Bei dem Gemeinschaftsprojekt der Fachhochschule Erfurt und der Wohnungsbau-Genossenschaft Erfurt dreht sich alles um das Thema „Energieeffizienz in der Wohnungswirtschaft mit Blick auf das Nutzerverhalten“. Inwieweit ein Wohnungsunternehmen durch gezielte Partizipation seiner Mieter den Energieverbrauch beeinflussen kann, ist Kernpunkt der Untersuchungen. Zu diesem Zweck wurde ein Smart Home „zum Anfassen“ eingerichtet: eine Modellwohnung im Erfurter Stadtteil „Roter Berg“.
Dass Energiewende und Klimaschutzziele die Wohnungswirtschaft vor große Herausforderungen stellen, ist mittlerweile nichts Neues mehr. Es gibt kaum ein Wohnungsunternehmen, das sich nicht durch laufende Bestandsmodernisierungen aktiv an der Umsetzung der Energiewende beteiligt. Energetische Sanierungen bieten zwar die Grundvoraussetzung für energieeffizientes Wohnen, doch ohne aufgeklärte Mieter und ein energiebewusstes Verbrauchsverhalten bleibt ein wichtiger Teil des Einsparpotenzials ungenutzt. Wie groß dieses Potenzial ist, und was Wohnungsunternehmen unternehmen können, um ein Maximum an Energieeinsparungen durch Nutzerverhalten zu erreichen, ist Gegenstand des Forschungsprojekts in Erfurt.
Plattenbaugebiet Roter Berg
Der Rote Berg ist ein von Plattenbauten geprägter Stadtteil im Norden der thüringischen Landeshauptstadt Erfurt. Sein Name stammt von der über 200 Meter hohen Erhebung aus rotem Keupersandstein, die das Quartier nördlich begrenzt. Im Jahr 1977 begann der Startschuss zur Errichtung des neuen Plattenbaugebiets für rund 15.000 Einwohner.
Doch die Entwicklung gestaltete sich langfristig anders als damals geplant. Nach Jahrzehnten der Nutzung standen zwingend Modernisierungen der Plattenbauten an. Hinzu kamen rückläufige Einwohnerzahlen, sodass in den letzten Jahren diverse bauliche Maßnahmen wie energetische Sanierungen und auch Rückbauten durchgeführt wurden. Das groß angelegte, einst eintönige Plattenbaugebiet vollzog eine Wandlung in ein modernes, lebendiges Wohnquartier mit deutlich weniger Einwohnern als ursprünglich vorgesehen waren. Zu der positiven Entwicklung und dem neuen Image des Roten Bergs hat die Wohnungsbau-Genossenschaft Erfurt entscheidend beigetragen. Mit ihren 7600 Wohnungen zählt sie zu einem der größten Wohnungsunternehmen Thüringens auf genossenschaftlicher Basis. Durch die Modernisierung ihres Bestands auf dem Roten Berg prägte die Wohnungsbau-Genossenschaft das heutige Gesicht des Stadtteils und schuf modernen, energieeffizienten Wohnraum für ihre Mieter beziehungsweise Mitglieder.
Beispielquartier für Forschung
Der Rote Berg in Erfurt wurde als Beispielquartier gewählt für das von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) geförderte Modellprojekt „Energieeffizienz und Wohnungswirtschaft – Erprobung von Umweltkommunikationskonzepten zum energieeffizienten Bewohnerverhalten in Bestandssiedlungen in Erfurt und Kassel“ des Instituts für Stadtforschung, Planung und Kommunikation (ISP) der Fachhochschule Erfurt. Über mehrere Monate hinweg erarbeitete das ISP gemeinsam mit der Wohnungsbau-Genossenschaft Erfurt ein Kommunikationskonzept zum nachhaltigen Energiekonsum.
Kernpunkt des Konzepts ist eine Modellwohnung zum Thema „Energie sehen, verstehen und sparen“. Sie soll als Anlaufstelle für eine umfassende Beratung der Bewohner zu Fragen der Energie in privaten Wohnungen dienen. Neben umfassenden Informations- und Beratungsmöglichkeiten steht die Sensibilisierung für umweltbewussten Energieverbrauch im eigenen Haushalt im Vordergrund.
„Durch die Beratungsangebote können die Bewohner bewusster Energie verbrauchen, Energie und in der Folge Geld einsparen. Bei der energetischen Sanierung von Wohnungsbeständen werden häufig die Bewohner vergessen. Durchschnittlich 50 Prozent der ursprünglichen Energieeinsparung, je nach Zeit, Ort und Technologie, gehen wieder verloren, schenkt man dem Nutzerverhalten zu wenig Beachtung“, so Professor Dr.-Ing. Heidi Sinning, Projektleiterin im ISP.
Die Mieter erhalten in der Modellwohnung kostenlose Beratungen durch die Verbraucherzentrale Thüringen oder durch die Stromsparhelfer des Stromspar-Checks der Caritas Mittelthüringen. In wöchentlichen Sprechstunden werden neben wertvollen Tipps und Soforthilfen individuelle Lösungen zur Senkung der Heizenergie- und Stromkosten bereitgestellt. Darüber hinaus wird das Thema Energie in unterschiedlichen Aktionen für Jung und Alt veranschaulicht und durchleuchtet. Spezielle Angebote, wie etwa die Möglichkeit, das eigene Raumklima zu messen, Kinder zu Energieexperten auszubilden oder ein Rundgang mit einer Wärmebildkamera, laden zum Mitmachen ein.
Smart eingerichtet
Wer Smart Home bisher in erster Linie als technisches Assistenzsystem für Senioren gesehen hat, wird in der Modellwohnung eines Besseren belehrt. Smart Home, das intelligente Zuhause, umfasst ein breites Spektrum an Möglichkeiten zur Energieeinsparung, Komfortsteigerung und zur Erhöhung der Sicherheit für jedermann, unabhängig vom Alter.
Neben der Beratung in Sachen Energieeinsparung in den eigenen vier Wänden können die Mieter der Genossenschaft das moderne Assistenzsystem „RWE Smart Home“ kennenlernen und genauer unter die Lupe nehmen. In der Modellwohnung wurden zu diesem Zweck 24 Geräte eingebaut und einige Profile angelegt. So werden beispielsweise die Heizkörper der Wohnung im Tagesverlauf gesteuert und automatisch gedrosselt, sobald ein Fenster zum Lüften geöffnet wird.
Die Besucher der Musterwohnung erhalten einen Überblick über die Produktfamilie von RWE Smart Home. Sie umfasst Heizkörperthermostate, Sensoren für Türen und Fenster, Rauchmelder sowie Zwischenstecker und Schalter, mit denen vorhandene Haushaltsgeräte und die Beleuchtung steuerbar sind. Dazu werden alle ausgewählten Komponenten über ein internes Funknetzwerk drahtlos mit einer zentralen Steuereinheit verbunden, der RWE-Smart-Home-Zentrale. Die Steuerung kann von unterwegs erfolgen, etwa mit einem Smartphone. Neben Einspareffekten spielen die Steigerung des eigenen Komforts und der Sicherheit eine wesentliche Rolle.
Auch die Luftqualität in den eigenen vier Wänden wird betrachtet. Ein kompaktes Gerät mit Ampelsystem zeigt dem Nutzer den aktuellen CO2-Gehalt in der Raumluft an, löst bei kritischen Werten ein akustisches Alarmsignal aus und gibt so den Hinweis für eine notwendige Stoßlüftung des Raums. Ein intelligenter Stromzähler, der Smart Meter, misst den aktuellen Stromverbrauch der Modellwohnung und zeigt an einem Display regelmäßig Daten zum aktuellen Stromverbrauch in der Wohnung an.
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