• Transaktionsvolumen zur Jahresmitte dank KaDeWe-Übernahme bei 2,6 Milliarden Euro
• Insolvenzverkäufe im Highstreet-Bereich marktprägend
• Eigenkapitalstarke Privatanleger und Eigennutzer sind relevante Dealmaker
• Rendite im Fachmarktsegment weitestgehend konsolidiert
Im ersten Halbjahr 2024 wurden nach Angaben von Colliers in Deutschland Einzelhandelsimmobilien für 2,6 Milliarden Euro gehandelt. Nach einem sehr ruhigen Jahresstart hat vor allem die Übernahme des Berliner Luxuswarenhauses KaDeWe durch die thailändische Central Group für rund eine Milliarde Euro das Ergebnis maßgeblich beeinflusst. Auf diese Transaktion entfallen 38 Prozent des Halbjahresvolumens. Das Einzelhandelssegment ist damit erneut hinter Industrie- und Logistikimmobilien die zweitstärkste gewerbliche Nutzungsart nach Umsätzen mit einem Marktanteil von 23 Prozent.
Ulf Buhlemann, Head of Retail Investment Germany, ordnet ein: „Abgesehen von dem Großdeal bleibt das große Bild unverändert. Wie auch am Gesamtmarkt bilden kleinvolumige Einzeldeals sowie kleinteilige Portfolios das Rückgrat des Transaktionsgeschehens. Rund 90 Prozent aller Abschlüsse bei Einzelhandelsimmobilien fallen in die Größenordnung unter 50 Millionen Euro. Rund 26 Prozent entfielen auf Paketverkäufe.“
Übernahmekarussell von Warenhäusern dreht sich weiter
Highstreet-Immobilien haben insbesondere wegen der KaDe-We-Transaktion aktuell mit 61 Prozent den größten Marktanteil. Buhlemann: „Warenhäuser sind wegen ihrer Lagegunst, aber auch darüber hinaus immer wieder Gegenstand von Anteilskäufen oder Transaktionen, wie die aktuelle Komplettübernahme von sieben Galeria-Immobilien durch RFR zeigt. Auch Städte treten vermehrt als Käufer auf, um imageschädigende Bauruinen und Leerstände in bester Innenstadtlage zu verhindern und gleichzeitig attraktivitätssteigernde Nutzungsangebote zu schaffen. Der Ankauf des Warenhauses am Wehrhahn 1 in Düsseldorfs 1a-Geschäftslage erfolgte mit dem Ziel, das neue Opernhaus an dieser Stelle zu errichten. Da es sich im Wesen um einen Grundstücksdeal handelt, fällt er aus der Transaktionsstatistik für Einzelhandelsobjekte heraus.“
Andreas Trumpp, Head of Market Intelligence & Foresight bei Colliers, ergänzt: „Der Handel mit Warenhäusern und Geschäftshäusern in besten Innenstadtlage ist seit Jahresbeginn auch deshalb stark angestiegen, weil sie größtenteils aus der Insolvenzmasse großer Immobilienplayer wie der Signa oder Centrum stammen. Der Anteil von Notverkäufen am Transaktionsvolumen ist allein in den letzten drei Monaten im Einzelhandelssegment von 22 Prozent auf über die Hälfte gestiegen.“
Fachmarktsegment weiter im Fokus der Anleger
Das Fachmarktsegment folgt mit 35 Prozent auf Platz 2 der umsatzstärksten Betriebstypen, wovon 75 Prozent einen Lebensmittelanker besitzen. Auf Fachmärkten und Fachmarktzentren liegt weiterhin eines der Hauptaugenmerke des derzeitigen Anlegerinteresses. In den zurückliegenden sechs Monaten konnten sie 64 Prozent aller registrierten Transaktionen auf sich vereinen. Knapp zwei Drittel davon sind Nahversorgerimmobilien. Darunter befindet sich unter anderem die Sale-and-Lease-Back-Transaktion des Chase-Portfolios mit zehn Edeka-Supermärkten, die für rund 61 Millionen mit dem Greenman-Open-Fonds geschlossen wurde.
Eigennutzer und Privatinvestoren häufigste Kapitalgeber
Privatinvestoren und Eigennutzer spielen derzeit als Käufergruppe neben Vermögensverwaltern die größte Rolle. So waren Family Offices und Privatanleger bei einem Viertel, Asset- und Fondsmanager bei rund 19 Prozent und Eigennutzer bei gut 14 Prozent aller Abschlüsse involviert. Diese eigenkapitalstarken Anlegergruppen sind entschlossen, die günstigen Einstiegsopportunitäten und den geringen Bieterwettbewerb für sich zu nutzen. Dabei ist deren Bereitschaft, dem Verkäufer bei den Preisverhandlungen entgegenzukommen, derzeit höher als sonst am Markt zu beobachten. Voraussetzung ist allerdings, dass es sich um Core-Produkte handelt. Markttypische Renditen lassen sich daher für den Highstreet-Bereich nicht belastbar herleiten, dasselbe gilt für die oben erwähnten Insolvenzverkäufe.
Bei den Fachmarktrenditen besteht seit Jahresbeginn wieder mehr Evidenz, insbesondere im lebensmittelgeankerten Segment. Aktuell liegen Spitzenrenditen für Lebensmittelfachmärkte und kleine Nahversorgungszentren unverändert bei 5,40 Prozent (brutto). Fachmarktzentren mit Lebensmittelanker notieren um die 5,70 Prozent. Ausgehend von diesen Spitzenwerten steigen die Renditeanforderungen deutlich mit zunehmender Objektgröße und abnehmendem Lebensmittelanteil.
Ausblick: Weitere Marktbelebung im Lebensmittelfachmarktsegment erwartet
Buhlemann: „Der Investmentmarkt für Lebensmittelfachmärkte entwickelt sich weiter positiv und erfreut sich stetiger Kapitalzuflüsse, sowohl im Core- als auch im Value-Add Segment. Hier sind bereits jetzt Bieterwettbewerbssituationen zu beobachten, die leichte Renditekompressionen erwarten lassen. Aktuell prüfen einige Bestandshalter den Verkauf großvolumiger innerstädtischer Shoppingcenter und Hybrid-Malls, die im 2. Halbjahr dieses Jahres sowie im Jahr 2025 das Angebot im Einzelhandelssegment vom Volumen her stark dominieren könnten. Zudem beobachten wir derzeit lebhafte Marktsondierungen, sowohl auf Verkäufer- wie auch Käuferseite, so dass wir von einer weiteren Marktbelebung in den nächsten Monaten ausgehen.“