Die regionalen Wohnungsmärkte in Deutschland haben in den nächsten 30 Jahren mit ganz unterschiedlichen Herausforderungen zu kämpfen. Während die Nachfrage nach Wohnraum in den wirtschaftsstarken Zentren weiter steigt, müssen strukturschwache Regionen sogar damit rechnen, weitere Teile ihrer Bevölkerung zu verlieren. Das ist ein Ergebnis einer aktuellen Studie von Allianz und Prognos, die die Entwicklung von Bevölkerung und Wohnungsbedarf bis ins Jahr 2045 untersucht.
Keine Entlastung auf den Wohnungsmärkten
Laut Studie wächst die deutsche Bevölkerung in den nächsten 30 Jahren auf 85 Millionen Menschen an. „Deutschland hat sich seit 2011 sukzessive zu einem Einwanderungsland entwickelt. Für die nächsten 30 Jahre ist daher nicht mit einer Entlastung bereits angespannter Wohnungsmärkte durch eine schrumpfende Bevölkerung zu rechnen“, sagt Dr. Peter Haueisen, Projektleiter der Allianz Baufinanzierung.
Entscheidender Treiber dafür, dass die Wohnungsmärkte sich regional so unterschiedlich entwickeln, ist die Binnenwanderung, also die Wanderbewegungen innerhalb Deutschlands. Im Durchschnitt der vergangenen Jahre sind jedes Jahr 3,8 Millionen Menschen über die Kreisgrenzen hinweg umgezogen. Im Jahr 2014 können 73 Prozent der Veränderungen am Wohnungsmarkt mit der Binnenwanderung erklärt werden; die Zuwanderung erklärt lediglich 27 Prozent. Die Zuwanderung aus dem Ausland verstärkt jedoch zusätzlich die Effekte der Binnenwanderung. Auch sie konzentriert sich auf die wirtschaftsstarken Regionen.
Binnenwanderung nimmt stetig zu
Die Binnenwanderung zeigt sich wie folgt. Jüngere Menschen ziehen vor allem in Groß- und Universitätsstädte. Für die 30- bis 50-Jährigen dagegen ist auch das gut angebundene Umland wirtschaftsstarker Ballungsräume wie München, Berlin, Frankfurt, Hamburg und Stuttgart attraktiv. Der Druck auf die Wohnungsmärkte nimmt in diesen Regionen überproportional zu. Neben den Effekten der Zuwanderung ist dafür auch der anhaltende Trend zu mehr Singlehaushalten verantwortlich. Während die Zahl der Haushalte bis 2045 in Deutschland insgesamt um 14 Prozent zunehmen wird, steigt diese in den wirtschaftsstarken Gebieten um 18 Prozent.
Ein Blick auf die zehn Regionen in Deutschland, in denen die Nachfrage nach Wohnungen langfristig am höchsten ist, zeigt dass diese ihre Bautätigkeit teils massiv steigern müssen. Schon jetzt ist in vielen dieser Regionen der Wohnraum knapp. Steigern diese ihre Bautätigkeit nicht, fehlen allein in diesen zehn Regionen in den nächsten 15 Jahren weitere 940.000 Wohnungen und Häuser. Bis 2045 könnten sich die Märkte wieder etwas entspannen, allerdings nur, wenn die Bautätigkeit nicht wieder nachlässt.
Kommunen müssen gezielt Investitionen tätigen
Die wirtschaftsstarken Regionen sollten deshalb gemeinsam mit ihren benachbarten Regionen Lösungen für die Ungleichgewichte an den Wohnungsmärkten erarbeiten und umsetzen. „Dafür müssen sich alle Verantwortlichen aus Politik und Wirtschaft an einen Tisch setzen“, sagt Peter Haueisen.
Aber auch strukturschwache Regionen wie in Ostdeutschland, Nordhessen und im Saarland stehen vor der Herausforderung, die Attraktivität ihrer Standorte bezogen auf das Angebot an Arbeitsplätzen und die Wohnqualität zu erhalten und weiter zu steigern. „Gezielte Investitionen in verkehrs- und wirtschaftsnahe Infrastruktur, auch in die digitale Anbindung und Stadtentwicklung, sind gerade deshalb wichtig“, sagt Tobias Koch, Projektleiter des Wirtschaftsinstituts Prognos. Städte wie Leipzig, Erfurt und Regensburg hätten bereits gezeigt, dass sich Investitionen in Infrastruktur, aber auch in die Forschung und Hochschulen mittelfristig auszahlten, um sich im Standortwettbewerb erfolgreich zu behaupten.
Darüber hinaus müssen sich alle Städte und Gemeinden in Deutschland auf die Bedürfnisse einer immer älter werdenden Bevölkerung einstellen. Das gilt jedoch in besonderem Maße für die strukturschwachen Gebiete. Dort steigt aufgrund der Binnenwanderung der Altersdurchschnitt der Bevölkerung deutlich stärker als in den wirtschaftsstarken Gebieten.
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