Die Bau- und Immobilienbranche hat Bund und Länder aufgefordert, 2016 zum „Wohnungsbau-Jahr“ zu machen. 29 Verbände und Organisationen – darunter auch der Deutsche Mieterbund (DMB) und die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) – legten dazu Mitte Januar in Berlin ein Positionspapier vor, das Kernforderungen für eine Wohnungsbau-Offensive enthält. Die in der Aktion „Impulse für den Wohnungsbau“ zusammengeschlossenen Verbände machen darin deutlich, dass „Bund und Länder dringend zusätzliche Steueranreize für den Neubau von bezahlbaren Wohnungen schaffen müssen“. Ebenso verlässliche Rahmenbedingungen, um einen Neustart beim bezahlbaren und sozialen Wohnungsbau zu erreichen. Der Forderungskatalog zum Wohnungsneubau wird an Mitglieder der Bundesregierung und des Bundestags sowie an alle Ministerpräsidenten verschickt.
Kurswechsel in der Wohnungsbaupolitik nötig
Gerade in Großstädten und Ballungsräumen habe sich das schon bestehende Wohnungsdefizit in 2015 noch einmal enorm vergrößert. Der Zuzug nach Deutschland stelle den Wohnungsmarkt vor eine zusätzliche Herausforderung. Die „Wohnungsbau-Zielmarke“, so die Aktion „Impulse für den Wohnungsbau“, liegt deshalb in den kommenden Jahren bei 400.000 Wohnungen, die neu gebaut werden müssen – und zwar pro Jahr. Über den schon bestehenden, aber viel zu geringen Wohnungsneubau hinaus seien damit jährlich rund 80.000 neue Sozialmietwohnungen notwendig. Zusätzlich noch einmal 60.000 bezahlbare Wohnungen in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt. Dies mache einen Kurswechsel bei der Wohnungsbaupolitik notwendig. „Bund und Länder dürfen dabei keine Zeit verlieren. Sie müssen gleich zu Beginn des neuen Jahres die Pflöcke für eine neue Wohnungsbaupolitik einschlagen“, sagt der Koordinator der Aktion „Impulse für den Wohnungsbau“, Ronald Rast.
Konkret sei es spätestens mit der erneuten Verschärfung der Energieeinsparverordnung (EnEV) ab dem 1. Januar 2016 notwendig, für den Neubau von bezahlbarem Wohnraum die lineare Abschreibung von 2 auf insgesamt 4 Prozent zu erhöhen. Die Verbände und Organisationen der Aktion fordern die Verdopplung der AfA (Absetzung für Abnutzung) übereinstimmend und begründen die beiden zusätzlich erforderlichen Prozentpunkte: So entspreche die anteilige Erhöhung der linearen AfA von 2 auf 3 Prozent einer sachgerechten Anpassung der Abschreibung an die sich verändernde, deutlich abnehmende technische Nutzungsdauer der Gebäude. Ein weiterer Prozentpunkt sei als Sonderabschreibung für die Schaffung bezahlbaren Wohnraums ausschließlich in Ballungsgebieten dringend erforderlich.
Afa – Abschreibungsmöglichkeiten müssen angepasst werden
„Die Abschreibungsmöglichkeiten, die wir heute haben, entsprechen nicht mehr dem tatsächlichen Werteverlust. Eine Anpassung ist dringend erforderlich, um insbesondere private Investoren für den Wohnungsneubau zu motivieren“, sagt Ronald Rast. Alternativ wird der vom Bundesfinanzministerium vorgelegte Vorschlag, zusätzlich zur linearen Abschreibung von 2 Prozent eine gezielte Sonderabschreibung für Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten einzuführen, ausdrücklich begrüßt. Danach soll es zeitlich und regional begrenzt für zwei Jahre eine 10-prozentige und ein Jahr lang eine 9-prozentige Sonderabschreibung geben. „Mit diesem steuerlichen Instrument könnten Bund und Länder relativ rasch genau dort einen Effekt erzielen, wo Wohnraum Mangelware ist und Mieten explodieren. Es bleibt zu wünschen, dass sich Bund und Länder jetzt schnell darauf einigen, damit so Impulse für bezahlbaren Wohnungsneubau gesetzt werden“, so Rast.
Um einen Neustart beim sozialen Wohnungsbau zu schaffen, sei auch hier eine Sonderabschreibung dringend notwendig. Die Wohnungsbau-Experten fordern dazu die Wiedereinführung des Paragrafen 7k im Einkommensteuergesetz. Damit könne es gelingen, den Neubau von Sozialmietwohnungen regional gezielt anzukurbeln. Gleichzeitig müsse der Bund den Ländern für den sozialen Wohnungsbau 1,5 Milliarden Euro jährlich – und damit 500 Millionen Euro mehr als bislang zugesagt – bereitstellen, fordern die 29 Verbände und Organisationen. „Der Bund muss dabei auf Nummer sicher gehen, dass die Länder das Geld auch tatsächlich ausschließlich für den Bau von Sozialwohnungen verwenden und nicht, wie in der Vergangenheit passiert, zweckentfremdet einsetzen“, sagt Ronald Rast.
Grunderwerbsteuer begrenzen
Scharfe Kritik richtet die Aktion „Impulse für den Wohnungsbau“ an die Adresse einiger Bundesländer. „Diese haben die Grunderwerbsteuer als neue Geldquelle entdeckt und inzwischen teilweise schon mehrfach nach oben geschraubt“, so Ronald Rast. Das breite Bündnis der Verbände und Organisationen von Architekten, Planern, Bau- und Immobilienbranche fordert daher, ab 2016 die Grunderwerbsteuer für den Neubau von bezahlbarem Wohnraum in den kommenden fünf Jahren auf 3,5 Prozent zu begrenzen. „In keinem Fall sollte eine weitere Erhöhung der Grunderwerbssteuer erfolgen, da das die Impulswirkung einer Sonderabschreibung gleich wieder gefährden würde“, so Rast.
Die Preise für neuen Wohnraum seien auch durch die wiederholte Verschärfung der Energieeinsparverordnung (EnEV) stark gestiegen. Um die Kosten, die mit der ab dem 1. Januar 2016 erneuten Verschärfung der EnEV verbunden sind, wenigstens abzumildern, sei es erforderlich, die KfW-Förderung für das Effizienzhaus 70 mindestens bis 2021 weiter zu garantieren.
Darüber hinaus sprechen sich Bau- und Immobilienbranche für die Bereitstellung von kostengünstigem Bauland für den Neubau von bezahlbarem und von sozialem Wohnraum durch Bund und Länder aus. Der Bund solle hier beim Verkauf von Liegenschaften durch die Bundesimmobilienanstalt Vorbild sein. Auch die Länder sollten Vorschriften für ihre Gemeinden erlassen, die eine kostengünstige Abgabe von Bauland ermöglichen, so die Aktion „Impulse für den Wohnungsbau“.
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