Die Sanierung des Forsbacher Hofs ist ein Leuchtturmprojekt in Sachen altersgerechtes Wohnen. Der originalgetreue Wiederaufbau des historischen Gebäudes unter dem Aspekt der Barrierefreiheit bedeutete eine große Herausforderung für die Baugenossenschaft Dormagen. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Entstanden ist ein modernes, energieeffizientes Gebäude, in dem neben einer Demenzwohngruppe elf barrierefreie Wohnungen für Mitglieder mit Behinderungen oder Beeinträchtigungen untergebracht sind.
Gegründet wurde die Baugenossenschaft Dormagen eG im Jahre 1926. Heute zählt sie mehr als 2500 Mitglieder und hat rund 2400 Wohnungen im Bestand. Die Wohnungsgenossenschaft gehört mittlerweile zu den führenden Wohnungsanbietern im Rheinland. Die meisten Objekte liegen im Stammsitz in Dormagen-Horrem, darüber hinaus befinden sich Wohnungen in weiteren Dormagener Stadtteilen sowie in Neuss und Rösrath.
Wohnraum für Senioren
Auch in Dormagen verändert der demografische Wandel die Anforderungen an den Wohnungsmarkt. Immer mehr ältere Menschen benötigen geeigneten Wohnraum. Dabei ist die Integration von Senioren und deren Wohnungen in bestehende bauliche sowie soziale Strukturen ein wichtiger Aspekt. Mit einem besonderen Projekt, der originalgetreuen Rekonstruktion eines Fachwerkhauses im Rösrather Stadtteil Forsbach aus der Mitte des 19. Jahrhunderts, gelang es der Baugenossenschaft, außergewöhnlichen Wohnraum zu schaffen, der den Bedürfnissen älterer Menschen gerecht wird.
In seiner über 100-jährigen Geschichte hatte der Forsbacher Hof ganz unterschiedliche Funktionen inne. Vom Gastronomiebetrieb über die Nutzung als Kirchenraum bis hin zum Wahrzeichen, das imposante Gebäude spielte nicht nur städtebaulich, sondern auch funktional schon immer eine große Rolle. Daran sollte sich nichts ändern. Deshalb beschloss die Baugenossenschaft, den Forsbacher Hof in seiner ursprünglichen Gestalt wiederaufleben zu lassen und mit modernem Innenleben auszustatten. Wohnungen für ältere Menschen sollten geschaffen werden. Denn „barrierefreie Wohnungen sind dort am sinnvollsten, wo körperlich beeinträchtigte Menschen kurze Wege zu Geschäften und Verkehrsmitteln haben“, so Axel Tomahogh-Seeth, Vorstandsmitglied der Baugenossenschaft. „Also nicht auf der grünen Wiese, sondern im gewachsenen Ortskern.“
Anspruchsvolle Rekonstruktion
Doch der Weg vom baufälligen, alten Gebäude zum modernen Wohnhaus hinter historischen Fassaden war schwierig und stellte alle Beteiligten vor eine große Herausforderung. Aufgrund seiner maroden Bausubstanz musste das Originalgebäude komplett abgerissen werden. In aufwendiger Detailarbeit wurde das geschichtsträchtige Fachwerk authentisch wiederhergestellt. Die Rekonstruktion der Fassade erfolgte unter Verwendung der originalen und noch brauchbaren Balken. Neue Eichenbalken kamen da zum Einsatz, wo die alten nicht mehr tragfähig waren und ausgetauscht werden mussten. „Wir haben das historische Äußere so wiedererrichtet, dass es kein Sicherheitsrisiko für Bewohner, Passanten oder Bauarbeiter darstellt“, so Martin Klemmer, Technischer Vorstand der Baugenossenschaft. „Erfreulicherweise konnten wir etwa 10 Prozent der Originalhölzer verwenden.“
Um ausreichend Wohnraum schaffen zu können, wurde das Gebäude mit einem schlichten Anbau erweitert. Fast alle Wohnungen können nun über Aufzüge bequem erschlossen werden. Die öffentlich geförderten Einheiten verfügen über Bäder mit bodengleichen Duschen und barrierefreie Balkon- oder Terrassenzugänge. Darüber hinaus gibt es viele weitere Details, die den älteren Mietern eine hohe Lebensqualität ermöglichen. Für Wärme sorgt eine klimafreundliche Gas-Zentralheizung in solarunterstützter Brennwerttechnik. Auch Dämmung und Klimatisierung entsprechen dem neuesten Stand der Technik.
Besondere Wohnform
Der heutige Forsbacher Hof ist ein gelungenes Beispiel dafür, wie Geschichte und Moderne baulich unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit verbunden werden können. Insgesamt verfügt der Gebäudekomplex über eine Wohnfläche von rund 1500 Quadratmetern. 19 Komfortwohnungen wurden ausgeführt, 11 davon sind barrierefrei und öffentlich gefördert. Eine besondere Wohnform entwickelte die Baugenossenschaft mit der Konzeption einer Gruppenwohnung, die von dem Verein Wohnen in Rösrath als Demenzpflegezentrum genutzt wird. Bislang ist dies in Forsbach ein einzigartiges Projekt. 16 Betreuerinnen und Betreuer stehen den demenzkranken Menschen rund um die Uhr im Schichtdienst zur Seite.
Bereits bei der Vorplanung wurden alle Beteiligten miteinbezogen, um die täglichen Herausforderungen einer solchen Wohngruppe zu definieren und die speziellen Anforderungen bei der baulichen Umsetzung mit zu berücksichtigen. „Wir sind sehr dankbar, dass die Baugenossenschaft diesen Wohnraum zur Verfügung stellt. Die Einrichtung, von der Grundrissplanung bis hin zu den Details, ist genau auf unsere Bedürfnisse abgestimmt, erleichtert den Bewohnern den Alltag und dem Pflegepersonal die Betreuung“, so die Leiterin der Demenzwohngruppe, Nicole Stockem.
Für eine freundliche Atmosphäre, in der sich die Bewohner wohlfühlen, sorgt ein erprobtes Farbkonzept mit orangen, gelben und mintgrünen Tönen, was sich nachweislich positiv auf die Erkrankten auswirkt.
Innovative Struktur
Die Vermietung der Gruppenwohnung basiert auf einem besonderen Konzept: Alle acht Bewohner sind Untermieter des Vereins Wohnen in Rösrath. Auf diese Weise können sie ein autarkes, selbstbestimmtes Leben innerhalb der Wohngruppe führen. Der Verein wiederum regelt die Belegung der zur Verfügung gestellten Räume eigenständig und fungiert als einheitlicher Ansprechpartner für die Baugenossenschaft. „Diese innovative Struktur bietet Vorteile für alle Beteiligten“, erläutert Axel Tomahogh-Seeth. „Mit dem Verein haben wir einen kompetenten Miet- und Ansprechpartner gewonnen, der die Bedürfnisse der betroffenen Personen am besten einschätzen kann.“
Die Gruppenwohnung bietet zukunftssicheren Wohnraum, der den Bewohnern ermöglicht, ihre Individualität trotz der Erkrankung beizubehalten. Inzwischen haben sich die acht Senioren im Alter von 82 bis 92 Jahren auf den insgesamt 285 Quadratmetern gut eingelebt.
Soziale Grundprinzipien
Moderate Mieten und lebenslanges Wohnrecht gehören zu den sozialen Grundprinzipien der Genossenschaft und gelten auch für ein so ambitioniertes Projekt wie den Forsbacher Hof. Der Mietpreis beträgt hier lediglich 5,10 Euro pro Quadratmeter für die zwölf öffentlich geförderten, und zwischen 8,50 bis 9 Euro pro Quadratmeter für die frei finanzierten Wohnungen.
Nach seinem originalgetreuen Wiederaufbau gilt der Forsbacher Hof als wegweisendes und nachhaltiges Beispiel für modernen Wohnraum in historischem Ambiente, der Senioren neue Wohnformen eröffnet. Die Lage inmitten eines alten gewachsenen Stadtteils erlaubt es den Bewohnern, aktiv am Leben im Ort teilzunehmen.
Claudia Närdemann