ihm erwartete Lüftungsverhalten des Mieters vor Vertragsabschluss nachweisbar offenbaren oder vertraglich regeln. Bei der zweiten Variante stellt sich aber die Frage der Wirksamkeit Allgemeiner Geschäftsbedingungen nach den Paragrafen 305 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), die hier nicht weiter vertieft werden können.
Der richtige Wandabstand
Der üblichen Nutzung der Mietsache entspricht es, Möbel mit dem Abstand der Fußbodenleiste an die Wand zu stellen. Fraglich ist dann, ob der vorhandene Abstand ausreicht für eine ausreichende Luftzirkulation zwischen Wand und Schrank und die notwendige Erwärmung der Wand durch die Raumluft. Auch bei modernen Gebäuden, die unter Beachtung der Energieeinsparverordnung in der Fassung ab 2002 gebaut worden sind, kann die Möglichkeit von Feuchtigkeitsschäden bei dem dann vorhandenen Abstand von nur wenigen Zentimetern nicht sicher ausgeschlossen werden. Wie gerade beim Lüftungsverhalten erwähnt, ist hier im Interesse des Vermieters eine ausdrückliche Regelung über den vertragsgemäßen Zustand der Mietsache sinnvoll, hier wiederum unter Beachtung der Regelung zu den Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Im Fall des Landgerichts (LG) Gießen vom 2. April 2014 hielt der Sachverständige einen Abstand von immerhin 10 Zentimetern von der Außenwand für erforderlich.
Der Umgang mit Isolierglasfenstern
Der durch die Fenster bedingte verstärkte Heiz- oder – gegenüber der unstreitig anerkannten Leistungspflicht zweimal täglich – Lüftungsbedarf erfordert ebenfalls den Hinweis des Vermieters oder eine vertragliche Regelung. Die Gerichte greifen hier zur Begründung der Verantwortung des Vermieters auf die eingangs bereits erwähnte Verantwortung des Vermieters für den baulichen Zustand des Gebäudes zurück. Bei einer erheblichen klimatischen Veränderung der Mietsache durch den Einbau neuer Fenster kann die Mietsache mangelhaft werden, da die Außenwände nun die im Verhältnis zu den Fenstern schlechtere Wärmeisolierung aufweisen. Diese Auffassung wird aber nicht einheitlich von den Instanzgerichten vertreten. Maßstab für die Beurteilung eines Mangels ist die vertraglich vereinbarte Beschaffenheit. Ohne eine ausdrückliche Regelung im Vertrag ist die Verkehrsauffassung maßgeblich. Technische Vorschriften spielen dabei wie erwähnt keine Rolle. Das Risiko des Vermieters liegt darin, dass das Gericht im Streitfall mit gutem Grund davon ausgehen kann, dass der Mieter seinen Tagesablauf nicht nach dem Lüftungsbedarf seiner Wohnung richten muss.
Beim nachträglichen Einbau neuer Isolierglasfenster entsteht ebenfalls durch die Verschiebung der Isolierwirkung zwischen Wand und Fenster ein Mangel der Mietsache. Dieser macht beim Überschreiten des regelmäßig zu erwartenden Lüftungsverhaltens (sichere Grenze wie bereits erwähnt: zweimal täglich) eine konkrete Unterrichtung über das geänderte Wohnverhalten erforderlich. Dies verlangen jedenfalls die Instanzgerichte, auch wenn diese Informationen angesichts der Vielzahl der Einflussfaktoren tatsächlich kaum vollständig vom Vermieter geleistet werden können. Ein Beispiel für eine individuelle Aufklärung über das geänderte Lüftungs- und Heizverhalten gibt das Amtsgericht (AG) Reinbeck, Urteil vom 4. Juli 2014. Dagegen kann nicht die Erstellung und Aushändigung eines Lüftungskonzepts nach DIN 1946-6 verlangt werden, auch wenn deren Voraussetzungen vorliegen. Denn diese Norm bezieht sich auf den baurechtlichen Werkvertrag und nicht auf das Mietverhältnis.
Die Verbesserung der Dämmung
Wie beim Einbau von Isolierglasfenstern liegt hier wegen der Veränderung der klimatischen Bedingungen in der Mietsache ebenfalls ein Mangel vor, wenn die Folgen nicht durch den Regelfall des zweimaligen Lüftens ausgeglichen werden können.
Lösungsansätze und Hilfe
In den vorausgegangenen Abschnitten wurde eine mieterfreundliche Auffassung vertreten, die zwar nicht unumstritten ist, für die aber vertretbare Gründe sprechen. Zumindest sollte sich ein Vermieter vor einer Auseinandersetzung mit dem Mieter dieses Auslegungsspielraums im Mietrecht bewusst sein, um rechtzeitig mögliche rechtliche Risiken zu vermeiden. Die AG in der ersten Instanz neigen teilweise zu einer mieterfreundlichen Auslegung des Mietrechts. Eine Hilfe für den Vermieter zur Einschränkung möglicher Aufklärungspflichten gegenüber dem Mieter kann die bereits in dem Artikel im Modernisierungs-Magazin 9/2013, Seite 28, zitierte Entscheidung des BGH vom 11. Juli 2012 geben. In diesem Falle hatte der Mieter in seiner Wohnung zwei Aquarien und ein Terrarium mit Schlangen untergebracht und musste nach Auffassung des BGH die dadurch verursachte erhöhte Raumfeuchtigkeit und das Schimmelrisiko auch ohne besondere Hinweise durch den Vermieter kennen.
Auch beim Wäschetrockner in der Wohnung gelten besondere Pflichten zum Lüften für den Mieter. Teilweise bejahen die Instanzgerichte eine Pflicht des Mieters zur notwendigen Belüftung auch ohne ausdrückliche Hinweise des Vermieters. In technischer Hinsicht helfen nur Entlüftungsanlagen, die beim nachträglichen Einbau teuer sind, oder Lüftungseinrichtungen im Fensterrahmen mit einer dosierten Luftzirkulation. Die neue Fassung der bereits genannten DIN 1946-6 vom Mai 2009 erfasst Neubauten und Modernisierungen von Altbauten bei relevanten lüftungstechnischen Änderungen (siehe Modernisierungs-Magazin 3/2015, Seite 24). Wie bereits angedeutet, wird durch diese DIN nicht eine mietvertragsrechtliche Verpflichtung begründet. Es besteht aber die Möglichkeit, dass durch die künftige Anwendung der DIN im Segment der neueren Wohnung ein Standard begründet wird, der zum mietrechtlich geschuldeten vertragsgemäßen Gebrauch nach Paragraf 535 BGB führen kann. Für die ab 2009 errichteten Wohnungen ist diese Entwicklung möglich. Hierfür spricht die Tatsache, dass werkvertragsrechtlich eine Vermutung dafür spricht, dass eine Werkleistung ohne die Beachtung einer geltenden DIN-Norm nicht den anerkannten Regeln der Technik entspricht und damit mangelhaft ist. Von der Bauseite ist also damit zu rechnen, dass nutzerunabhängige Lüftungssysteme in einem solchen Umfang Verbreitung finden, dass sie sich auch mietrechtlich auswirken werden.
Weitere Fälle von den Instanzgerichten
In einem Urteil vom 12. März 2013 hat das LG Berlin festgestellt, dass bei einem 1939 errichteten Wohnhaus der Feuchtigkeitsschaden im Keller nicht mehr dem vertragsgemäßen Gebrauch entsprach. Allerdings war die Luftfeuchtigkeit dort so hoch, dass die dort gelagerten Gegenstände schimmelten. Unabhängig von der oben genannten Festlegung des vertragsgemäßen Gebrauchs auf den Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes sind deshalb auch im Wohnbereich in Extremfällen Durchbrechungen möglich, wenn derart weitgehende Beeinträchtigungen der Wohnnutzung vorliegen. Maßgeblich ist dann der Gesichtspunkt des zeitgemäßen Wohnens.
Im Zusammenhang mit der bei der Mietnutzung immer wieder gestellte Frage nach Gebäudeschadstoffen und deren zutreffender Erfassung ist das Urteil des LG München vom 6. Dezember 2012 von Interesse. Hier ging es um den im Parkettkleber vorhandenen Schadstoff Benzo(a)pyren, der sich aber nach der Aussage des Gutachters nur im Staub wiederfand, nicht als Dampf in der Raumluft. Der Privatgutachter des Mieters hatte außerdem eine überholte Methodik angewendet. Der Mieter hatte unberechtigterweise die Miete um 100 Prozent gemindert, während das Gericht nur 30 Prozent Minderung zusprach. Diese Minderung bestand nach Auffassung des Gerichts zu Recht wegen des Vorhandenseins von Naphtalin in der Luft. Die Kündigungsklage des Vermieters war deshalb erfolgreich, der Zahlungsanspruch für die restliche Miete nur zu 70 Prozent. Hinsichtlich der Lüftung ist der Hinweis des Gerichts zu beachten, dass der vorhandenen Schadstoff Naphtalin dann unbeachtlich ist, wenn die vertraglich geschuldete Lüftung durch den Mieter die Gefahr durch diesen Schadstoff beseitigt oder zumindest unter die Gefahrenschwelle reduziert. Die Nichtzahlung der Miete durch eine zu hohe Mietminderung ist immer für den Mieter mit dem Risiko der fristlosen Kündigung verbunden, wenn er mit zwei Mieten im Rückstand bleibt. Letztendlich legt erst das Gericht die Höhe der Mietminderung verbindlich fest. Eine Prognose ist immer mit Unsicherheiten verbunden. Mittel zur Vermeidung dieses Risikos ist deshalb die Zahlung unter Vorbehalt der gerichtlichen Überprüfung. Bei einem Schimmelschaden in den Silikonfugen der Fenster durch eine Schwarzschimmelbildung ist nach dem Urteil des AG Köln vom 21. Juli 2011 nur eine Mietminderung von 7 Prozent zulässig.
Im Beschluss des BGH vom 18. März 2014 ging es um eine Mietminderung um 15 Prozent wegen durch Baumängel bedingter Schimmelpilzschäden. Diese wurden zunächst in einem Vorprozess wegen der Kündigung durch den Vermieter wegen Zahlungsverzugs festgestellt, vom Vermieter aber nicht beseitigt. Im zweiten Prozess ging der Streit erneut um die Berechtigung des Vermieters zur Kündigung. Der dafür notwendige Zahlungsrückstand lag wiederum nicht vor, weil sich der Schimmelschaden inzwischen ausgeweitet hatte und nach einer Rüge durch den Mieter zu einer Mietminderung berechtigte, die den Kündigungsgrund entfallen ließ. Nachdem der Vermieter nach dem Ergebnis des ersten Prozesses den Schaden nicht beseitigt hatte, verlangte der BGH im Gegensatz zu dem LG in der Vorinstanz nicht, dass der Mieter die Ausweitung des Schadens dem Vermieter nochmals anzeigen musste, um die Miete mindern zu können.
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[tab title=“Der Autor“]Dr. Hellmuth Mohr
Rechtsanwalt, Stuttgart[/tab]
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